November 10th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 5 Minuten

Wie bereits im Interview mit ode. angekündigt, folgt nun noch die Rezension zu seinem neuen kleinen Spiel La Granja – No Siesta!.
Die zwei ersten Bilder zeigen den Prototypen in der Entwicklung und wurden von ode. zur Verfügung gestellt. Am Ende dann das fertige Spiel, aufgenommen von mir.


Mit La Granja konnte Andreas Odendahl (aka ode.) einen Achtungserfolg bei Vielspielern landen. Das Spiel mit dem Würfelmechanismus kam bei Vielspielern gut an und wurde 2015 in Portugal zum Spiel des Jahres gewählt. Der Würfelmechanismus war es dann wohl auch, der ode. dazu veranlasst hat, das Spiel vereinfachen zu wollen und den Mechanismus mit dem Würfel als zentrales Element zu erhalten. Ob dieses Unterfangen gelungen ist, galt es herauszufinden. Und wo kann man das am besten? Genau! Auf Mallorca.

 

Wie es gespielt wird

Bei No Siesta dreht sich alles um die Würfel. Pro Spieler werden zwei Würfel in den Pool gelegt und dann noch einer dazu oder mathematisch ausgedrückt: Anzahl Würfel = Anzahl Spieler x 2 + 1. Diese Würfel werden dann vom Startspieler gewürfelt und jeder Spieler wählt sich reihum einen Würfel aus. Das Ergebnis trägt jeder Spieler auf seiner Ertragsleiste mittels Holzscheiben ab, von denen er am Anfang vier besitzt. Die verbleibenden Würfel werden erneut gewürfelt, jeder Spieler wählt wieder einen Würfel aus und trägt ihn auf der Ertragsleiste ab. Dann wird der letzte Würfel gewürfelt, dieser gilt dann für alle Spieler zugleich. Mit den so auf der Ertragsleiste abgetragenen Gütern kann man dann unterschiedliche Bereiche seines Hofes vervollständigen. Dazu hat jeder Spieler vor sich ein Blatt mit einem aufgedruckten Hof liegen. Auf diesem kreuzt er die entsprechenden Güter dann mittels eines kleinen beiliegenden Bleistiftes (ich muss immer an ein gewisses schwedisches Möbelhaus denken) an.

Zunächst aber noch ein Blick auf die möglichen Güter, die man mittels der ausgewählten Würfel bekommen kann.

  • Oliven, Getreide, Weintrauben: Dies sind die sogenannten Erntegüter, die man insbesondere für die Martkarren und den Fernhandel verwenden möchte. Zusätzlich kann man Erntegüter in einer Lagehalle sammeln oder zum Anwerben von Helfern verwenden.
  • Münzen: Diese benötigt man vor allem für die Dachschindeln des Schuppens
  • Schwein und Esel: Diese benötigt man ähnlich der Erntegüter für die Marktkarren, den Fernhandel, das Anwerben der Helfern und kann auch diese in einem Stall ansammeln.
  • Siesta-Hüte: Diese braucht man ebenfalls für Marktkarren und Helfer, aber auch für die im Spiel nicht ganz unwichtige Siestaskala. Was diese soll und warum sie wichtig ist, werden wir später noch sehen.

Ist die oben beschriebene Würfelphase abgeschlossen, werden die auf der Ertragsleiste liegenden Plättchen für das Komplettieren der unterschiedlichen Bereiche des eigenen Hofes verbraucht. Nutzt man bspw. eine Münze für eine Schindel des Schuppens (diese müssen von links (zwei Münzen je Schindel) nach rechts (vier Münzen je Schindel) abgearbeitet werden) so nimmt man die Scheibe von der Ertragsleiste und kreuzt das erste Münzfeld der ersten Schindel an. So ähnlich geht das auch mit den anderen Bereichen vor sich. Bei den Marktkarren müssen die Waren ebenfalls von links nach rechts “aufgeladen” werden, wohingegen man beim Anheuern der Arbeiter, der Lagerhalle und dem Stall keinerlei Beschränkungen unterliegt. Besonders ist noch der Fernhandel, bei dem man drei mal die gleiche Ware in einem Zug abliefern muss – also bspw. drei Mal Weintrauben. Die unterschiedlichen Bereiche liefern bei Komplettierung nicht nur Siegpunkte, sondern erlauben es auch, Modifikationen vorzunehmen bzw. mehr Siegpunkte zu bekommen.

    • Schindeln auf dem Schuppen liefern interessante Einmalvorteile wie bspw. Erntegüter oder Tiere, die man dann zu einem beliebigen Zeitpunkt in einem seiner Züge einlösen kann. So lässt sich bspw. ein Fernhandel relativ leicht erledigen, denn es gibt bspw. auch Schindeln, die zwei Erntegüter liefern. Da man die Schindeln verdeckt zieht, kommt es hier ein wenig auf Glück an. Schlussendlich liefern die teureren Schindeln dann noch mehr Siegpunkte als die günstigeren.

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  • Arbeiter liefern ähnlich wie die Schindeln ebenfalls Vorteile, allerdings sind diese dauerhafter Natur und nur einmal in jeder Runde einsetzbar. Zusätzlich liefern die teureren Arbeiter dann ebenfalls Siegpunkte.
  • Marktkarren, die komplettiert sind und ausreichend Esel vorgespannt haben, liefern sog. Handelswaren, die sich als Joker einsetzen lassen und die Besonderheit besitzen, dass man genau eine Handelsware in die nächste Runde mitnehmen kann. Weiterhin darf ein Spieler nach der Komplettierung eines Marktkarrens eine seiner vier Ertragsscheiben “opfern” und am Markt von Esporles als Bonusmarker hinterlassen. Diese fehlt einem dann zunächst im eigenen Vorrat der Ertragsscheiben, liefert aber am Ende wertvolle Zusatzpunkte, bspw. einen Punkt je Dachschindel, je angeheuertem Arbeiter, je ausgeführtem Fernhandel usw. Außerdem ist die Anzahl der Scheiben je Punktekategorie begrenzt (auf eine weniger als Mitspieler dabei sind), so dürfen in einer 3-Spieler-Partie nur zwei Mitspieler ein und dieselbe Kategorie besetzen.
  •  Jeder ausgeführte Fernhandel liefert  eine Handelsware und am Ende zwei Punkte, nicht mehr und nicht weniger.
  • Füllt man Lagerhalle oder Stall mit Erntegütern und Tieren, so bekommt man am Ende je Satz Erntegüter und je Satz Tiere einen Punkt.

