Es gibt Spiele, aus denen trieft das Thema. Oftmals sind das Miniaturenspiele mit viel thematischem Überbau und opulenter Ausstattung. Ravensburger ist dafür eher nicht bekannt. Ganz anders bei Jaws. Hier hat Ravensburger ein echtes Themenfest abgeliefert – gerade wenn man sich vor dem Spiel den zugehörigen Film angesehen hat.
Wie Jaws gespielt wird
Jaws ist ein „One against many“-Spiel. Ein(e) SpielerIn ist der Hai, drei andere spielen die anderen drei Hauptcharaktere aus dem Film. Das Spiel ist analog zum Film in zwei Hälften geteilt, die sich auch komplett unterschiedlich spielen.
Im ersten Teil wollen die drei Hauptcharaktere den Hai lokalisieren und von der Küste vertreiben. Dazu wird ein Prinzip genutzt, das vergleichbar zu Spielen wie Scotland Yard ist. Der Hai notiert, wo er das Spiel beginnt. Anschließend kann er seine drei Aktionspunkte für Bewegung (1 Punkt je Feld) oder für Attacken auf Schwimmer (1 Punkt je Schwimmer) ausgegeben. Anschließend notiert der Hai den Endpunkt seiner Bewegung, wo er unterwegs ggf. Schwimmer angegriffen hat und ob er einen seiner Sonderfähigkeitsmarker genutzt hat. Letztere ermöglichen besondere Aktionen wie besonders schnelles Bewegen. Anschließend versuchen die drei menschlichen Charaktere den Hai zu finden. Dazu können sie ein Sonargerät zum Einsatz bringen, Bojen mit Bewegungssensoren ausbringen oder Strände schließen, um die Schwimmer zu schützen. Jeden angegriffenen Schwimmer trägt der Hai dann auf seinem Spielertableau ab. Der erste Teil endet dann, wenn der Hai den neunten Schwimmer angegriffen hat oder die drei anderen Charaktere es schaffen zwei Bojen am Hai zu befestigen.
Das Ergebnis des ersten Teils gibt dann vor, wie Hai und Crew nun in den zweiten Teil starten. Je mehr Schwimmer angegriffen wurden, desto mehr Sonderkarten erhält der Hai und desto weniger Ausrüstungsgegenstände hat die Crew und dementsprechend natürlich umgekehrt. Der Spielmechanismus ist hier ein komplett anderer. Wir befinden uns – analog zum Film – auf dem Boot und jagen den Hai auf hoher See. Letzterer versucht das Boot zu zerstören und so zu überleben (a.k.a. gewinnen). Werden die Charaktere angegriffen, erleiden sie Wunden und können auch aus dem Spiel ausscheiden. Der Hai dementsprechend ebenso.
Am Ende siegt die Partei, die entweder den Hai besiegt oder eben Boot bzw. die Crew zerstört.
Was mir an Jaws gefällt
Es gibt wenige Spiele, die so simpel daherkommen und dabei so viel Thema transportieren. Das tut Jaws aber in erstklassiger Art und Weise. Das Spiel ist sehr einfach und hat man die ersten Spielzüge getätigt, läuft es eigentlich von selbst. Gerade im ersten Teil ist man dann so schnell drin, dass man auch sehr schnell im Thema versinkt und versucht aus dem Verhalten des Tieres Rückschlüsse auf seinen Standort zu ziehen. Erfahrene Spieler haben es hier sicherlich leichter, aber dennoch ist es erst mal ein ganzes Stück Arbeit, den Hai mit den zur Verfügung stehenden Mitteln einzukreisen und da nur einer der Charaktere die Fässer ausbringen kann, die den ersten Teil beenden, dauert es auch eigentlich immer einige Runden, bis der erste Teil beendet ist.
Der zweite Teil läuft nicht ganz so fluffig wie der erste, da man hier durch die Ausrüstung doch einige Optionen mehr hat und genau schauen muss, welche Gegenstände man wann einsetzt. Dennoch gilt auch hier, dass nach ein paar Spielzügen alles wie von selbst läuft.
Optisch lehnt sich das Spiel an die Optik des Films an und greift sehr viele Elemente des Films auch auf dem Spielbrett oder den Karten auf. Mir hat besonders gefallen, dass hier noch mal eigens Illustrationen angefertigt wurden, da dies im Kontext eines Brettspiels wesentlich stimmiger wirkt, als einfach nur Bilder aus dem Film zu verwenden. Insgesamt muss man die Verantwortlichen mal loben für diese Detailverliebtheit, die hier dem Ursprungswerk entgegengebracht wird. (unverblümte Eigenwerbung: In unserem Podcast Die drei Amigos haben wir uns darauf geeinigt, dass Der weiße Hai wohl Spielbergs beste Arbeit war. Mehr Details zum Podcast hier…).
Die Materialqualität ist klasse und die Kompaktheit des Spiels erfreut auch Menschen ohne großen Brettspieltisch. Das Spiel ist so kompakt, dass man Jaws fast als Coffee Table Game bezeichnen könnte.
Was mir an Jaws nicht gefallen hat
Ehrlich gesagt, gibt es hier nur wenige Punkte. Klar ist das Spiel nicht immer „fair“ in allen Situationen und je nach gezogener Ausrüstung kann es für die Crew auf dem Boot mal besser und mal schlechter laufen. Und auch, wenn es natürlich thematisch ist, dass man weniger Ausrüstung hat, wenn man ewig braucht, um den Hai im ersten Teil einzukreisen, ist das einer der Punkte, die es dann in der einen oder anderen Situation stark in eine Richtung lenken. Denn hat die Crew im ersten Teil lange für die Einkreisung gebraucht, werden sie auch im zweiten Teil schlechte Karten haben.
Die Spielerzahl wird mit 2-4 angegeben, wobei ich es tatsächlich zu viert am besten fand. Das Spielen mehrerer Charaktere finde ich immer nicht so toll. Und gerade zu dritt muss man sich dann auch noch drauf einigen, wer zwei Charaktere lenkt. Zu viert war das Spielgefühl am besten und es hat auch viel Spaß gemacht sich abzusprechen. Vielleicht sollte man die drei Hauptcharaktere auch eher als Gruppe steuern und sich gar nicht so sehr auf einen bestimmten Charakter beschränken. In unseren Partien war es zumindest so, dass wir ohnehin immer diskutiert und uns abgesprochen haben.
Natürlich könnte man nun noch lange darüber diskutieren, inwiefern es okay ist, eine solche Jagd auf ein Tier nachzuspielen und ob man ein Tier wie den weißen Hai derart dämonisieren sollte. Diese Diskussion möchte ich mir hier jedoch sparen, sie wurde im Kontext des Films meines Erachtens schon oft genug geführt. In einer Szene in der Krieg und Konflikt so häufig die Basis für Spiele stellen, könnte man diese und ähnliche Diskussionen sonst in nahezu jeder zweiten Rezension führen.
Fazit zu Jaws
Jaws hat mich überrascht. Nicht nur, weil es von Ravensburger ist, sondern auch, weil ich dem Spiel nicht viel zugetraut habe. Aber es macht Spaß und ist durch das Prinzip mit den verdeckten Zügen und seiner Zweigeteiltheit sehr thematisch. Insgesamt ein tolles SPiel und ich freue mich schon auf das nächste Spiel in der Popkulturreihe, das wir dann Zurück in die Zukunft sein, in dem man kooperativ gegen Biff agieren muss.
Jaws erscheint bei Ravensburger auf deutsch unter dem Titel Der weiße Hai im ersten Halbjahr 2020.
