Lesezeit: 5 MinutenZugegeben, der Titel klingt etwas merkwürdig, trifft jedoch ziemlich genau, wie wir uns fühlten, als wir das erste Mal Hanamikoji spielten. Das Spiel ist keineswegs schlüpfrig, sondern im Gegenteil, eine große Überraschung für mich gewesen. Das Thema konnte mich nicht begeistern, weswegen ich vielleicht auch erst recht spät mit meiner Rezension um die Ecke komme. Aber eins nach dem anderen…
Wie Hanamikoji gespielt wird
Bei Hanamikoji legen es zwei Spieler (a.k.a. Restaurantbesitzer) darauf an, Geishas mit Geschenken zu beeindrucken und so ihre Gunst und Dienste zu gewinnen. Zunächst vielleicht aber erst noch ein kurzer Exkurs zum Begriff der Geisha.
Eine Geisha ist eine japanische Unterhaltungskünstlerin, die traditionelle japanische Künste darbietet. Der Begriff Geisha, zusammengesetzt aus gei (芸, Kunst oder Künste) und sha (者, Person), stammt aus dem Tokioter Dialekt und wurde von dort in die europäischen Sprachen übernommen. Die Blütezeit der Geishas war im 18. und 19. Jahrhundert. In dieser Zeit waren ihre Dienste als Unterhalterinnen gefragt und erschwinglich. Auch waren sie Trendsetterinnen der Mode. Nach der sogenannten Meiji-Restauration änderte sich ihre Rolle zu Bewahrerinnen der traditionellen Künste.
(Quelle: Wikipedia)
Um nun also die Gunst möglichst vieler dieser sieben Frauen der Künste zu gewinnen, spielen wir nacheinander unsere Handkarten aus. Die Karten sind farblich den sieben Geishas zugeordnet. Je mehr Gunstpunkte eine Geisha bietet, desto mehr Karten mit entsprechend hohen Werten existieren. Entscheidend ist dabei folgender Mechanismus beim Karten ausspielen: Alle 21 Karten werden zunächst gemischt und eine der Karten verdeckt aus dem Spiel genommen. Dann erhält jeder Spieler 6 Handkarten. Diese spielt man jedoch nicht etwa einfach so aus, sondern nutzt für das Ausspielen die vier speziellen Aktionsplättchen. Zu Beginn eines Zuges zieht der aktive Spieler eine Karte vom Nachziehstapel, hat nun also sieben Handkarten. Nun wählt er eines seiner vier Aktionsplättchen und dreht es auf die „aktiviert“ Seite. Insgesamt stehen die folgenden Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung:
- Geheimnis: Die einfachste der vier Möglichkeiten. Der aktive Spieler wählt eine beliebige Handkarte aus und legt sie verdeckt unter den Marker. Sie wird am Ende der Runde der passenden Geisha zugeordnet und fließt in die Mehrheitenwertung ein.
- Ablage: Hier wählt der aktive Spieler zwei seiner Handkarten und legt sie verdeckt unter den Marker. Diese Karten werden in dieser Runde nicht in die Wertung mit einfließen.
- Angebot: Hier wird es komplizierter. Der Spieler, der diese Aktion nutzt, wählt drei Handkarten aus und legt sie offen in die Mitte des Spielfeldes. Nun sucht der Gegner sich eine der drei Karten aus und ordnet sie der entsprechenden Geisha zu. Die anderen beiden Karten legt der aktive Spieler an. Diese Karten fließen also in die Wertung der Runde mit ein.
- Tausch: Bei dieser Aktion wählt der aktive Spieler vier Handkarten aus und legt sie in paarweise in die Spielfeldmitte. Nun wählt der Gegner eines der beiden Paare und legt es auf seiner Seite an die entsprechenden Geishas an. Der aktive Spieler wählt das verbliebene Paar und legt es ebenfalls entsprechend an.
Haben beide Spieler jeweils ihre vier Aktionen ausgeführt, folgt die Wertung. Zunächst werden noch die beiden Geheimniskarten enthüllt und den entsprechenden Geishas zugeordnet. Nun wird geschaut, ob es bei einer der sieben Geishas eine Kartenmehrheit gibt. Wenn ja, gewinnt der Spieler mit der Kartenmehrheit die Gunst dieser Geisha für diesen Augenblick. Die Gunstplättchen kann man auch während der laufenden Runde schon entsprechend hin- und herschieben, so hat man immer einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Dinge.
Das Spiel endet sofort, sobald ein Spieler am Ende einer Runde die Gunst von mindestens 4 Geishas erlangt oder mehr als 11 Gunstpunkte von Geishas (das sind die Zahlen oben rechts auf den Geisha-Karten) gesammelt hat. Ist keine der beiden Bedingungen erreicht, beginnt das Spiel von vorne und es wird eine weitere Runde nach dem oben beschriebenen Schema gespielt. Wichtig: Die Gunstmarker bleiben so liegen wie sie am Ende der Runde lagen. Spätestens nach drei Runden endet Spiel jedoch und es gewinnt dann der Spieler mit den meisten Gunstpunkten.