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Interessant wird es bei den Hüten. Nicht “verbrauchte” Hüte führen zu einem Vorrücken auf der Siestaskala, die zwölf Felder umfasst. Je Schritt auf der Leiste gibt es am Ende einen Punkt und an bestimmten Punkten auf der Leiste erhält man zusätzliche Ertragsscheiben aus einem allgemeinen Vorrat. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn man bereits Ertragsscheiben auf dem Markt von Esporles eingesetzt hat. Weiterhin löst das Erreichen des letzten Feldes der Siestaskala durch einen der Spieler das Ende des Spiels aus.

 

Was uns gefallen hat

Die Mechanik des Spiels mit den Würfeln ist für Spieler, die die moderneren Würfelspiele kennen, eingängig, andere brauchen einen kurzen Augenblick das Geschehen auf dem Spieltisch komplett zu erfassen. Spätestens nach zwei, drei Runden ist aber allen klar wie der Hase der Esel läuft.

Das Wettrennen um das Erfüllen der einzelnen Bereiche und das Taktieren um die Zusatzpunkte in Esporles machen das Spiel insbesondere nach ein paar Partien extrem spannend. Zusätzlich kann man die Mitspieler unter Druck setzen, indem man seine Scheibe auf der Siestaskala nach oben treibt und so auf viele Punkte in diesem Bereich spielt und gleichzeitig das Ende des Spiels auszulösen droht. Diese Mechanik, die zunächst etwas versteckt daherkommt, ist tatsächlich sehr spannend und bei uns auch erst nach ein paar Partien richtig zur Geltung gekommen. Schön ist auch, dass der Glücksanteil mit fortschreitendem Spiel immer weiter sinkt, weil Arbeiter und Schindeln sowie Handelswaren ein Optimieren der Würfelergebnisse erlauben.

Gut gefällt auch die Solovariante, die natürlich wie die meisten anderen Solovarianten auch “nur” eine Highscore-Jagd ist – aber die macht höllisch Spaß!

Die Ausstattung ist dem Preis mehr als angemessen und man bekommt ein vollwertiges kleines und sehr transportables Spiel.

 

Was uns nicht gefallen hat

Ungeübten Spielern – und an diese richtet sich das Spiel ja in erster Linie auch – könnte es etwas schwer fallen die Regeln auf Anhieb zu erfassen, denn für ein Würfelspiel ist hier schon eine Menge los. Hier hat die Edition Spielwiese bei Cottage Garden einen neuen Standard gesetzt mit einem tollen kleinen Erklärvideo. Das würde bei No Siesta sicherlich auch helfen, dass sich ungeübte Spieler schneller zurecht finden. Auch wenn die Seiten des Abreißblocks mit den aufgedruckten Höfen beidseitig bedruckt sind, mache ich mir schon Gedanken über Nachschub. Diesen wird man hoffentlich beim Verlag bekommen – aber noch sind genügend Höfe zu bestellen…

Bemängelt werden könnte auch, dass die Würfel nicht bedruckt sind, sondern noch selbst beklebt werden müssen. Uns hat es nicht gestört, zumal die Anzahl der Würfel mit insgesamt neun Würfeln noch überschaubar ist.

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Fazit

Wir hatten eine Menge Spaß mit dem La Granja Würfelspiel. Es empfiehlt sich für Vielspieler als transportable Alternative zum großen La Granja oder einfach als schöner Opener oder als Abschluss eines Spieleabends. Insbesondere eignet sich das Spiel auch für Gelegenheitsspieler, da es vom Spielgeschehen sehr übersichtlich ist und einfach ziemlich flott vorwärts geht. Außerdem mag ich Spiele, die man an einem Abend dreimal hintereinander spielen kann.

Für uns hat sich die Anschaffung schon gelohnt. Und das Spiel thematisch passend auf Mallorca zu spielen hat uns besonders gut gefallen.

 

Quellen

Boardgamegeek-Seite

Verlagsseite

Interview mit ode.

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November 2nd, 2016 by Dirk
Lesezeit: 7 Minuten

Andreas Odendahl ist Vielspielern seit La Granja ein Begriff. Unter seinem Synonym ode. findet man nun mittlerweile drei veröffentlichte Spiele, denn neben der Würfelvariante zu La Granja hat er mit Michael Keller zusammen auch an Solarius Mission mitgearbeitet. Für den Würfelmagier SpieleBlog gibt er ein paar interessante Einblicke in den Alltag eines Spielautors und einen kleinen Ausblick auf kommende Projekte.

Die Bilder zeigen unterschiedliche Stadien der Prototypen von No Siesta! und wurden uns von ode. zur Verfügung gestellt.

Eine Rezension zum Würfelspiel folgt dann auch in Kürze hier im Blog.

Viel Spaß beim Lesen.


Spieleautoren erscheinen vielen Außenstehenden – ähnlich wie Buchautoren – als kreative Köpfe mit einem kleinen Spleen. Wie bist du eigentlich zum Spieleautor geworden und wie muss man sich das Leben eines Spieleautors so vorstellen?