Uwe Rosenberg macht ein Spiel mit dem Patchwork Mechanismus. Ich hätte uninteressierter nicht sein können. Zu oft wurde ich 2019 schon mit aufgewärmten Mechanismen konfrontiert, die ein Autor nutzt, um das Spielprinzip marginal zu verändern und dadurch ein angeblich „neues Spielgefühl“ zu erschaffen. So hatte ich von Nova Luna gelesen und es dann zunächst auch wieder vergessen. Auf dem Pegasus Spiele Pressetag hatte ich dann die Verlegenheit Gelegenheit es zu spielen und es hat mich überrascht…
Wie Nova Luna gespielt wird
Zu meiner Ehrenrettung muss ich allerdings sagen, dass ich auch erst auf dem Pressetag erfahren habe, dass Uwe Rosenberg den Habitat-Mechanismus von Corné von Morsel in das Spiel mit hineinkombiniert hat. Ein Fakt, der von wichtiger Bedeutung ist. Denn hier wird nicht nur gepuzzelt, sondern auch kombiniert und (abstrakte) Aufgaben erledigt.
Ein großer Sichelmond markiert auf der in einer Kreisbahn ausgelegten Plättchenbahn den Startpunkt. Von diesem ausgehend kann man eines der drei im Uhrzeigersinn am nächsten zur Sichel liegenden Plättchen auswählen. Sind die Plättchen bis auf 1 oder 2 zwei aufgebracht, kann man aus dem Vorrat auffüllen und auf bessere Auswahl hoffen. Die so ausgewählten Plättchen legt man dann in seine Auslage vor sich. Für das Legen an sich gibt es auch keine Regeln und auch das Kombinieren wird den Spielern selbst überlassen. Ist man in der Zugreihenfolge hinten, ist man weiter an der Reihe mit dem Auswählen und Legen, zumindest so lange bis man eben nicht mehr Letzte/r ist.
Die Plättchen zeigen dabei mehrerlei Dinge. In der Mitte eine Art „Perle“, die die Farbe des Plättchens markiert. Dazu bis zu vier Kreise mit einer oder mehreren kleinen Perlen. Wozu diese ganzen kleinen Perlen nun? Durch das orthogonale Anlegen der Plättchen im eigenen Spielbereich versucht man die Farbe der Plättchen so zu kombinieren, dass man die aufgedruckte Aufgabe(n) erfüllt. Zeigt der kleine Kreis bspw. eine blaue Perle, reicht es ein einziges blaues Plättchen daran anzulegen, um die Aufgabe zu erfüllen. Zeigt er zwei blaue Perlen, benötigt es schon zwei blaue Teile. Der Kniff dabei ist, dass gleichfarbige Teile auch als angrenzend gelten, solange sie eine durchgehende farbige Kette bilden. Hat man eine Aufgabe erfüllt, legt man einen der kleinen Marker darauf ab. Hat man alle Marker als erster abgelegt, gewinnt man. Und mehr ist es eigentlich nicht.
Was mir an Nova Luna gefällt
Ich mag das Spiel. Ich mag seine Einfachheit und ich mag seine Abstraktheit. Ja, irgendwas mit Mond steht auf der Schachtel, aber eigentlich ist es komplett abstrakt. Und das ist auch gut so. Warum muss man ein Thema auf so ein elegantes Spiel setzen? Abstrakt darf sein, was abstrakt ist. Und so führt meines Erachtens auch das Festhalten an der Abstraktheit dazu, dass das Spiel so einfach ist. Kein Geschwurbel in der Anleitung wegen eines aufgesetzten Themas, nein, einfach straight forward.
Besonders interessant finde ich, wie sich die Spielweise nach mehreren Partien verändert. Idealerweise sollte sich die Spielweise nach mehreren Partien natürlich stets zum Besseren verändern, bei manchen Spielen offenbart sich aber auch nach zwei, drei Partien noch mal eine andere Ebene. Gerade was die Interaktion angeht, bietet Nova Luna mehr, als man zunächst vermutet. Wann ich die Plättchen auffülle, wie weit oder kurz ich auf Plättchen zugreife, all das beeinflusst, welche Auswahl der Gegner hat. Und diesen im Blick zu haben, macht ja gerade bei einem Wettrennen durchaus Sinn. Zudem muss man immer im Blick behalten, welche Farben schon ausgelegt wurden, denn das bedingt ja, wie viele davon noch nachkommen können.
Nova Luna war für mich eine der Überraschungen des Jahres, denn ich habe (fast) nichts erwartet und am Ende dann so viel mehr bekommen.
Materialseitig hat mir die Qualität der Plättchen gut gefallen und auch die grafische Gestaltung geht für mich in Ordnung, da ich ja bei Nova Luna kein hochthematisches Spiel, sondern ein abstraktes Spiel erwarte.
Ach ja, den Uwe-Rosenberg-typische Solo-Modus habe ich bisher noch nicht ausprobiert, er klingt aber vernünftig, wenn auch nicht umwerfend.
Was mir an Nova Luna nicht gefallen hat
Ein Spiel, das in erster Linie davon lebt, dass man Plättchen nimmt, kann in manchen Situationen manchmal frustig sein. Nämlich immer dann, wenn eine Übermacht an Plättchen der falschen Farbe gezogen werden. Wenn dann die Gegner mir die einzigen halbwegs passenden Plättchen wegnehmen, dann kommt man mit seinen Aufgaben nicht so recht voran. Da muss man dann eben die Gunst der Stunde ergreifen und taktisch auf andere Farben ausweichen, häufig steht und fällt damit aber der Sieg.
In Bezug auf das Material fand ich die kleinen Aufgabenmarker für meine großen Finger etwas fummelig. Diese hätten eine Nummer größer ausfallen können, dann würden sie auch die Aufgaben komplett abdecken. Gerade aber beim Rundenzähler hätten sie deutlich größer sein müssen, denn das ist mir gerade beim Aufeinandersetzen der Scheiben viel zu fummelig.
Fazit zu Nova Luna
Das sind doch die besten Situationen im Leben: Nichts erwartet, viel bekommen. Dazu noch von den Regeln her einfach gehalten und nicht unnötig viel Geschwurbel wegen des Themas veranstalten. Der eingängige Puzzle- und Kombinationsmechanismus wusste in mehreren Runden zu überzeugen und so werde ich das Spiel gerne öfter auf den Tisch packen – gerade im Familienkontext.
2019 ist nach dem Luther-Jahr 2018 das nächste Jubiläumsjahr einer geschichtlich wichtigen Person. Dabei ist Humboldt in der breiten Bevölkerung deutlich unbekannter als Luther. Dennoch haben sich R&R Games und Huch dazu entschieden, ihn zum Zentrum ihres Spiels zu erheben. Nur ein Marketinggag? Möglich. Erst mal reinschauen.
Wie Humboldt‘s Great Voyage gespielt wird
Humboldt‘s Great Voyage leiht sich einen interessanten und altbekannten Mechanismus aus – den Mancala Mechanismus. Dieser stammt aus einem alten Spiel, das vor allem in Asien und Afrika verbreitet ist und bei dem Spielsteine, die in Mulden liegen umverteilt werden. In der Regel sind Mancala-Spiele 2-Personen-Spiele, es gibt aber auch andere Varianten für mehr Spieler. Mehr Details auf Wikipedia.
Was hat Humboldt‘s Great Voyage nun daraus gemacht? Ganz einfach: Ein einfaches Familienspiel mit aufgesetztem Thema. Im Spielzug zieht man eine farbige Holzscheibe aus dem Zugbeutel. Die Farbe gibt vor, von welchem Ort man starten kann. An jedem Ort liegen dazu einige weitere bunte Scheiben. Passt einem der Startort nicht, kann man erneut ziehen und auf eine andere Farbe hoffen (zieht man die gleiche Farbe noch mal, zieht man weiter). Dann nimmt man die Scheiben vom Startort auf und legt dann eine Route entlang der vorgegebenen Pfeile. Dabei möchte man Scheiben immer farbig passend auf die Orte platzieren, denn dann gibt es wertvolle Gegenstände, die man ruhmbringend in die Heimat sendet. Die so erhaltenen Plättchen packt man auf die Schiffskarten, die man von Beginn an vor sich liegen hat. Ist eine Karte voll, fährt das Schiff ab und bringt Punkte. Die Personenplättchen erhält man immer im Zug der Gegner – zumindest bereitet man deren Erhalt vor. Denn bevor Mitspieler ihre Route nutzen, darf man von einem der gewählten Orte eine Scheibe herunternehmen und auf eine der unteren Plätze der Schiffskarten legen. Bei der Wertung dieser erhält man so ggf. Personenplättchen derer man einige als Set sammeln möchte – das bringt nämlich Punkte.
