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In 1 Brett – 2 Meinungen wird ein Thema von zwei Bloggern von unterschiedlichen Seiten beleuchtet – Pro und Contra. Die vertretene muss jedoch nicht unbedingt die präferierte Position sein. So dient der Diskurs auch dazu, die andere Seite besser zu verstehen und deren Argumentation nachzuvollziehen. Ihr könnt eure Meinung zu dem jeweiligen Thema gerne in den Kommentaren kundtun. Und natürlich dürft ihr den Artikel gerne in die ganze Welt rausschicken, denn es gilt: Dare to share, dann liest‘s auch wer….
Schneller, höher, weiter – Ersteindruck oder Deep Thought?
Die klassische Rezension ist immer noch omnipräsent und trotzdem setzen sich Ersteindrücke immer mehr durch. Kein Wunder, passen sich die Blogger doch der Zeit von Social Media an.
Doch wie ist das eigentlich, wenn man nur einen ersten Eindruck hat und sich in Wirklichkeit vielleicht unentdeckte Ebenen in einem Spiel „verstecken“? Hat man dann nicht vorschnell agiert? Aber andererseits, wer will schon langatmige Erklärungen lesen? Was ist also besser? Ersteindruck oder umfassende Rezension?
Zwei Meinungen und Sichtweisen findet ihr in der aktuellen Ausgabe von 1 Brett – 2 Meinungen.
Der erste Eindruck zählt!
von Dirk
Was im Leben gilt, sollte auch bei Spielen gelten. Was beim ersten Eindruck nicht überzeugt oder zumindest neugierig macht, kann nicht gut sein. Also kann man das doch auch gleich mitteilen. Außerdem will doch ohnehin kein Mensch lange Erläuterungen zum Spielablauf lesen. Kurz erzählen wie es funktioniert und dann geht es noch kurz ums Spielgefühl.
Wer hat denn schon Lust ellenlange Texte zu lesen oder stundenlange Videos zu schauen, in denen im Endeffekt Regelhefte abgeschrieben oder vorgelesen werden und sich an den kleinsten Kleinigkeiten abgearbeitet wird? Am Ende muss man es ja ohnehin noch mal selbst durchlesen. Außerdem werden Texte und Videos heutzutage überwiegend auf mobilen Endgeräten konsumiert.
Kein Mensch setzt sich abends noch mal an den PC im Arbeitszimmer, um die Blogartikel des Tages durchzuarbeiten. Das macht man einfach über die Social Media Kanäle auf dem Smartphone in der Bahn. Und auch Videos kann man nun dank großvolumiger Flatrates und breitbandiger Mobilfunknetze unterwegs konsumieren. Und da will man dann eben lieber effizient sein und in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Informationen erhalten. Also machen kurze knackige Texte und flotte Videos über Ersteindrücke absolut Sinn. So kann man erfahren, wie es dem Lieblingsblogger gefallen hat und was er vom Spiel hält. Und die gesparte Zeit nutzt man dann, um sich eine weitere Meinung einzuholen. Und wenn mehrere Ersteindrücke gut sind, hat das Spiel anscheinend mehrere auf Anhieb überzeugt.
Denn auch beim Ersteindruck gilt genau wie bei der ausführlichen Rezension: Nur wenn ich mehrere Meinungen lese, kann ich mir am Ende sicher sein, ob mir das Spiel vielleicht ebenfalls gefällt. Und das geht mit Ersteindrücken mindestens genauso schnell und genauso gut. Und dabei wird man vielleicht sogar noch gut unterhalten.
Mach mal langsam…
von Jerry
Ich gestehe: ich war auf Speed. Viel zu lang. Das Blog will gefüttert sein; wer hat da schon Zeit, ein Spiel x-mal auf den Tisch zu tun, bevor man einen Bericht raushaut. Man ist schließlich Profi: 30 Jahre Spieleerfahrung, da macht uns keiner was vor. Schnelle Erstpartie und man weiß, wie der Hase läuft. Ein paar Fotos, dazu ‘n launigen Text und fertig ist die Klickmaschine. Oder so. Nur, dass das eben nicht funktioniert. Und zwar egal ob der Ersteindruck grandios war oder auf Graupensuppe hinweist.
Ich hätte es wissen müssen. Schon lange. Denn mehrere meiner absoluten Lieblingsspiele waren in ihrer Erstpartie ein Desaster. Besonders gut erinnere ich mich an die erste Partie Terra Mystica, in der ich nach komplett vergeigtem Start mit den Hexen eine Mangelwirtschaft im gefühlt einstelligen Punktebereich zusammenstümperte. Bar jeder Selbstkritik beschimpfte ich den Besitzer und hätte die Box danach am liebsten in einer Tonne mit öligen Lumpen verbrannt. Nur der Beharrlichkeit des Spielekollegen war es zu verdanken, dass das Spiel noch eine zweite und dritte Chance bekam und so – Überraschung – von einer hässlichen Raupe zu einem wunderbaren Schmetterling mutierte. Hansa Teutonica, Kingsburg, Tichu, und und und: Die Liste der miesen Ersteindrücke grandioser Spiele ist erschütternd lang.