Angefangen mich mit eigenen Spielideen zu beschäftigen habe ich in der Phase, in der ich anfing Solitär- Varianten von Spielen zu spielen. Mein Job bringt es mit sich, dass ich lange Schichten am Stück arbeite. Das bedeutet, dass ich auch vergleichsweise lange Freizeit am Stück habe. Und meist zu einer Tageszeit, zu der andere Menschen arbeiten. Also brauchte es für meinen Spielspaß Solo-Spiele. Das hat mit meinem damaligen Lieblingsspiel Agricola angefangen. Die Spiele von Uwe Rosenberg haben ja alle eine Solovariante. Vor der Veröffentlichung von Vor den Toren von Loyang habe ich dann Uwe persönlich kennengelernt und mich mit ihm angefreundet. Die Solovariante von Loyang habe ich dann schon für H@ll Games getestet. So in etwa in dem Zeitraum habe ich angefangen die ersten eigenen Ideen zu entwickeln und zu basteln.

Mein Leben muss man sich wahrscheinlich nicht so viel anders vorstellen als das von vielen anderen Spieleverrückten. Mit der Ausnahme, dass ich meine Freizeit am Stück nutzen konnte, um mich hinzusetzen und wirklich auch mal diese ganzen Ideen zu basteln. Im Bezug auf Spielverhalten ist es wohl so, dass der Arbeit an den eigenen Spielen einiges untergeordnet werden muss. Sehr selten spiele ich mit anderen Menschen noch „fertige“ Spiele. Das tue ich fast ausschließlich mit meiner Frau. Zum Glück habe ich einige Runden von befreundeten Spielern, zu denen ich immer wieder mit meinen Prototypen gehen kann. Hin und wieder treffe ich mich auch mit befreundeten Autoren.
Ansonsten muss ich mittlerweile feststellen, dass die Arbeit an eigenen Spielen meine Sichtweise auf Spiele grundsätzlich verändert hat. Ich bin sehr viel kritischer geworden. Das intensive Auseinandersetzen mit dem eigenen Spielegeschmack, dem die eigenen Spiele ja entsprechen sollen, hat auch zur Folge, dass man sehr genau weiß, was man nicht so gern mag. Und Spiele, die diesen Vorstellungen widersprechen, müssen leider oft meine Kritik ertragen. Durch Gespräche mit anderen Autoren weiß ich aber, dass ich da nicht alleine bin.

Leider schaffen es bekanntlich nur sehr wenige Spieleautoren, ausschließlich von ihren veröffentlichten Spielen zu leben. Wie verdienst du sonst deine Brötchen?

Ich bin persönlicher Assistent eines querschnittsgelähmten Rollstuhlfahrers. Der Verein bei dem ich angestellt bin, hat sich auf die Fahnen geschrieben, dabei zu helfen, dass behinderte und alte Menschen selbstbestimmt leben können. Das bedeutet, dass ich diesem Rollstuhlfahrer in allen Lebenslagen und bei allen Tätigkeiten assistiere. Ich bin quasi Ersatz für Hand und Fuß.

Ich finde vor allem den Prozess der Entwicklung bei einem Spiel interessant. Wie entwickelt sich ein Spiel an dem du arbeitest? Startest du mit Thema oder Mechanismus?

Grundsätzlich bin ich eher auf der Mechanik-Seite zu Hause. Aber ich finde es wichtig, dass in der Entwicklung des Spiels Mechanik und Thema Hand in Hand gehen. Wenn das Thema früh fest steht, kann man im Entwicklungsprozess und bei Änderungen auf dieses Thema Bezug nehmen. In meiner Hoffnung merkt man das dann am fertigen Spiel, wenn man diese Änderungen dann im Themensinne macht. Bei einigen Ideen ist es aber auch andersherum. Ich kenne schon das Thema dieser Spiele, bin mir aber noch nicht sicher, welche Mechaniken ich dafür verwenden will. Wenn ich etwas passendes gefunden habe, geht es dann auch meist schnell voran, weil sich vieles dann von selbst ergibt.

Bei mir ist es oft so, dass ich mich gern von anderen Spielen inspirieren lasse. Dadurch, dass ich andere Spiele spiele und mich von deren Mechaniken faszinieren lasse, kommen mir in bestimmten Situationen Ideen, dies oder jenes irgendwann mal in einem eigenen Spiel aufzugreifen und auf meine Art zu verändern. Ein schönes Beispiel sind die multifunktionalen Karten aus La Granja. Als ich Ruhm für Rom spielte, war ich total fasziniert von der Idee eine einzige Karte so vielseitig zu verwenden. Ruhm für Rom gefiel mir als Spiel aber so gar nicht in dieser ersten Partie. Nur die Kartenidee hatte mich fasziniert. Der Grundgedanke war, diese Karten mal in einem Spiel zu verwenden, welches meinem Spielegeschmack näher kommt. Jahre später habe ich Ruhm für Rom ein paar Mal öfters gespielt und auch gemerkt, dass mir das Spiel doch sehr gut gefällt. Nur nach der ersten Partie nicht. Es hat er später gefunkt. Aber ich bin immer noch kein Fan davon, die Karten, wenn sie einmal am Tableau liegen, wieder umzustecken. Von unten nach rechts oder links wie man es bei Ruhm für Rom macht. Das gibt es in La Granja daher nicht. Aber auch das ist eine Lektion, die ich erst beim Entwickeln von La Granja gelernt habe. Das genau dies mir nicht gefällt. Das Umstecken gab es nämlich zu einem frühen Zeitpunkt des Spiels auch dort. Irgendwann war mir dann klar, dass ich das eben nicht so haben will. Und auf diese Weise verändern sich die Elemente, von denen man sich inspirieren lässt, dann im Laufe einer Entwicklung.