Sind alle Scheiben aus dem Beutel gezogen, endet das Spiel. Und eigentlich gibt es dann nur noch die Personensets zu werten (jeweils vier unterschiedliche bilden ein Set) und die restlichen Waren abzurechnen.
Was mir an Humboldt‘s Great Voyage gefällt
Humboldt‘s Great Voyage ist eines der Spiele, deren Erklärung genauso lange dauert wie der Aufbau des Spiels selbst. Das ist gut und fördert den Spielspaß vor allem bei Gelegenheitsspielern, denn die haben nie Lust auf lange Regelerklärungen.
Mir hat der Mancala-Mechanismus der in dem Spiel zum Einsatz kommt wirklich gut gefallen und es spielt sich wirklich sehr locker und leicht daher.
Grafik und Material sind auch ansprechend und auf hohem Niveau.
Was mir an Humboldt‘s Great Voyage nicht gefällt
Meine anfängliche Vorfreude auf das Spiel, von dem ich Kennerspielniveau erwartete verflog recht schnell, als ich merkte, dass es ein sehr simples Spiel ist. Klar muss man ein wenig nachdenken, welche Routen interessant sein könnten und auch aufpassen. Was schon an Scheiben gezogen wurde. Aber insgesamt plätschert das Ganze doch recht belanglos dahin. Ich hatte auch zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass wir Humboldt sind und große Entdeckungen machten. Nein, ich hatte stets das Gefühl, dass ich Scheiben auf einem bunten Spielplan umherschiebe, um Warenplättchen und Personenplättchen zu erhalten, die mir dann Punkte bringen. Komplett unthematisch das Ganze.
Dazu kommt, dass der Glücksfaktor natürlich extrem hoch ist und ich kaum beeinflussen kann, was im nächsten Zug geschieht. Denn ich kann ja eigentlich nur überwiegend reagieren. Das fühlt sich damit etwas beliebig an. Gerade beim Ziehen der Scheiben kann es zu Nullrunden kommen, wenn ich gerade in einer schlechten Phase mit ungünstiger Scheibenverteilung auf dem Plan dran bin.
Und zu guter Letzt ist es so, dass es eine große Einbahnstraße gibt, die eigenltich meistens maximal unattraktiv ist, da man kaum Ausweichmöglichkeiten hat.
Fazit zu Humboldt‘s Great Voyage
Da kann sich der Humnboldt noch so sehr im Grabe rumdrehen, mich hat das Spiel leider nicht vollends überzeugt. Es hat zwar schöne Ansätze und spielt sich locker runter, aber abseits des Mancala-Mechanismus fehlt mir einfach der Kniff an dem Spiel. So bleibt es wohl erst mal im Schrank stehen. Aber wer weiß, vielleicht entdecke ich dann doch irgendwann mal interessante Seiten daran.
Auch von R&R Games und Huch ist Ulm, das ich vor einiger Zeit bereits rezensiert habe…
Mit Lizenzen ist das so eine Sache. Kann gut gehen, muss aber nicht und tut es häufig auch nicht. Marc-Uwe Kling hat mit den Känguru-Chroniken eine Art Kult-Universum geschaffen, das ein Millionenpublikum begeistert. Schon mehrfach wurde versucht daraus ein Spiel zu basteln. Halt mal kurz und Game of Quotes waren eher mau, was auch für die Würfel WG nichts Gutes erwarten lässt. Aber wie sagt man schön: Abwarten und Schnapspralinen essen…
Wie WÜRFEL WG gespielt wird
Jeder Spieler hat seine eine eigene WG. Die besteht aus einer dreckigen Couch, einem leeren Kühlschrank und einem ungeputzten Bad. Standard. Natürlich nicht in echt, sondern auf Karten. Dazu hat man sich selbst – auch als Karte. In der Mitte des Tisches liegen dann noch potenzielle neue WG-Mitglieder in drei Kategorien und ein paar WG-mäßige Aufgaben oder Events. Dazu noch einige Gegenstände wie eine Pfanne oder Mehl & Ei. Dazu kommen 7 Würfel mit Zahlen 1 bis 5 und einem Känguru.
Im Spielzug wirft man nun die Würfel und versucht in Kniffel-Manier bestimmte Kombinationen zu erreichen. Dazu hat man (zunächst) vier Würfel zur Verfügung. Im Gegensatz zu Kniffel kann man allerdings nur einmal neu würfeln und auch nur zwei Würfel mit in den zweiten Würfelversuch nehmen. Zumindest zu Beginn. Denn alles kann sich ändern, wenn man mal den Kühlschrank auffüllt (mit einem 2er Pasch) oder die Couch saubermacht (mit einem anderen 2er Pasch). Theoretisch kann man die Würfel für mehrere Aufgaben verwenden, allerdings jeden Würfel nur einmal – logisch irgendwie. Hat man die Couch gereinigt, hat man die Möglichkeit mehr Würfel draufzusetzen und ist der Kühlschrank voll, kann man zweimal nachwürfeln. Das Problem: das alles bringt keine Punkte. Diese erhält man nur, wenn man die WG-mäßigen Sachen macht – auch mit bestimmten Würfelkombinationen. Dazu gibt es Aufgaben der Kategorie „Witzig“, die eher einfach sind und Aufgaben der Kategorie „Witzig Witzig“, die etwas schwerer sind. Die Krux dabei ist allerdings, dass das Erledigen der Aufgaben in der Regel unangenehme Folgen hat. So schläft man oftmals ein nachdem man etwas Anstrengendes erledigt hat oder der Kühlschrank ist leer oder die Couch ist dreckig oder alles. Also muss man erst wieder aufräumen, um von den Vorteilen einer sauberen Couch zu profitieren. Die neuen WG-Mitglieder liefern immer einen zusätzlichen Würfel und gegebenenfalls weitere interessante Eigenschaften, z.B., dass das Bad immer sauber ist, wenn die jeweilige Person aufwacht. Die Gegenstände aus der Mitte kann man auch an sich nehmen und so zusätzliche Punkte – das sind übrigens eigentlich Schnapspralinen – zu machen. Diese Gegenstände können aber wieder durch die Mitspieler „ausgeliehen“ werden, sind also nicht sicher. Und zu allem Überfluss nistet sich bei Erreichen der 10 Punkte-Marke noch ein Störenfried ein, der einem das Leben schwer macht.
Ein mechanischer Kniff ist das „Schnorren“ der anderen WG-Betrieber. Die können nämlich im Zug des aktiven Spielers die nicht genutzten Würfel nutzen, um sie zum Drehen einer Karte (bspw. Zum Reinigen der Couch) in seiner WG nutzen. So kann ich schon mal alles vorbereiten, um im nächsten Zug bestmöglich aufgestellt zu sein und richtig viele Schnapspralinen zu bekommen.
Wer als erstes 16 Punkte erreicht, erhält die Hängematte und muss nun hoffen, dass niemand mehr Punkte macht als man selbst oder dafür sorgt, dass man wieder unter die 16 Punkte rutscht. Hat man zu Beginn seines Zuges immer noch die Hängematte vor sich liegen, gewinnt man und darf sich von den anderen Mitspielern mit Schnapspralinen füttern lassen.