Und genauso bedrückend ist es andersrum: Spiele, die im ersten Schuss einfach toll liefen und sogleich vor der Welt als der nächste heiße Scheiß über den grünen Klee gelobt wurden, nur um wenige Partien später auf Nimmerwiedersehen in der Staubetage des Regals zu verschwinden.
Es ist einfach so: Spielspaß und vor allem –tiefe sind nicht offensichtlich. Es spielen zu viele Faktoren mit rein, die man im Falle komplexer Spiele unmöglich in 1–2 Versuchen auffassen kann. Und genauso wichtig sind die Mitspieler, denn viele Spiele erfordern einfach die richtigen Leute. Und natürlich macht es schon einen Unterschied, ob man fit und ausgeruht oder nach langem Tag genervt und kaputt ist.
Ich gelobe: ab jetzt nur noch Slow Food. Schnellschüsse sind unseriös, wenn man die Rolle eines Rezensenten ernst nimmt. Aber noch unkluger sind sie aus der Sicht eines Spielers. Voreiligkeit beraubt uns einer der schönsten Erfahrungen unseres Hobbys: dem großen Aha-Effekt, wenn man erkennt, wie tiefgründig ein Spiel ist. Bei manchen Spielen kommen diese Effekte nach Partie 2 oder 3. Und bei den wirklichen Perlen kommen sie nach Partie 2 und 3. Und nach Partie 8. Und nach Partie 15. Race for the Galaxy ist so ein Titel der einen auch nach Monaten noch überrascht. Oder das famose Terraforming Mars, bei dem ich schon die wildesten Verläufe gesehen habe. Sieg fast ohne Wälder, nur mit Insekten, Hunden und Vögeln? Geht! Man muss es nur darauf anlegen.
Darum: Ja zu mehr Sorgfalt und dem zweiten Blick. Nein zu schnellem Hype oder wohlfeilem Verriss.
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Wie ist eure Meinung? Braucht es lange und ausführliche Rezensionen, in denen der Rezensent die Erfahrung vieler Partien weitergibt? Oder reicht euch der schnelle Ersteindruck nach ein oder zwei Partien? Wir freuen uns auf eure Meinungen in den Kommentaren…
Und im Rahmen der ersten Ausgabe gibt es direkt auch was zu gewinnen! Das Spiel Tokyo Highway aus dem Verlag itten (freundlicherweise von Asmodee Deutschland zur Verfügung gestellt) wird unter allen verlost, die unter dem Artikel kommentieren. Solltet ihr explizit nicht teilnehmen wollen, schreibt dies bitte in den Kommentar. Beachtet die Teilnahmebedingungen unten. Die Auslosung findet am 1.7.2019 statt.
Teilnahmebedingungen:
Die Auslosung findet am 01.07.2019 statt. Damit ist am 30. Juni 2019 23:59 Teilnahmeschluss. Alle danach eingehenden Antworten und Kommentare werden nicht mehr berücksichtigt. Mehrfachkommentare werden nicht berücksichtigt und erhöhen nicht die Chance auf einen Gewinn. Teilnehmen darf jede Person, die mindestens 18 Jahre alt ist und einen Wohnsitz in Deutschland hat. Der Gewinn ist weder übertragbar, noch kann der Gewinn getauscht oder in bar ausgezahlt werden. Der Gewinn wird dem Gewinner per Post an die übermittelte Anschrift gesendet. Ein Versand erfolgt nur innerhalb von Deutschland. Mit Übergabe des Gewinns an eine Transportperson geht die Gefahr auf den Gewinner über. Für Lieferschäden wird nicht gehaftet. Geht von einem Gewinner innerhalb der in der E-Mail angegebenen Frist keine E-Mail ein, erlischt der Gewinnanspruch. In diesem Fall erfolgt eine Ersatzauslosung. Der Gewinner ist damit einverstanden, dass sein Name in Artikeln und anderen Medien veröffentlicht werden darf. Im Übrigen gilt die Datenschutzerklärung entsprechend, die unter www.wuerfelmagier.de/datenschutz abrufbar ist. Ich behalte mir das Recht vor, das Gewinnspiel jederzeit, auch ohne Einhaltung von Fristen, ganz oder teilweise vorzeitig zu beenden oder in seinem Verlauf abzuändern, wenn es aus technischen (z.B. Computervirus, Manipulation von oder Fehler in Software/Hardware) oder rechtlichen Gründen (z.B. Untersagung durch Dritte) nicht möglich ist, eine ordnungsgemäße Durchführung des Gewinnspiels zu garantieren. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Über das Stadium auf jeden Hype anzuspringen bin ich hinaus.