Was uns an Hanmikoji gefallen hat
Es ist der Klassiker: Man erwartet wenig und wird überrumpelt. So ging es uns mit Hanamikoji. Geishas, Japan, Gunst erringen. Das klang sehr abgedroschen. Aber am Ende waren wir von dem Spiel als solches sehr angetan. Es macht einfach vieles richtig.
Das Geheimnis haben beide schon genutzt…
Auch wenn man sich beim Lesen der Spielregel zunächst wundert, warum das spannend sein soll, wenn jeder Spieler dieselben vier Aktionen ausführt, so spielt die Reihenfolge der Aktionen eine wichtige Rolle. Zudem muss man wirklich knackige Entscheidungen treffen. Welche Karte soll weg bzw. kann ich mir erlauben abzugeben? Welche Karte könnte mein Gegner in der Geheimnisaktion verdeckt abgelegt haben? Und so weiter. Man startet mit vielen Unbekannten, die ersten Karten enthüllen dann einen Hauch von Strategie. So geht es weiter und man kann durch die eigene Kartenhand und die Auslage schon einiges an Rückschlüssen ziehen. Und dann beginnt das Taktieren.
Die erste Runde holpert noch ein wenig, aber schon in der zweiten Runde läuft es flüssig. Hat man die vier Aktionen erst mal halbwegs verinnerlicht, ist es das reinste Kinderspiel. Aber Vorsicht! Hanamikoji mag einfach erscheinen, hat es aber gehörig in sich. Es ist schon das zweite Spiel in der letzten Zeit, das seinen Duell-Charakter erst sehr langsam offenbart (hier das andere…) und zart entfaltet. Wenn beide Spieler erst mal richtig in Fahrt sind, entwickelt sich Hanmikoji zum Psychoduell um die Gunst der Geishas.
Materialseitig ist alles in Ordnung, denn es ist ja nicht viel dabei außer einem Satz großer Karten und paar Pappstanzteilen. Und mehr braucht es auch nicht, um ein großartiges Spiel zu erschaffen. Das ist etwas, was mich mich immer wieder erstaunt, mit wie wenig gute Spiele auskommen können.
Hanamikoji ist außerdem das perfekte Reisespiel: Ein paar wenige Karten und Pappmarker, die man auch platzsparend in einen Druckverschlussbeutel packen kann. Ein relativ geringer Platzbedarf, der jeden Bistrotisch in Paris in eine japanische Welt versetzen kann. Und schlussendlich eine übersichtliche Regel, die, wenn erst mal verinnerlicht, getrost zu Hause gelassen werden kann.
Was uns an Hanamikoji nicht gefallen hat
Ich muss zugeben – und man konnte es oben schon zwischen den Zeilen lesen – das Thema ist nicht meins. So gut das Spiel ist, so sehr hat mich das Thema stets abgeschreckt. Ich mag es einfach nicht – Punkt. Nichtsdestotrotz mag ich das Spiel. Es ist eine ambivalente Beziehung, die wir haben – das Thema und ich. Wenn ich einen Wunsch äußern dürfte, dann würde ich mir Hanamikoji in einem alternativen Setting wünschen. Bspw. in einer verdorbenen und korrupten Stadt, in der zwei Mafia-Clans um die Gunst einflussreichsten Frauen und Männer (Stadträtin, Richter, Polizeichef etc.) ringen. Eine solche Umsetzung wäre meines Erachtens problemlos möglich, denn das Thema ist schlussendlich komplett egal bei Hanamikoji. Das Spiel lebt allein von der Mechanik und mich würde ein anderes Thema vielleicht noch mehr ins Spiel ziehen. Mit Geishas erreicht man aber vielleicht ein größeres Publikum…
Die Ikonografie der Aktionsmarker ist leider nicht ganz selbsterklärend. Da hätte ich mir mehr Eindeutigkeit gewünscht. In der ersten Partie wirft man also immer mal wieder einen Blick in das kleine Anleitungsheft. Kein ernsthaftes Problem allerdings, denn nach wenigen Partien ist eh alles in Fleisch und Blut übergegangen.
Die Geishakarten wollen einfach nicht in das Inlay passen…
Und wieder mal eine kleine, aber immer wieder ärgerliche Kleinigkeit. Die Geisha-Karten sind zwar schön groß und bunt, passen aber überhaupt nicht in das Inlay hinein. Hier hätte man sich entweder mehr Gedanken machen müssen oder eine andere Kartengröße wählen sollen. So passen die Karten weder hinein noch glatt obendrauf.
Fazit zu Hanamikoji
Hanamikoji ist für mich der Überraschungsgast in meinem Spieleregal. Es ist absolut faszinierend und intensiv. Erst noch skeptisch und unsicher, findet man dann doch recht schnell in das Spiel und verliert sich in dem japanisch angehauchten Kartenduell. Die Entscheidungen vor die man gestellt wird sind teilweise wirklich schwierig und am Ende liegt die entscheidende Karte vielleicht doch unter dem „Geheimnis-Marker“.
Vielen Dank an Kosmos fürderhin Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
Ich finde die Ikonografie sehr einleuchtend, binnansonsten gleichee Meinung. Ein minimalistisches Spiel mit simplen Regeln und dennoch jedesmal spannend.