Was mir an Würfel WG gefällt
Ich gebe es zu: Ich war kritisch. Sehr kritisch sogar. Denn ich kenne weder irgendwelche Kängurus noch einen Marc-Uwe Kling. Folglich hatte ich keinen Schimmer was mich erwartete als ich das Spiel auf dem Meet ´n Play in Essen auf den Tisch packte. Schon das gemeinsame Lesen der Anleitung hat uns allerdings belustigt. Schon mal gut, wenn das Lesen der Anleitung Spaß macht – sonst ja eher die ungeliebte Pflicht für die meisten SpielerInnen. Und zunächst klang das auch nicht nach so viel Spaß – würfeln, Karten drehen, neue Karten nehmen… Allerdings steckt dann doch mehr drin als man denkt und man muss auch gehörig auf die anderen WGs achten.
Würfel WG kommt im Kleid eines harmlosen kleinen Würfelspiels daher, hat aber doch einige Kniffe, die die beiden Autoren geschickt kombiniert haben. Alexander Pfister hat als Co-Autor mitgewirkt und ich finde, das merkt man auch ein wenig. Hier wird nämlich nicht einfach nur gewürfelt, nein, man muss auch darauf achten, welche Personen man sich in die WG holt und wie der dann zufällig eindringende Störenfried die Strategie verändert.
Das alles klingt nun hochtrabender als es schlussendlich ist, aber man kann nicht einfach irgendwie umhersammeln und dann mit Glück gewinnen. Man muss schon ein wenig überlegen, wann man welchen Raum reinigt, wen man aufwecken möchte und wem man einen Gegenstand wegnimmt. Denn das alles kann, vor allem gegen Ende des Spiels, absolut spielentscheidend sein. Alle Partien waren bisher in irgendeiner Form knapp am Ende. Nie gab es „den“ Erdrutschsieg den man bei einem Würfelspiel erwarten könnt („Der hatte so viel Würfelglück…“). Immer kam es auf den letzten Wurf an. Der musste dann einfach glücklich sein, damit man die Partie noch dreht. Das war aber auch für alle am Tisch okay. Schließlich sorgte das schlussendlich für Spannung und Emotion am Tisch. In allen Partien hatten wir Spaß beim Erzählen der WG-Geschichten (ich hole mir Horst in die WG und putze das Bad) und hatten nie das Gefühl, dass es ein reines Glücksspiel ist.
Die Illustrationen sind passend zum Spiel und zum Känguru-Universum, das ich extra für das Spiel in Form des durch Marc-Uwe Kling gelesenen Buches kennengelernt habe. Solltet ihr es nicht kennen, dann solltet ihr übrigens auf jeden Fall die Hörfassung wählen. Die ist einfach sehr unterhaltsam vorgetragen. Produktionstechnisch ist nichts zu bemängeln. Die Karten sind in gewohnt guter Kosmos Qualität und die dicken Holzwürfel klackern satt über den Tisch – auch wenn der Kühlschrank leer ist.
Was mir an Würfel WG nicht gefällt
Klar ist Würfel WG in Teilen glücksabhängig. Haken dran, das weiß man vorher. Klar geht es dabei nicht ums Optimieren auf „Teufel komm raus“. Dennoch glaube ich, dass viele unterschätzen werden, dass eben nicht „einfach nur“ gewürfelt wird, sondern man immer auch schauen muss, was sonst so los ist bei den WGs. Das führt nämlich gerade im Endspiel dazu, dass man mitunter zum Königsmacher werden kann, wenn man nicht genau aufpasst. So kam es in unseren Partien mehrfach vor, dass ein Spieler bspw. 17, der andere 18 hatte und ein Dritter nur 12. Dieser Dritte hätte nun dem 18-Punkte Spieler einen Gegenstand wegnehmen können und so implizit dem 17-Punkte-Spieler die Straße zum Sieg geebnet. Gerade in solchen engen Situationen zeigt sich, dass eben doch ein bisschen mehr drinsteckt als man zunächst vermutet. Und hier könnte die Zielgruppe – Marc-Uwe Kling Fans – gegebenenfalls auch etwas frustriert oder zumindest überrascht werden von der Härte und Unnachgiebigkeit des Spiels. Mich und die meisten Viel- und Gelegenheitsspieler wird das erfreuen und Spaß machen. Andere werden davon möglicherweise überrannt, vor allem in gemischten Runden.
Ein weiterer Punkt, der mir nicht so sehr gefällt, ist das relativ behäbige Spiel zu Beginn einer Partie. Man wird immer in etwa das selbe tun und versuchen mehr Würfel an Land zu ziehen um die lukrativen Aufgaben zu erledigen. Aber das ist wohl in vielen Spielen der Fall und hat man erst mal die erste Aufgabe erledigt oder eine große Party geschmissen, dann rollt das Spiel von alleine los.
Fazit zu Würfel WG
Manchmal funktionieren Lizenzen eben doch! Auch wenn das Spiel, über das hier die Lizenz gestülpt wurde auch ohne diese und mit anderem Thema funktioniert hätte, ist der Spaßfaktor in Verbindung mit Kängurus und Schnapspralinen vielleicht doch noch einen Tick höher. Die Würfel WG wird manchen überraschen und auch ich war sehr positiv angetan von dem Spiel hinter dem Kämguru-Lizenzvorhang. Randnotiz: Schon erstaunlich wie viel Geld sich mit den Lizenzen rund um ein kommunistisches (oder sozialistisches?!) Känguru verdienen lässt und irgendwie ja auch ein Anachronismus. Aber dennoch: Wer Gelegenheit hat, sollte echt mal reinspringen, in die WÜRFEL WG…
Spiele mit kleinen Dörfern, Ländern oder Abenteuern scheinen in zu sein. Die Tiny Epic Reihe beispielsweise ist mittlerweile zur Lindenstraße der Spielebranche geworden und scheint schier endlos zu laufen. Aber auch ansonsten erscheinen immer wieder „kleine“ Spiele, die dies auch im Namen zur Schau tragen. Neben der Tiny Epic Serie war dies in diesem Jahr beispielsweise auch Tiny Towns Von AEG (Vertrieb durch Pegasus Spiele) und eben das hier besprochene Little Town. Ob es dabei auch insgesamt „Little“ bleibt?! Wir werden sehen…
Wie Little Town gespielt wird
Zunächst mal eine Klarstellung: Little Town ist eigentlich gar keine echte Neuerscheinung. Das Spiel erschien im englischen Sprachraum bereits im Jahr 2017, wird aber dieses Jahr das erste Mal auf deutsch über HUCH/Hutter Trade erscheinen. Mir lag die englische Version vorab als Rezensionsexemplar vor.
In Little Town tun wir, was man so tut in Spielen, in denen man Dörfer baut. Man setzt Arbeiter ein. Und ähnlich wie schon beim etwas ungeliebten The River von Days of Wonder, ist dieser Mechanismus hier stark heruntergebrochen, damit man es auch in Familien gut spielen kann. Doch wie geht das nun genau, das Arbeiter Einsetzen bei Little Town?!
Zunächst mal gibt es einen Spielplan, den man – überraschenderweise – in die Tischmitte legen soll. Je nach Spielerzahl bekommen alle Mitspieler eine bestimmte Anzahl Arbeiter. Das Spielfeld ist eingeteilt in Quadrate, die entweder Wiese oder eine Ressourcenquelle (Wald = Holz, Gebirge = Stein, See = Fisch) zeigen. In seinem Spielzug setzt man seinen Arbeiter auf ein leeres (!) Feld des Spielplans ein und aktiviert alle umliegenden Felder. So kann man Rohstoffe erlangen. Das ist schon mal gut, denn am Ende von jeder der vier Runden muss man seine Arbeiter mit Nahrung versorgen – egal ob mit Fisch oder Getreide.