Für mich gibt es nicht den einen, richtigen Weg.
Wenn mich ein Spiel interessiert, dann schaue/lese ich Ersteindrücke, ausführliche Rezensionen sowohl schriftlich als auch in Videoformat von unterschiedlichen Personen.
Mit der Zeit weiß man dann, wo die Geschmäcker der Rezensenten/innen liegen.
Das kostet zwar Zeit aber wenn man sich die Preise von Brettspielen anschaut, dann es es für mich keine verschwendete Zeit.
Hilfreich finde ich auch Beispielrunden und in manchen Fällen finde schaue ich mir auch ein let’s play an.
Allerdings brauche ich keine Regelerklärung im Rahmen einer Rezension.
Bei Regelfragen gehe ich entweder zu BGG oder schaue mir Videos z.B. von Paul Grogan an.
Bevor ich es vergesse, ich finde dieses Format gelungen. Ich hätte auch geantwortet, wenn es keinen Preis geben würde.
Ohja, endlich jemand der auch mal auf die Bremse tritt. Man kann es nicht mehr hören “…, ich werde es aber noch ein 2. oder 3. mal spielen und euch davon berichten…” Umgekehrt bitte, ansehnliche Anzahl Partien, und dann berichten. Ansonsten reicht auch der Promotext des Verlags.
Aber: auch ich rolle unbewusst ein wenig mit ein Augen wenn ein (bspw.) “Blood Rage – so gut ist es wirklich!” durch die Timeline rollt, also mit einem Spieletitel bei dem man erstmal kurz überlegen muss was das eigentlich war…
Ein Mittelweg waere schön. Man muss nicht den Ausdruck eines Spielecover-Motivs (weil die Schachtel noch lange nicht gedruckt ist) in die Kamera halten damit man ja vor Ankunft des Hype-trains schon etwas in die Suchmaschinen geworfen hat – man muss aber auch nicht Spiele diskutieren die allgemein schon als abgehakt gelten. Meine Meinung 🙂
Einen ellenlangen Artikel brauche ich nicht. Mir reicht es, wenn die Mechanik in knappen Worten mit Pro und Cons beschrieben wird. Allerdings sollten letztere aus einer Vielzahl von Partien ermittelt werden. Bspw. fand ich TTT zunächst es gut und war vom Material und Thema geblendet. Nach ein paar Partien war mir persönlich das Spiel zu repetitiv und das Material zu kleinteilig. Zudem zog es sich oftmals unnötig in die Länge, weil Grübler anwesend waren. Für eine solche Meinung bedarf es meiner Meinung nach aber einige Partien… Die ersten Partien lässt man sich oftmals zu sehr blenden…
Eine Regelanleitung brauche ich auch nicht unbedingt – aber ein Fazit aus einigen Partien schon. Würde mich über knackige, fundierte Reviews freuen, welche das Spiel auch gern in Bezug zu anderen Spielen stellt.
Ich mag ehrlich gesagt beides. Gerade bei ganz neuen Spielen finde ich einen Ersteindruck spannend, vor allem, wenn dann noch das Spielmaterial gezeigt wird. Aber ich freue mich auch, wenn das Spiel dann nach einigen Partien noch einmal “besucht” wird. Auch wenn hier einige schon geschrieben haben, dass sie es nicht mehr hören können.
Das kann dann übrigens in beide Richtungen gehen, denn der Ersteindruck ist für mich doch oft ein eher optischer und vielleicht noch “verständlicher” denn ein spieltechnischer. Also im Ersteindruck: Wie wirkt das Material, wie verständlich sind die Regeln aufgebaut, was haben evtl. erste Mitspielerinnen und Mitspieler gesagt. Regelerklärungen muss ich nicht haben, aber vielleicht grob das Konzept. Und in der tiefen Rezension kann man das dann möglicherweise auch revidieren, so kann ein superhübsches Spiel halt total öde sein nach Partie 5, oder ein Spiel mit schlechtem Material und unverständlichen Regeln sich als der Oberknaller herausstellen, wenn man sich einmal durchgekämpft hat. Dann kann man anderen ja mitteilen, dass sich das Durchkämpfen tatsächlich lohnt.
Regelerklärungen brauche ich übrigens eigentlich NIE in Rezensionen. Dafür gucke ich dann extra Regelerklärvideos. 😉
Ich mag kurze Einblicke um einen Ersteindruck zu bekommen, wie sonst soll man auch sonst seine Kaufliste für Essen vorsortieren ;-).