Würfel als Element im Spiel scheinen dich besonders zu reizen und sie finden sich in allen deiner Spiele als zentrales Element. Was ist an Würfeln für dich so interessant?

Zuallererst ist es wohl das Spielkind in mir, das Würfel so speziell mag. Es macht mir einfach Freude, Würfel zu werfen. Ein sehr haptisches Erlebnis. Sie liegen mal gut, mal schlecht in der Hand, klackern laut über den Tisch. Zu Beginn meiner eingehenderen Beschäftigung mit komplexeren Spielen war ich eigentlich Würfelgegner. Zufall war verpöhnt. Diese Einstellung zu Würfeln hat kürzlich Edward Uhler vom Heavy Cardboard-Podcast zum Besten gegeben: „Wir alle erfreuen uns hin und wieder an Würfeln. Speziell Würfel, die man nicht würfelt.“ Doch das hat sich bei mir geändert. Mittlerweile faszinieren mich Zufallselemente in Spielen. Zufall kann in stärkerer oder schwächerer Ausprägung vorkommen. Es kommt eben immer darauf an, wie er verwendet wird. Zufall sorgt meist für Emotionen. Mich interessieren aber auch „andere“ Anwendungen von Würfeln als die klassischen. Würfel sind vielfältig einsetzbar. Können auch mal etwas anderes zeigen als nur Augen oder Zahlenwerte. Man kann sie mit mehreren Hilfsmitteln manipulieren. Kann den Spielern Werkzeuge an die Hand zu geben den Zufall entweder zu akzeptieren oder ihn zu formen. Interessant an den Würfeln ist für mich außerdem, dass sie eben Zufälle in Spiele bringen. Zufälle sind in meinen Augen das Salz in der Spielesuppe. Denn etwas aus einer zufällig gezogenen Kartenhand oder eben aus einem Würfelwurf das Beste zu machen, ist eine schöne Aufgabe für Spieler. Zudem sorgen Zufälle für unterschiedliche Spielverläufe. Aber: Zufälle müssen auch an den Charakter eines Spiels angepasst werden. Es gibt auch zu viel Zufall.

Nach dem Schreiben und Entwickeln folgen ja dann irgendwann die Tests. Wie viel testest du vorher schon selber und wie viel ergibt sich erst in den Testrunden?

Der Testaufwand ist unterschiedlich – je nach Spiel. No Siesta habe ich weit weniger getestet als La Granja. Es war aber auch viel weniger Aufwand nötig, weil das Spiel eben nicht so komplex ist. Bei La Granja habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich größere Änderungen auch vielschichtiger Auswirken. Man dreht eine kleine Schraube und kann kaum ahnen, was sich alles im Gesamtkonstrukt ändert. Daher habe ich immer sehr, sehr kleine Änderungen gemacht. Oder größere Änderungen von Testspiel zu Testspiel in kleineren Dosen umgesetzt.

Selber teste ich meist so lange, bis ich den Eindruck habe, dass ich ein Konstrukt habe, dass ich anderen Menschen zumuten kann. Ich hab den Anspruch, dass ich mich so gut wie es geht auf Tests vorbereite. Die Tester wenden viel Zeit und Arbeit auf, um mir den Gefallen zu tun und meine Spiele zu testen. Da versuche ich zumindest ihnen keinen fehlerhaften Krempel vorzusetzen. Dabei rede ich noch nicht über Spielbalance. Aber ein funktionierendes Konstrukt ist eben die Voraussetzung für einen frustfreien Testabend. Wenn mir die Tester aufzeigen können, dass mein Spiel nicht funktioniert, dann habe ich zu früh angefangen mich in die Testrunden zu wagen.

Die ersten Testrunden sind wichtig. Ich merke dann, was noch nicht so gut und was schon recht gut funktioniert. Oft ist dann auch schon abzusehen, wo der Spielreiz einzuordnen ist. Wenn man so allein zu Hause sitzt und vor sich her brütet, dann ist man in der eigenen „Denke“ gefangen. Stellt man sein Spiel anderen Menschen vor, wundert man sich oft, auf was für Ideen die kommen? Sachen, die man nie bedacht hat. Ist schon erstaunlich. Das beweist mir auch immer wieder, dass ich meine eigene Meinung nicht zu hoch hängen sollte. Wenn man in die weite Welt hinaus geht und meint, man habe da ein ganz tolles Spiel im Säckel, dann kommen die Tester und machen Sachen, die man nie geplant hat. Finden Regellücken, Endlosschleifen… Das erdet. Und hilft natürlich über die Maße!

Deine Spiele entwickelst du mit Michael Keller gemeinsam. Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen dir und Michael Keller ab?

Mike wohnt ja in der Schweiz, ich selber im hohen Norden von Nordrhein-Westfalen. Sich mal eben zum Testen zu treffen geht nicht. Daher kommunizieren wir über alle Arten von modernen Wegen: Chat, E-Mail, Videokonferenz, Telefon. Das ist nicht immer ganz einfach, eben weil man sich nicht kurz treffen kann, um Differenzen zu klären. Dabei meine ich, dass man sich mit dem Spiel hinsetzen kann und die zu diskutierenden Punkte besprechen. Es gibt nur wenige Situationen im Jahr, wo wir uns auch mal wirklich treffen und auch mal Zeit haben gemeinsam am Tisch zu sitzen.

Ansonsten haben wir gute eine Arbeitsteilung gefunden. Mike ist ein sehr kreativer Typ und hat viele Ideen. Meine Aufgabe ist eher, diese Ideen dann in ein funktionierendes Spiel einzubauen. Das geht dann in etwa so, dass Mike mir seine Idee erzählt, ich dann darüber nachdenke und die Idee dann vielleicht auch noch abwandele, um sie, zum Spiel passend, einzubauen – oder auch mal zu verwerfen, was für Mike dann auch mal hart sein kann. Aber habe ich die Ideen dann eingebaut, entstehen oft neue Ideen daraus und so steigern wir uns hin und her.