Die so gewonnenen Rohstoffe kann aber auch anders einsetzen. Zu Beginn des Spiels wurden nämlich neben einigen Weizenfeldern auch zwölf Gebäudeplättchen am unteren Spielfeldrand ausgelegt, die man auf den Spielplan bauen kann. Dazu setzt man den Arbeiter nicht auf den Spielplan, sondern auf die Baustelle. Man gibt die entsprechenden Ressourcen ab und platziert das neue Gebäude auf einem beliebigen freien Wiesenfeld auf dem Spielplan. So ausgebracht, kann man dieses Gebäude künftig analog zu den Rohstofffeldern des Spielplans aktivieren. Man kann auch die der Gegner nutzen, allerdings nur gegen Abgabe einer Münze. Die Effekte sind vielfältig, in der Regel jedoch auf das Umwandeln der Waren beschränkt. Einige liefern auch am Spielende zusätzliche Siegpunkte.
Und streng genommen war es das auch schon. Mehr passiert nicht. Nach vier Runden ist alles vorbei und der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
Was mir an Little Town gefallen hat
Das Spiel zu erklären dauert deutlich unter 10 Minuten. Unklarheiten gibt es keine und die Spielzeit ist angenehm kurz. Wer nun aber denkt, dass es trivial wäre, der irrt etwas. Sicherlich ist Little Town kein Agricola, will es aber auch nicht sein. Und dennoch wohnt dem Spiel aufgrund seiner hohen Variabilität auch eine gewisse Komplexität inne. Denn man muss sich schon gut überlegen, wo man welches Plättchen wann platzieren möchte. Und auch das Management der Rohstoffe ist extrem entscheidend für Sieg oder Niederlage. Denn bei so wenigen Spielzügen, kann ein schlecht geplanter Zug schon mal das Zünglein an der Waage sein.
Sicherlich ist Little Town eher taktisch als strategisch, aber gerade das macht ein gutes Familienspiel meines Erachtens ja auch aus. Es gibt nämlich durchaus eine strategische Komponente, die sich den meisten Familienspielern aber wahrscheinlich zunächst mal nicht auf Anhieb erschließen wird, da sie unter einer dicken Wohlfühlschicht verborgen ist. Wenn man nämlich etwas gewiefter wird, merkt man, dass die Auslage der Plättchen zu Beginn eine strategische Vorgabe ist, welche davon in Kombination gegebenenfalls erstrebenswert ist. Vielspieler werden diese Komponente schnell entdecken und zu ihrem Vorteil nutzen, wohingegen die sogenannten „Casual Gamer“ eher taktisch spielen werden und sich auf dem Fluss des Wohlfühlens dahintreiben lassen.
Positiv hervorzuheben ist, dass es eine Empfehlung für eine Gebäudekombination gibt, die sich gerade für Familienspieler gut eignet. Man sollte jedoch auch beachten, dass der wahre Spielspaß erst mit der variablen Auslage beginnt.
Produktionsseitig ist, wie bei Iello eigentlich üblich, nichts zu bemängeln und die niedlichen Illustrationen passen gut zum Thema. Und es freut mich umso mehr, dass ich endlich auch bei einem Iello Titel mal eine positives Fazit ziehen kann.
Was mit an Little Town nicht gefallen hat
Da gibt es wirklich nicht viel was ich bemängeln kann. Einzig die Beschreibung der Gebäudeeffekte ist für ein Familienspiel etwas spartanisch geraten. Als Vielspieler ist das alles recht klar, aber der geneigte Familienspieler dürfte hier noch etwas mehr Unterstützung benötigen. Dennoch wird auch der sich nach einiger Zeit zurechtfinden.
Fazit zu Little Town
Schon oft habe ich gesagt: Iello Spiele sehen toll aus, halten aber oft nicht, was sie optisch versprechen. Dieses Gesetz wurde hier endlich mal wieder durchbrochen. Little Town überzeugt mich mit seiner Kombination aus Arbeitereinsetzmechanismus und Plättchenlegen. Dabei spricht es Familien an, aber auch Vielspieler finden Gefallen an der Knobelei um die bestmögliche Auslage auf den Wiesen vor Little Town.
Wir geben jedes Jahr viel Geld für Spiele aus. Einen Teil kann sicherlich (fast) jeder für eine gute Sache spenden. Ich würde mich freuen, wenn ihr einen kleinen Beitrag leistet.
Dazu kommt aber auch noch ein kleine Aktion im Rahmen des Meet N Play:
Jeder der am Freitag auf der SPIEL zum Meet N Play kommt (Freitag, 14:30 bis 17:00 bin ich im Saal Europa anzutzreffen), darf sich aus meiner „Grabbelkiste” ein Promo oder eine Mini-Erweiterung aussuchen (solange der Vorrat reicht). Was ihr dafür spendet bleibt komplett euch überlassen…
Der gesamte Erlös geht aber an das Deutsche Kinderhilfswerk.
Solltet ihr zu spät sein oder die Aktion verpasst haben, könnt ihr über diese Seite natürlich trotzdem was spenden. Freue mich auf möglichst viele bekannte und (noch) unbekannte Gesichter.
Es gibt immer wieder tolle kleine Perlen, die nur durch Kickstarter das Licht der Welt entdecken. Palm Island ist solch ein Spiel. Das Ziel war es, ein kompaktes Spiel zu designen, dass zur Not auch nahezu ohne Platz gespielt werden kann. Herausgekommen ist ein ultra-kompaktes Mini-Aufbauspiel, das komplett in der Hand und ohne Tisch gespielt werden kann. Und über die Genialität des Namens brauchen wir erst gar nciht zu diskutieren…
Wie Palm Island gespielt wird
Zunächst mal muss man das Grundsystem von Palm Island betrachten. Jede der 17 Karten von Palm Island hat vier mögliche Ausrichtungen aufgeteilt in die beiden Hälften der Vorder- bzw. Rückseite. Die jeweils nach oben zeigende Hälfte einer Seite ist der aktive Teil. Die Karten werden NICHT ausgespielt, sondern rotieren im Stapel hintereinander. Die beiden obersten Karten des Stapels können jeweils genutzt werden. Nutzt man die Aktion einer Karte (siehe unten), dann wandert die Karte ans ende des Decks. Kann oder will man keine der beiden möglichen Aktionen nutzen, verschiebt man die erste Karte nach hinten (niemals die zweite!).
Drei mögliche Aktionen gibt es: 1. Rotieren: Die aktivierte Karte wird um 180 Grad gedreht, so dass die vormals untere Hälfte nun nach oben zeigt. Dadurch verändert sich in der Regel die Aktion oder die Karte wird wertvoller (mehr Punkte). Die Karte wandert dann ans Ende des Stapels. 2. Umdrehen: Die aktivierte Karte wird auf die andere Seite gedreht, so dass der obere Teil der (ehemaligen) Rückseite nun nach vorne zeigt. Anschließend wird die Karte auch ans Ende des Stapels sortiert. 3. Lagern: Diese Aktion liefert die Rohstoffe, die man zum Aktivieren der anderen Aktion zum Teil braucht. Die so aktivierten Karten werden um 90 Grad im Uhrzeigersinn gedreht, so dass sie seitlich rausstehen. Man darf aber nicht mehr als vier solcher Rohstoffkarten in seiner Hand sammeln.
Erreicht die Rundenkarte, diese wird zu Spielbeginn als letzte Karte hinter den gemischten Stapel gelegt, die erste Stelle im Kartendeck, endet die aktuelle Runde. Die Karte wird rotiert oder gedreht und wandert ans Ende des Decks.
So sammelt, aktiviert und entwickelt man insgesamt 8 Runden lang und versucht seine kleine Insel möglichst effizient zu gestalten. Da die Karten zu Beginn durchgemischt werden, ist das Spiel auch sehr variabel und verspricht langfristig viele unterschiedliche Konstellationen.
Am Ende werden die Siegpunkte gezählt, die man so zusammenoptimiert hat und vergleicht sie mit der in der Anleitung abgedruckten Tabelle. Alles über 20 Punkte ist respektabel. Ab 30 Punkten darf man sich mal auf die Schulter klopfen.
Damit es langfristig Spaß macht, gibt es eine Art Loot Box, aus der man sich immer einen bestimmten Gegenstand nehmen kann, wenn man bestimmte Ziele erreicht hat (bspw. eine bestimmte Punktzahl).