Wenn mich ein Spiel aber dann wirklich interessiert bin ich auch eher ein Freund von ausführlichen Rezensionen am besten basiert auf vielen Spielen.
Vielen Dank für diesen interessanten Artikel!
Ich finde, dass sowohl kurze Ersteindrücke als auch ausführliche Rezensionen ihre Daseinsberechtigung haben. Ich lese beides, um mir ein Bild zu machen. Regelerklärungen brauche ich dabei nicht und überscrolle sie. Mir reicht ein Überblick über die Mechanik und das Material. Übrigens lese ich das Ganze viel lieber als ein Video zu gucken, weil ich den Input dann in meinem Tempo bekomme. Videos sind mir meistens zu langatmig.
Ja!
Ich möchte beides! ?
Ich hatte schon Fehlkäufe aufgrund von hastigen ersteindrücken.
Da bin ich froh, wenn erst eine Meinung abgegeben wird, bachdem das spiel oft gespielt wurde. Mehrere Partien in unterschiedlicher Besetzung.
Der Text bzw Video sollte dann aber trotzdem kurz und knackig sein.
Regel Videos sollten immer von Recensionen getrennt weden. Diese bedienen zwei unterschiedliche Bedürfnisse.
Beide Sichtweisen sind richtig und wichtig.
Ein Spiel muss von Anfang an überzeugen können. Ansonsten bringe ich es bei meinen Spielerunden nicht auf den Tisch. Damit ist es für mich spanned zu wissen wie das Spielgefühl während und nach der ersten Partie und damit die Beantwortung der Frage “Macht es Lust auf mehr”. Solange dieser Ersteindruck auch als solcher erkennbar ist bin ich dafür sehr dankbar.
Trotzdem sollte ein Spiel nicht gleich nach 5 Partien seinen Reiz verlieren. Dafür ist dann eine ausführliche Rezensiom wichtig. Auch Regenerklärungen finde ich gut, wenn sie schon einige Tipps aus den gespielten Partien mitliefen.
Also meistens reicht mir eine schnelle Rezi die ich auch unterwegs lese oder wenn ich mal 2 min Zeit habe. Falls mich das Spiel dann mehr interessiert kann ich mir immer noch andere Quellen suchen. Aber dafür dürfen die Großen Rezis nicht verschwinden 🙂
Hi Dennis, du hast das Spiel gewonnen. Herzlichen Glückwunsch. Du bekommst gleich noch mal Post von mir…
Ich bin komplett bei Jerry. Tempo rausnehmen. Die Spiele sacken lassen und lieber ne Woche später und mit zwei Partien mehr auf dem Kerbholz besprechen. Gerade im Vergleich zu Videospielen altern Brettspiele nicht so schnell. Ersteindrücke von Messen und Presse-Terminen find ich völlig in Ordnung, aber als “normales” Format in Blogs finde ich sie unnötig bis überflüssig.
(ich nehme nicht teil am Gewinnspiel)
Ich lese/sehe beide Formate gerne. Ich möchte ja auch über Neuerscheinungen informiert werden und dafür wäre der Aufwand einer ausführlichen Rezension einfach zu hoch. Allerdings sollte immer direkt ersichtlich sein, was mich erwartet. Wenn klar ist, dass die Rezension nur auf 1-2 Spielen basiert, hat diese dann auch nicht so viel Gewicht bei meinem eigenen Urteil.
Ich finde ein gutes Spieleblogdarf ruhig einen Ersteindruck bringen und später gerne in die Tiefe gehen und eine schöne Rezension veröffentlichen. Außerdem liest eben nicht jeder nur zwischendurch in der Bahn. Ich verbringe gerne auch mal einen Abend am Laptop auf der Suche nach einem schönen neuen Spiel und gerade wenn man Kinder hat ist es wichtig, detailliert nach lesen zu können, wie ein Spiel funktioniert, um zu entscheiden, ob diese mit einem Spiel auch schon etwas anfangen können oder nicht.
Ersteindrücke bitte nur dann wenn die Spiele mit anderen verglichen werden und wenn der Berichterstatter klar macht welche Art Spiele er selber mag, dann kann man das Ganze besser einschätzen.
Rezension gibt es wie Sand am Meer. Allerdings nur ganz selten ausführliche die sich auch mit Strategien beschäftigen (ich bin hier im Kenner- Expertenspielbereich).
Bis Heute gibt es nur einen einzigen Beitrag im deutschsprachigen Blogger-/YouTuber Segment, der sich wirklich ausführlich mit einem Spiel beschäftigt hat und das war der Beitrag von Solo Manolo zu Gaia Project.
Oh ja, das war sehr grandios und kaum zu toppen…