Du bist bei Uwe Rosenbergs Ein Fest für Odin besonders bedacht worden, da du den Prämien-Mechanismus beigesteuert hast. Wie kann man sich den Austausch unter den Autoren so vorstellen? Gibt es eine Konkurrenzsituation oder läuft das alles freundschaftlich ab?

Aus meiner persönlichen Erfahrung ist es ein sehr freundschaftlicher Austausch und auch eine offene Zusammenarbeit. Man hilft sich. Man lernt von den anderen Autoren und wird dadurch immer besser. Ich habe ja schon gesagt, dass ich mich auch gern inspirieren lasse von dem, was andere Autoren so für Ideen haben, die mich begeistern. Wichtig ist dabei, dass man nicht klaut, sondern etwas Eigenes daraus macht und, dass man es nicht unerwähnt lässt. Das habe ich von Uwe gelernt, den ich, neben Ralph Bruhn von H@ll Games, für eine Zeit lang durchaus als eine Art Lehrmeister betrachten würde. Er hat mich mit offenen Armen an seiner Weisheit teilhaben lassen und mir viele Lektionen in Sachen Spieldesign gegeben. Wenn ich nun einen kleinen Teil zu einem seiner Spiele beitragen konnte, dann freut mich das sehr. Es ist Uwes Art dies in seinen Spielregeln auch zu erwähnen. Und das ist etwas, was ich sehr gut finde und daher auch übernommen habe.

Du hast mit La Granja ein viel gelobtes Spiel abgeliefert. Nun sind Solarius Mission und ¡No Siesta! (die Würfel-Variante von La Granja) erschienen. Was dürfen wir in Zukunft erwarten? Vielleicht „No Robots“ als Würfelvariante von Solarius Mission?

Auf der Spielemesse in Essen habe ich den Vertrag für mein nächstes Spiel unterschrieben. Daher wird es erst mal weiter gehen. Allerdings hat das noch Zeit. Das Spiel kommt, je nach Entwicklungsdauer, entweder 2017 oder 2018. Eine Würfel-Variante zu Solarius Mission werde ich sicherlich nicht machen. Solarius Mission ist Mikes Spiel, bei dem ich ihm geholfen habe die Entwicklung fortzuführen und abzuschließen. Daher wäre es Mikes Aufgabe hier ein Würfelspiel zu machen. Aber ich feile weiterhin an meinen Projekten und derzeit bin ich zuversichtlich, dass davon noch einige veröffentlicht werden. Aber vorhersagen kann man das nie.

Danke für die Bereitschaft mir die Fragen zu beantworten.

Danke auch an dich für die Anfrage! Hat Spaß gemacht! Viel Erfolg mit deinem Blog!

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Oktober 3rd, 2016 by Dirk
Lesezeit: 4 Minuten

Kleines Update

Nach Veröffentlichung des Artikels ist Christoph von Escape-Game.org an mich herangetreten und hat mich auf ihr Angebot aufmerksam gemacht. Ich finde das Angebot super, da man über die Webseite einen durchsuchbaren Guide zu Escape Rooms in Deutschland erhält und auch ein paar Infos zu den einzelnen Räumen veröffentlicht werden. Leider fehlt noch eine Umkreissuche, aber unten auf der Seite findet man eine Liste mit den Städten, die in der Datenbank sind.

Das Angebot findet ihr unter www.Escape-Game.org Schaut euch doch mal um und findet einen Escape Room in eurer Nähe…


Zwei Trends lassen sich aktuell unter urbanen Menschen feststellen: Man jagt virtuelle Zauberwesen und versucht zu entkommen. Letzterer Trend begann vor gar nicht allzu langer Zeit mit den überall wie Pilze aus dem Boden schießenden Escape-Rooms. Hier wurden Räumlichkeiten angemietet und entsprechend ausgestattet, damit man, nachdem man hineingeleitet wurde, dieser Räumlichkeit durch das Lösen zahlreicher Rätsel wieder entkommen kann. Man fühlt sich an Filme wie Saw oder Cube erinnert. Aber nicht jeder kann aufgrund seiner individuellen lokalen Gegebenheiten an dem Spaß des Entkommens teilhaben, denn ähnlich wie bei den Pokemons finden sich die meisten Escape-Rooms in Großstädten. Da schaut die ländliche Bevölkerung (man ist geneigt “schon wieder” zu sagen) in die Röhre. Und da man ja in der Vergangenheit bereits erfolgreich Gesellschaftsspiele basierend auf Gameshows entwickelt hat (bspw. Schlag den Raab oder Wer wird Millionär?) liegt es doch nur nahe auch den Trend zu Escape-Rooms im Gesellschaftsspiel aufzugreifen. Denn auch bei den Gameshows wollte jeder mitmachen (“Das was der kann/weiß, kann/weiß ich auch!”), aber nur wenige kamen zum Zuge. Also brachte man die Gameshows in die Häuser und Wohnungen der potenziellen Teilnehmer. Und jetzt also die Escape-Rooms…

Und so begibt es sich, dass bei der  diesjährigen Spielemesse in Essen das Escape- bzw. Exit-Spiel bei zahlreichen Verlagen im Fokus steht. Bei manchem gibt es sogar eigene Räume, in denen man das Escape-Spiel spielen kann – welch Euphemismus.