Mit im Paket ist auch eine 2-Spieler-Version, die kooperativ gespielt werden kann. Dazu gibt es einen kompletten weiteren Kartensatz sowie Katastrophenkarten und eine Gemeinschaftskarte. Das Coole ist, dass durch diese zusätzliche Variante ein weiterer Kartensatz im Spiel enthalten ist, so dass man theoretisch auch zwei Solospiele in einer Packung erhält.
Die kompetetive Variante aus der Kickstarter Kampagne hat es leider nicht in die deutsche Version geschafft, wäre aber als Promo o.ä. sehr leicht nachzurüsten.
Was mir an Palm Island gefällt
Ehrlich gesagt…alles. Das Spiel könnte für die Solo-Spiele-Entwicklung eine Art Durchbruch werden. Es hat alles was ein gutes Spiel ausmacht, kommt in kompakter Box und ist leicht zu erlernen. Dazu muss man vor dem Kosmos Verlag wirklich den Hut ziehen. Dass ein etablierter Verlag ein solch besonderes Spiel rausbringt ist nicht selbstverständlich. Schön, dass sie sich getraut haben und schlussendlich passt das Spiel dann doch auch gut zum Verlag.
Das a&o bei Palm Island ist, dass man sich im Vorfeld – also vor dem ersten Zug – den Kartenstapel einmal ansehen darf. Das sollte man auch tun, denn mit ein wenig Erfahrung kann man dann schon erkennen, ob und wie stark man die Produktion anheizen muss am Anfang. Denn die wirklich wichtigen Gebäude (Tempel können bis zu 10 Punkte einbringen), brauchen spezifische Rohstoffe. Dazu muss man mitunter dafür sorgen, dass man die entsprechenden Rohstoffkarten in der Reihenfolge vor die Tempelkarten bringt, also auch mal bewusst die erste Karte ablegen oder die zweite vor der ersten Karte ausspielen um die Reihenfolge der Karten im Deck zu beeinflussen. Denn eines muss man auch immer bedenken: Gelagerte Rohstoffe, die einmal die komplette Tour machen, also wieder von hinten nach ganz vorne wandern, verfallen (wegen Lagerschadens) und werden einfach aufrecht gedreht und wieder nach hinten gesteckt. Und das ist die groß0e Überraschung für viele: Man kann es nämlich einfach mal so runterzocken, sondern muss das Spiel „lesen“. Klar, kann man einfach drauf losspielen, dann wird man aber mutmaßlich die 30 Punktemarke nur mit Glück knacken. Denn auch wenn Palm Island recht harmlos daherkommt, steckt doch mehr drin, als man anfangs glaubt. Das merkt man aber nicht sofort nach der ersten Partie.
Ist das nicht langweilig? Das fragen viele, die nicht so oft solo spielen. Ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Palm Island ist für mich wie eine Art Entschleunigung im hektischen Daddel-Alltag, den wir in Bus und Bahn mittlerweile unser eigen nennen. Denn Palm Island ist auf jeden Fall nahverkehrstauglich. Man braucht nichtmal einen Sitzplatz um es zu spielen. Das Deck aus 17 Karten lässt sich sogar im Geldbeutel transportieren und macht es so zu einem der mobilsten analogen Spiele in meiner Sammlung.
Was mir an Palm Island nicht gefällt
Auch wenn ich das Spiel grundsätzlich mag, ein paar Kritikpunkte gibt es dennoch – wenn auch sehr kleine.
Durch das Mischen des Decks kann es natürlich zu Situationen kommen, die ein halbwegs gutes Ergebnis nahezu unmöglich machen. Gerade Konstellationen, bei denen alle Rohstoffkarten hinter den zu bauenden Gebäuden liegen machen es einem echt schwer auf eine halbwegs gute Punktzahl zu kommen. Denn durch das Limit nur vier Rohstoffkarten lagern zu können, wird es ggf. schwierig alles passend zu verbrauchen bzw. zu speichern. Das ist aber auch der einzige mechanische Nachteil, den ich ausmachen konnte. Alles andere kann der Spieler gut beeinflussen und durch die Vorab-Durchsicht einschätzen.
Ganz nett wäre noch eine irgendwie geartete „Vorschau“ auf die Rückseite der Karten, damit man vorab weiß, was einen auf der Rückseite nach dem Flippen der Karte erwartet. So führt das immer zu einem etwas umständlichen Drehen und Zurückdrehen der Karte. Klar ist da wenig Platz, aber ich bin mir sicher, dass man da Möglichkeiten gefunden hätte.
Wenn man die Kickstarter Version sein eigen nennt, merkt man recht schnell, dass die dort verwendeten Plastikkarten ihre Vorteile haben. Sie lassen sich deutlich angenehmer „bearbeiten“. Ich kann aber auch verstehen, warum man eher klassische Karten wählt, zumal dem ein oder anderen die Plastikkarten wiederum zu rutschig sind.
Auch dass der kompetetive Modus fehlt, ist mir nicht ganz schlüssig, hätte es doch das Spiel nicht wesentlich teurer gemacht in der Herstellung aber noch mal eine ganz andere Zielgruppe erreicht. Aber vielleicht wollte man es auch als das was es ist veröffentlichen: ein Solo-Spiel.
Und dann zu guter Letzt noch ein Errata: Auf einer karte hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen. Der Werkzeugmacher zeigt einen Holzstamm, allerdings nicht das dazugehörige Aktionssymbol. Dank Christian Hildenbrandt wissen wir nun, dass dieser Holzscheit nie dorthin gehört hätte und demnach wegzudenken ist. Danke für die kurzfristige Klärung mit dem Kosmos Verlag!
Fazit zu Palm Island
Für mich als bekennenden Solo-Spieler ist Palm Island ein wahres Kleinod. Ein Spiel, mit dem man jedem nahebringen kann, warum es manchmal toll ist solo zu spielen. Spiele wie Palm Island können Gateway-Spiele sein, die das Solospielen einer neuen Zielgruppe näherbringen. Dazu funktioniert es auch noch gut und ist so kompakt und preiswert, dass man sich dem Reiz kaum entziehen kann. Palm Island – für mich glaube ich das Kartenspiel-Highlight der SPIEL 19. Und es bleibt für mich trotz kooperativer Variante ein Solospiel…
Bei Team3 geht es wirklich mal um viel Gefühl. Und zwar für alle Beteiligten. Man muss kommunizieren. Und zwar mit Gefühl – sozusagen mit allen Sinnen. Schauen, sprechen, hören, tasten, nur schmecken fehlt noch. Aber dazu habe ich auch eine Idee…
Fangen wir mal ganz vorne an. Auf der Schachtel begrüßen uns die drei bekannten Affen. Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Das scheint das Spielprinzip zu sein und beschreibt es in der Tat ganz gut. In einer Gruppe von mindestens drei Affen Menschen sollen wir eine vorgegebene Anzahl an Aufgaben erledigen. Diese bestehen im Auftürmen von tetrisesquen Formen. Nur der Architekt kennt den genauen Plan und muss mit Gesten beschreiben, welches Teil als nächstes zu verwenden ist. Der Bauleiter muss dieses Gehampel deuten und dann dem Handwerker beschreiben, welches Teil zu verwenden ist. Der Handwerker sucht dann blind (man soll die Augen zukneifen) das richtige Teil aus dem Haufen heraus. Dann folgt der schwierigere Teil. Der Architekt muss gestikulierend vermitteln, wie das Teil einzubauen ist. Und wieder beschreibt der Bauleiter dies und der Handwerker setzt blind um.
Hat man den Bauplan richtig zusammengebaut, wechselt man die Rollen und macht sich an die nächste Aufgabe. Spielt man mit mehr als drei Leuten können die anderen sich entspannt zurücklehnen und das Schauspiel genießen. Da jede Runde nur drei Minuten Zeit bietet, ist die Downtime eh überschaubar und meistens auch recht unterhaltsam.
Team3 ist ein Geschicklichkeits-Kommunikationsspiel und „Nein, anders…“ ist wohl der häufigste Satz, den man so hört. Die Herausforderung ist die Übersetzung der Gesten in möglichst konkrete Anweisungen. Hinweise wie „Ne, das gelbe Teil!“, bringen den Handwerker, der ja nichts sieht, nicht weiter bei seiner Aufgabe. Der hat eh die schwierigste Aufgabe. Da er nichts sieht, muss er mit ganz viel Gefühl agieren. Stehen nämlich erst mal die ersten Steine, kann es schnell passieren, dass sie auch wieder fallen. Auch hier darf der Bauleiter helfen und den Handwerker zu den passenden Bauteilen leiten. Kennen sich die Spieler gut bis sehr gut, dann läuft die Sache eigentlich ziemlich rund und man kann mal die nächste Schwierigkeitsstufe probieren. Von diesen gibt es insgesamt drei.
Das Spiel eignet sich besonders gut als Mittel, um bspw. Runden mit unbekannten Teilnehmern aufzulockern. So könnte man es zu Beginn von Seminaren, Workshops o.ä. einsetzen, damit sich die Teilnehmer besser kennenlernen. Aber auch im schulischen Kontext könnte sich das Spiel einen Platz erobern. Geht es bspw. um das Thema „Kommunikation“ wäre es ein guter Einstieg, der zeigt, wie Kommunikation funktioniert – selbst wenn jeder eine andere Art der Kommunikation nutzt. Aber die Pädagogen unter euch finden sicherlich noch mehr Einsatzgebiete. Da freue ich mich auf die Kommentare der Brettagogen, vom Fux und allen andereren LeerLehrkörpern…
Bei allem Spaß muss ich allerdings sagen, dass ich eine Sache nicht verstehe. Warum sollte es Spaß machen drei Minuten lang die Augen zuzukneifen? Waren nicht noch die paar Cent für eine lustige Schlafmaske drin? Die Dinger können doch nicht so viel kosten… Das würde insbesondere in Kinder- und Jugendgruppen den Schummelfaktor minimieren. Aber wie ich gehört habe, soll Abacus da was vorbereiten. so haben zumindest diejenigen, die auf der Spiel‘19 sind, eine Möglichkeit, gegen das Schummeln vorzugehen.
Ein weiterer Punkt, der mich umtreibt, ist der Wiederspielreiz. Wie oft möchte ich das spielen?! Sicherlich, in wechselnden Gruppen und als Aufwärmer ist das okay. Aber dauerhaft?! Ich weiß nicht… Irgendwie glaube ich nicht, dass ich dauernd das Bedürfnis habe in meiner Spielegruppe dieses Spiel zu spielen. Aber als Opener für neue Gruppen und vor allem auch im betrieblichen oder schulischen Kontext bleibt es dauerhaft im Einsatz.
Es gibt zwei Versionen des Spiels, die bis auf die Farbe der Schachtel und der Karten identisch sind. Hat man nämlich zwei Exemplare kann man auch mit größeren Gruppen spielen und dann auch gegeneinander antreten. Da kommt auch noch mal etwas mehr Hektik auf, denn wer zuerst seine Aufgaben durch hat, gewinnt dabei.
Ach so, und noch eine Idee zum Thema Schmecken: Könnte man nicht eine „Bonbon Edition“ machen, bei der man die einzelnen Farben erschmecken muss?! Wäre zwar nur einmal verwendbar, aber wenigstens würden dann die einzelnen Bauteile gut zusammenhalten. ?
Mehr Informationen zu Team3 bei Abacus Spiele findet ihr hier (pink oder grün, ihr habt die Wahl…).
Sherlock Holmes war der größte Detektiv in der Geschichte. Zumindest auf dem Papier auf dem Sir Arthur Conan Doyle seine Geschichten niederschrieb. Kein Wunder, dass sich alle anderen Detektive an seinem Ruf messen lassen messen. So auch wir. Denn in Sherlock, erschienen bei Abacus Spiele, sollen wir einen kniffligen Kriminalfall lösen. Wie gut wir waren, hängt davon ab, wie nah wir an die Lösung herankommen und ob wir uns von irrelevanten Hinweisen haben ablenken lassen.
So weit, so gut. Die Anleitung ist übersichtlich und in der Mitte mit einem Klebepunkt versiegelt. Ich nehme den Kartensatz heraus, lese die paar Zeilen auf der ersten Karte vor, dann kann es auch schon losgehen. Die Karten, mehr als einige Karten sind nicht dabei, werden gemischt und an die Mitspieler ausgegeben. Jeder bekommt drei Stück.
Der Spielablauf ist ganz einfach: Im Spielzug entscheidet man sich einfach dafür, entweder eine seiner Handkarten abzulegen (verdeckt) oder auszuspielen (offen). Über die Karten darf dabei nur sehr eingeschränkt gesprochen werden. Die Elemente, die benannt werden dürfen, sind klar gekennzeichnet. Und mindestens 6 Karten müssen im verdeckten Stapel landen!
Harte Entscheidung! Ist es nun wichtig, dass wir alle wissen, was das Foto, die Zeitung etc. zeigt? Oder lege ich das mutmaßliche Beweisstück verdeckt ab? Letzteres führt dazu, dass ich nicht mehr drüber sprechen darf – zumindest im Moment nicht. Wie ich mich auch entscheide, eine Karte MUSS ich ablegen. Habe ich das getan, ziehe ich eine neue Karte vom Nachziehstapel auf die Hand.
Ich spiele meine Karte offen aus. Und siehe da! Einer meiner Mitstreiter grinst bereits, wird ganz hibbelig. Und als er dran ist, legt er seine Karte genüßlich offen aus. Ein wichtiges Puzzlestück. Wir kommen der Lösung näher.
Das Problem dabei: Die Lösung liegt immer noch nicht vor uns. Sherlock lebt vom Ungewissen. Von der letzten Ungewissheit, die trotz aller Klarheit der Indizien bleiben wird. Und so beginnen wir zu spekulieren. Wir beginnen damit die Puzzlestücke, die offensichtlich sind zu ordnen und uns gegenseitig abzusichern. Aber so viel ist unklar! Vielleicht bringt die nächste Karte Licht ins Dunkel?! Nicht wirklich…
„Aber es könnte doch sein, dass…“ war einer der häufigsten Sätze des Abends. Indizien sichten, Theorien aufstellen, Personen identifizieren. All das fühlt sich nach Detektivarbeit an. Dazu das Dilemma entscheiden zu müssen, welche Sachverhalte und Indizien ggf. komplett irrelevant sind.
Nach einiger Zeit sind alle Karten ausgespielt. Nun geht es richtig los. Denn nun dürfen wir auch noch über die abgelegten Karten sprechen. Zumindest soweit wir noch wissen, was draufstand. Denn anschauen dürfen wir sie nicht mehr. Aber so richtig sicher sind wir uns noch nicht. Im letzten Augenblick haut einer noch eine Idee raus und die bringt uns die letzte Sicherheit! Ja, genau! So muss es gewesen sein. Wir sind uns sicher!
Wir brechen das Siegel auf der Anleitung auf und bekommen einige Fragen präsentiert. Zehn Fragen sind zu beantworten. Je mehr Fragen wir richtig beantworten, desto mehr Punkte erhalten wir. Wir haben gut recherchiert! (Fast) Alle Fragen richtig beantwortet. Allerdings gibt es auch noch Punktabzug für irrelevante Hinweise, die uns während der Recherchen abgelenkt haben. Das waren leider zu viele. Und so scheitern wir ganz knapp an einem „sehr gut“. Aber eigentlich auch egal, denn das Rätseln, Spekulieren und Entscheiden hat unglaublich viel Spaß gemacht.