Woran liegt aber der Reiz in die Räume zu gehen, aus denen es kein einfaches Entkommen gibt? Natürlich kann man nur spekulieren, aber mein Gefühl sagt mir, das es sich ähnlich verhält wie mit dem täglichen Mittagessen in der Kantine des Großkonzerns. Ein gewiefter Mensch schrieb einst, dass die Menschen sich bereits so gerne morgens mit dem täglichen Mittagsmahl in der Kantine beschäftigen, weil dies die einzige Entscheidung sei, die man an einem Arbeitstag wirklich selber treffen darf. Interessant in diesem Zusammenhang ist übrigens der Punkt, dass man die morgens getroffene Entscheidung gerne mittags noch mal revidiert und somit das Gefühl der eigenen Entscheidungsgewalt noch mal erhöht. Und hier liegt glaube ich auch bei den Escape- und Exit-Spielen der Hase im Pfeffer. Auch hier trifft man in einer kleinen Gruppe eine Entscheidung, wie es weitergehen soll und wie das Rätsel zu lösen ist und das unter Zeitdruck. Und dieser Kick, der einen im normalen Leben unter unfassbaren Stress setzen würde, kann im Spiel hemmungslos ausgekostet werden. Man geht vielleicht hohe Risiken ein und probiert Wege aus, die man im “real life” nie einschlagen würde. So weiß man stets: Ist ja alles nur ein Spiel. Und so gibt man sich dem Gedanken an das Lösen des Rätsels unter Zeitdruck voll und ganz hin.

Die angebotenen Spiele selber könnten unterschiedlicher kaum sein. Ich habe mir alle im Vorfeld der Spiel mal angesehen, aber leider noch keines selber spielen können. Das Ziel zu entkommen ist natürlich allen gemein, die Umsetzung jedoch nicht.

Die “Exit”-Reihe von Kosmos ist eher einfach gehalten, kartenbasiert, mit einer Decoder-Scheibe und damit ein günstiger Einstieg in den Reiz zu entkommen (UVP: 12,99 Euro), wohingegen andere Verlage richtige kleine Apparate konstruiert haben, die sie mitliefern. Diese Vertreter sind natürlich ungleich teurer, aber aus meiner Sicht auch reizvoller. Besonders interessant fand ich das Angebot von Noris (UVP: 49,99 Euro), bei dem ein Apparat mitgeliefert wird, der als Timer dient und auch gleichzeitig das Decodieren der Rätsel übernimmt. Auch wenn das Angebot von Noris zunächst vergleichsweise teuer wirkt, muss man bedenken, dass bei “Escape Room – Das Spiel” direkt vier Fälle mitgeliefert werden. Der dritte im Bunde ist die Firma Thinkfun, die in der Vergangenheit vor allem durch clevere Knobel-Spiele – bspw. das großartige Rush Hour – in Erschienung getreten ist. Auch hier bekommen wir ein Komplettpaket geliefert, allerdings enthält dieses auch nur einen Fall, ist etwas aufwändiger gestaltet als die Kosmos- Reihe und liegt damit auch preislich im Mittelfeld (20,95 Euro).

Im Übrigen gab es bereits vor ein paar ein paar Jahren ein Spiel, dass mit ähnlichen Mechanismen und Setups gespielt hat. “Escape”, erschienen bei Queen Games, hatte auch das Ziel innerhalb von zehn Minuten aus einem Tempel zu entkommen, wenn auch ohne das Lösen von Rätseln, sondern durch möglichst schnelles Würfel und rasches Erkunden des Tempels. Mitgeliefert wurde ein Soundtrack auf CD, der einen zeitlich unter Druck gesetzt hat und die Spannung erhöht hat. Nachteil war allerdings, dass man öfter mal einen kleinen Fehler gemacht hat, da alle Spieler wie wild am Würfeln und am Entdecken sind. Das ist eher Stress pur und weniger Knobelei.

Ich denke, dass dies nur der Auftakt ist für eine Vielzahl ähnlicher Spiele sein wird. Aus meiner Sicht gibt es hier noch viel Potenzial und Entwicklungsmöglichkeiten. Insbesondere die Unterstützung durch dazugehörige Apps könnte die Wirkung der Spiele noch erweitern. Dadurch hätte man auch die Möglickeit neue oder verbesserte Rätsel bereitzustellen und nur eine Art Basis-Austattung als Grundsüiel zu verkaufen. Ähnlich wurde dies bereits bei TIME Stories realisiert, wenn auch komplett offline. Vor allem glaube ich, dass die aufkommenden VR-Brillen zukünftig hier noch eine wesentliche Rolle spielen könnten. So könnte man weltweit mit Menschen vernetzt Rätsel lösen und einem Raum entkommen, der durch fotorealistische Grafiken den Eindruck erzeugt, man sei in einem echten Raum. Ich bin gespannt, was hier noch kommen wird und werde mir definitiv einen der oben genannten “klassischen” Escape-Spiele-Vertreter im Essen ansehen.

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September 22nd, 2016 by Dirk
Lesezeit: 3 Minuten

Spielen mit Kindern führt häufig zu einem Problem – insbesondere in Haushalten mit überdurchschnittlich vielen Spielen. Ab einem gewissen Alter wollen die Kinder einfach keine Kinderspiele mehr spielen. Ich taxiere dieses Alter mal auf circa 5 bis 8 Jahre – in Abhängigkeit von der Spiele-Sozialisation der kleinen Racker. Sie interessieren sich ab diesem Alter für die Spiele, die Mama und Papa spielen. Schließlich haben die ja auch die cooleren Bilder auf dem Karton – ein nicht zu unterschätzendes Kriterium für die Spieleauswahl bei den kleinen Heranwachsenden. Es stellt sich also nun die Frage, wie man diese Begierde stillen kann und welche Spiele sich dazu vielleicht sogar besonders eignen.