Und wieder mal zeigt sich, dass es nicht viel braucht, um einen geselligen Abend zu verbringen. Ein paar Karten, ein spannendes Szenario und natürlich die Bereitschaft, sich auf diese Art Spiel einzulassen. Tut man es, wird man ein wenig erahnen können, wie es sich anfühlt Detektiv zu sein. Vor allem, wie schwierig es ist, sinnvolle Hinweise von sinnlosen zu unterscheiden.
Ich für meinen Teil bin zufrieden mit dem Ausgang, lehne mich zurück und stecke mir meine Pfeife an…
Mittlerweile sind sechs Teile der Sherlock-Reihe erschienen. In Deutschland erscheint die Kriminalspielreihe bei Abacus Spiele. Und ein Ende ist wohl nicht absehbar.
Bis zu 8 Mitspieler können sich laut Packungsangabe am Spekulieren beteiligen. Ich würde allerdings maximal 4-5 empfehlen, da die Karten sonst permanent herumgereicht werden müssen, was den Spielfluss und -spaß deutlich hemmen würde. Andererseits bedeuten mehr Mitspieler mehr mögliche Theorien, was der Lösungsfindung dienlich sein könnte.
Er hat es wieder getan. Der Brettspiel-Marketing-Hypetrain wurde von Jamey Stegmaier wieder losgelassen und alle sind gerne aufgesprungen. Ja, ich gebe zu: Ich auch. Ich kann mich einfach dem Reiz der Spiele von Jamey Stegmaier nicht erwehren. Egal, ob von ihm selbst designt oder nur herausgegeben, er schafft es immer wieder… Und so musste ich natürlich auch gleich Rodney Smiths Tutorial Video schauen. Und was soll ich sagen: Ich bin angefixt!
Was in Tapestry passiert
Im Grunde ist Tapestry ein Zivilisationsspiel. Allerdings nicht wie die meisten Zivilisationsspiele, da eine Kombination aus Legemechanismus und Puzzlemechanismus sowie vier Entwicklungsleisten die Basis bilden. Auf diesen Entwicklungsleisten schreitet man voran um Rohstoffe zu bekommen oder Gebäude zu bauen.
Der Spielzug in Tapestry besteht im Wesentlichen daraus, seine Marker auf diesen Leisten voranschreiten zu lassen. Das kostet Rohstoffe, bringt aber mit jedem Schritt sehr attraktive Aktionen. Und führt natürlich auch zu dem ein oder anderen Konflikt auf dem Spielplan. Wobei diese eher beiläufig passieren und keine aufwändigen Kampfregeln haben.
Ist irgendwann das Ende der Ressourcen und Geldvorräte erreicht, muss man eine sogenannte Einkommensaktion durchführen. Dabei erhält man in unterschiedlichen Kategorien Dinge, wie Geld, aber auch Punkte und Karten. Die sogenannten Tapestry-Karten braucht man auch, denn diese werden beim Durchführen der Einkommensphase auf eine neue Ära gelegt und bringt in dieser Ära dauerhafte oder auch einmalige Vorteile. Erreicht man die 5. Ära erreichen, endet das Spiel – zumindest für den, der das erreicht. Alle anderen Spieler können so lange weiterspielen, bis sie auch die fünfte Ära erreichen und auch noch mal eine Einkommensaktion durchführen. Sind alle Mitspieler dort angekommen, ist das Spiel zu Ende und – Überraschung – der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
Punkte bekommt man insbesondere durch das geschickte Puzzlen auf dem sogenannten Hauptstadttableau. Das Ganze erinnert mich ein wenig an das Gepuzzle bei „Ein Fest für Odin“. Punkte gibt es für vervollständigte Reihen und Spalten. Die Monumente (Landmarks) bilden dabei besonders interessante Puzzleteile, da sie sehr viele Felder abdecken. Und natürlich gibt es auch Ziele, die zu erfüllen sind und dem ersten und zweiten Erfüller Punkte bringen. Und auf dem Hauptplan wird natürlich auch noch kräftig gepuzzelt und verdrängt.
Was ich von Tapestry halte
Der erste Eindruck aufgrund eines Regelvideos. Ganz schön gewagt. Aber irgendwie muss man sich ja auch vorab eine Meinung bilden. Für mich bildet Tapestry eine Speerspitze im Bereich Kennerspiele, die trotzdem komplex erscheinen. Alleine das Material wirkt üppig. Viele kleine Gebäude, die man auf dem Hauptplan und dem Hauptstadtplan einpuzzelt. Dazu je Spieler 6 bunte große Gebäude, die ein wenig wirken wie aus Knete oder Fimo gebastelt. Allerdings muss ich sagen, dass das alles noch etwas merkwürdig aussieht. Vor allem die riesigen Landmarks wirken auf dem kleinen Hauptstadtplan etwas überdimensioniert.
Der Spielablauf selbst scheint mir recht überschaubar für geübte Spieler. Sicherlich wird man auch bei Tapestry mit einem Spiel nicht hinkommen und muss einige Strategien und Taktiken ausprobieren, um den besten Weg zu finden. Insgesamt wirkt die Spielmechanik mit dem reinen Voranschreiten auf den Entwicklungsleisten etwas anders als bei bisherigen Zivilisationsspielen. Das Spielgeschehen von Tapestry wird dadurch auf das reduziert was auch Zivilisationsentwicklung ausmacht. Erst durch Entwicklung entstehen neue Möglichkeiten die Zivilisation weiterzuentwickeln – sei es durch Expansion oder Ausbau der Hauptstadt.
Interessant finde ich, dass Jamey Stegmaier hier mal einen umgekehrten Rennmechanismus nutzt. Denn in vielen seiner Spiele ging es bisher darum, dass man als erster eine Punktzahl (Viticulture) oder als erster eine gewisse Anzahl Ziele (Scythe) erreicht haben musste. Bei Tapestry möchte ich aber gerade nicht erster sein, sondern so viele Aktionen wie möglich durch möglichst langsames Erreichen der 5. Ära durchführen. Mit anderen Worten: Beende ich das Spiel zu schnell, bin ich eigentlich im Nachteil. So zumindest erscheint es zunächst. Bleibt abzuwarten, ob es sich auch so anfühlt im Spiel.
Aber am Ende wird sich zeigen, ob dieses Spiel mit den anderen aus dem Hause Stonemaier Games mithalten kann. Scythe und Viticulture sind meines Erachtens die besten Spiele des kleinen Verlages und Tapestry muss sich erst noch gegen diese beweisen und zeigen, dass es sein Geld wert ist. Denn eines dürfte auch klar sein: Bei dieser Ausstattung wird der Preis in Richtung 100 Euro wandern, ggf. sogar leicht darüber liegen.
Für die Zukunft ist jedenfalls gesorgt, denn das Spiel lässt schon jetzt ungeahntes Ausschlachtungspotenzial erkennen. Da jeder Spieler eine von zahlreichen Zivilisationen zugeordnet bekommt, bieten sich alleine hier schier unendliche Erweiterungsmöglichkeiten. Dazu natürlich neue Landschaftsteile und neue Hauptstadtpläne. Und ein Legacy- oder Kampagnenmodus liegt auch nicht in allzu weiter Ferne.
Für mich scheint Tapestry vielleicht endlich DAS Zivilisationsspiel zu sein, da es klassische Elemente (Worldbuilding) mit Euro-Elementen (Entdeckungsleisten) kombiniert.
Und natürlich kommt Tapestry mit einem Automa Deck für das Solo-Spiel. Das Automa Deck von Tapestry kann man aber auch im 2-Personen-Spiel verwendet. So kann man das 2er Spiel etwas interessanter gestalten, da das sogenannte Shadow Empire für zusätzlichen Wirbel sorgt. Das Interview des geschätzten Kollegen Solo Manolo mit Mr. Automa dürfte hierüber für interessierte noch mehr Aufschluss geben.
Die deutsche Version wird vom Feuerland Verlag veröffentlicht und wird voraussichtlich im Frühjahr erscheinen. Die englische Version wird man wohl bald vorbestellen können und wird zur Spiel‘19 in Essen erscheinen.