Zunächst mal ein paar grundsätzliche Gedanken zur Wahl des geeigneten Spiels: Klar dürfte sein, dass sehr komplexe Spiele (bspw. Russian Railroads) mit schier unendlich wirkenden Aktionsmöglichkeiten ausscheiden – auch wenn es von Agricola nun eine Familienvariante gibt, es eignet sich eher nicht so gut. Vielmehr sollte man Spiele mit einer ganz klaren Zielsetzung auswählen, die auch nicht zu weit abschweifen lässt. Sprich: Das Ziel des Spiels sollte direkt erfassbar und erreichbar sein. Aber welche Spiele eignen sich nun vor diesem Hintergrund am besten? Meiner Meinung nach gibt es hier drei Alternativen, die ich kurz beschreiben möchte.

Alternative 1: Das Spiel erfüllt diese Anforderung direkt. Ein Beispiel für diese Art Spiel ist “Cacao”. Der Auftrag und das Ziel sind klar: Sammle so viel Gold wie möglich durch geschicktes Anlegen von Dschungel-Plättchen. Hilfreich ist hierbei, dass man nur drei Plättchen zur Wahl hat und auch die Komplexität der Plättchen nicht sonderlich hoch ist. In der ersten Partie brauchen die Nachwuchsspieler noch etwas Unterstützung. Die zweite Partie läuft dann schon weitgehend alleine und man muss nur ab und an mal auf die sich bietenden Alternativen hinweisen. In der dritten Partie klappt das dann schon ganz alleine und man kann beginnen den Kindern die tieferen Mechanismen des Spiels beizubringen (“Leg das doch hier hin, damit deine Gegner den Ort nicht mehr nutzen können…”). Spätestens ab der vierten Partie (manchmal aber auch schon eher…) verliert man auch mal gegen sein Kind – natürlich ohne Absicht!
“Zug um Zug” von Alan R. Moon fällt zwar auch in diese Kategorie, aber die vielen schwer zu lesenden Städtenamen erschweren hier den Einstieg etwas und Kinder müssen auf jeden Fall einigermaßen lesen können, um es wirklich spielen zu können.

Alternative 2: Man nimmt ein komplexeres Spiel und reduziert es auf die ganz einfachen Basiselemente. Anschließend fügt man Stück für Stück wieder hinzu bis man irgendwann wieder das ganze Material des Spiels im Einsatz hat. Hierzu eignet sich auch nicht jedes Spiel, da man idealerweise überschüssiges Material aus dem Spiel entfernt, um die Kinder nicht abzulenken. Ich habe mir mal Kingdom Builder herausgesucht und entsprechend vereinfacht. Zunächst spielt man ohne die Bonusplättchen (Oase etc.) und nur mit einer einzigen Kingdom Builder-Karte. Letztere sollte dann auch noch eine der einfacheren Sorte sein, also beispielsweise der Fischer, bei dem Siedlungen am Wasser Gold bringen. Das ist einfach zu erfassen und leicht umzusetzen. Die Bauregeln für die Siedlungen (Geländekarte ziehen und drei Häuser wenn möglich angrenzend bauen) bleiben so wie sie sind – sind ja einfach genug. In den folgenden Spielen kann man dann sukzessive weitere Elemente hinzunehmen – eine zweite Kingdom Builder-Karte, erste Ortsplättchen, die dritte Kingdom Builder-Karte und so weiter. Bei allen Elementen, die man hinzunimmt, sollte man darauf achten, dass man zunächst die einfacheren der zur Verfügung stehenden Elemente wählt. Bei den Ortsplättchen haben sich die Oase, das Orakel, die Farm und der Turm bewährt. Bei den Kingdom Builder-Karten eignen sich der Fischer, die Bergleute und der Einsiedler besonders gut. Nach und nach erschließen sich die Kinder so die Welt eines komplexeren Brettspiels.

Alternative 3: Kooperative Spiele eignen sich sehr gut, um sie mit Kindern und Heranwachsenden zu spielen. Dabei hat sich vor allem Flash Point als nahezu ideal herausgestellt, verfügt es doch schon “ab Werk” über eine einfachere und eine komplexere Version. Thematisch finden vor allem Jungs Gefallen an dem Spiel und stürzen sich begeistert in die Löscharbeiten. Hierbei kann man die Kinder anleiten ohne sie zu bevormunden – schließlich wollen wir ja gemeinsam gewinnen. Und zusätzlich lernen die jungen Spieler auch mal auf den Rat eines anderen zu hören und im Team zu arbeiten.

Innerhalb dieser drei Alternativen finden sich sicherlich zahlreiche andere Spiele, die sich dazu eignen, dass die Kids endlich auch mal die Spiele von Mama und Papa mit den coolen Zeichnungen auf dem Karton spielen können. Faktisch bedeutet dies allerdings, dass man künftig keine “Babyspiele” mehr anbringen darf, die sind voll uncool! Umso besser, dass Haba sich entschieden hat, ihre Familienspiele in einem anderen Design zu veröffentlichen. Der gelbe Karton mit dem roten Schriftzug ist doch schon zu sehr mit Kinderspielen verknüpft. Marketing funktioniert halt doch… 😉

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September 14th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 4 Minuten

Scythe löste auf Kickstarter einen für ein Brettspiel bisher ungeahnten Hype aus und sammelte am Ende auf der Plattform weit über eine Million Dollar ein. Schuld daran war unter anderem das Artwork des Spiels von Jakub Rozalski und die von ihm geschaffene Welt in den 1920er Jahren mit Steampunk-Elementen. Wir haben das Spiel nun endlich auf den Tisch bekommen und möchten die ersten Eindrücke festhalten.

Wie es gespielt wird

Scythe wirkt zunächst sehr groß und kompliziert. Das hängt unter anderem an dem riesigen Spielplan (der sich in seiner extragroßen Varianten noch mal um über 30% vergrößert!) und der Tatsache, dass jeder Spieler einen Spielerplan und zusätzlich einen Fraktionsplan hat. Ersterer dient dazu Aktionen auszuführen und imageWeiterentwicklungen festzuhalten, letzterer beheimatet die Kampfroboter der Fraktion (in schönen Miniaturfiguren) sowie die Geldvorräte. Die Auswahl der Aktionen erfolgt mit einem klassischen Pöppel den man von einem Aktionsfeld zum nächsten bewegt und auf jedem bis zu zwei Aktionen auslösen kann. Dabei wird zunächst die obere Aktion ausgeführt und anschließend die untere Aktion. Die Aktionen müssen in dieser Reihenfolge ausgeführt werden, allerdings kann man auch nur die erste, nur die zweite, beide nacheinander oder auch keine der beiden Aktionen machen. Dabei gibt es die unterschiedlichsten Aktionen wie bspw. Einheiten zu bewegen, Gebäude zu bauen, Fähigkeiten zu verbessern, militärische Stärke zu steigern, Rohstoffe zu produzieren, Rohstoffe zu handeln, Mechs (a.k.a. Kampfroboter) bauen, Popularität in der Bevölkerung zu erlangen etc. Es gibt also viel zu tun in der Welt Scythe.

Jeder Spieler startet mit zwei Arbeitern und seiner Charakterfigur, die fraktionsabhängig unterschiedlich ist und jeweils durch eine toll gestaltete Miniaturfigur dargestellt wird. Zu Beginn sind die Handlungsmöglichkeiten recht eingeschränkt, da man zunächst mal Rohstoffe produzieren muss und eine erste Basis für seine Expansion schaffen muss. An dieser Stelle gleich ein kleiner Tipp: “Produziert” neue Arbeiter! Der Produktionsmechanismus ist dabei recht simpel gehalten, denn man produziert in  zwei (bzw. drei) Regionen, in denen man Arbeiter hat, die entsprechenden Rohstoffe der Region. Die Regionen produzieren somit Holz, Erz, Nahrung oder eben neue Arbeiter. Das besondere bei Scythe im Gegensatz zu vielen anderen Spielen ist, dass die produzierten Rohstoffe zunächst auf dem entsprechenden Feld auf dem Spielplan platziert werden und nicht in einem virtuellen Lager. Das erscheint irgendwie logisch und eröffnet natürlich die Möglichkeit die Rohstoffe zu erobern, indem man ein Gebiet mit vielen Rohstoffen angreift.

Ziel bei Scythe ist es, am Ende möglichst viel Geld anzuhäufen. Wird das Spielende ausgelöst, indem einer der Spieler seinen letzten Stern für eines der zu erreichenden Ziele platziert, hat, wird abgerechnet. Dabei zählen verschiedene Elemente des Spiels in Abhängigkeit der am Spielende erreichten Popularität der eigenen Fraktion. Auch hier sicherlich nichts komplett neues, aber eben neu arrangiert.

Was uns gefallen hat

Insgesamt handelt es sich um eine interessante Verknüpfung unterschiedlicher Mechanismen und einiger sehr interessanter Interpretationen bekannter Mechanismen. Es ist ein bißchen wie bei einem neuen Restaurant. Man kennt alle Zutaten der angebotenen Menüs, aber die Kombination der Zutaten und deren Zubereitung eröffnet doch wieder interessante Erlebnisse. So oder ähnlich ging es uns auch bei Scythe.

Besonders gut fanden wir, dass das Spiel sich sehr flüssig spielt. Da man seinen Aktionsauswahl-Pöppel immer auf ein anderes Feld bewegen muss, kann man im Grunde nur aus drei möglichen Feldern wählen. Klingt erst mal einfach, beinhaltet aber doch eine gewisse Komplexität. Wie so häufig geht es auch in Scythe um eine imageOptimierung des Mangels, denn man hat gefühlt immer zu wenig Rohstoffe oder Geld, um die gewünschten Aktionen durchzuführen. Zudem ist die Kombination aus oberer und unterer Aktion so gewählt, dass man eigentlich immer eher nur eines davon braucht und deshalb geschickt planen muss (ist bei mir übrigens in die Hose gegangen).

Was natürlich auch gefällt die Gestaltung der Welt. Hier muss ich wirklich sagen, dass ich selten etwas so kunstvolles im Brettspielbereich gesehen habe. Die Begegnungskarten sind derartig schön gestaltet, dass man sie sich wirklich lange und gerne betrachtet. Auch das Material macht einen überaus wertigen Eindruck. Hat man die Luxusedition mit bemalten 3D-Ressourcenmarkern und Metallmünzen gewinnt das Ganze noch mal an Gewicht. HIer muss ich wirklich sagen: Chapeau an Jamey Stegmaier und Jakub Roszalski für diese Leistung.

Über eine Solovariante mit einem Automa-Deck verfügt Scythe übrigens auch noch. Diese habe ich noch nicht getestet, eröffnet aber die Möglichkeit, die eigene Strategie zu verfeinern und neue Punkthöchststände zu erreichen.

 

Was uns nicht gefallen hat

Man könnte Scythe vorwerfen, es mache nichts neu, sondern verknüpfe nur Bestehendes und arrangiere Bewährtes. Aber sind wir mal ehrlich, genau darum geht es doch häufig. Gerade in der Kunst oder in der Musik ist dies der Motor, der ständige Veränderung und Vielfalt vorantreibt. Deshalb ist dieser Vorwurf meines Erachtens nicht gerechtfertigt. Bleibt die Preisfrage… In der Tat: 80 Euro sind eine neue Marke bei einem Spiel. Beachtet man aber die Detailarbeit, die sowohl Jamey, als auch Jakub in dieses Spiel gesteckt haben, ist es irgendwie gerechtfertigt. Sicherlich ist noch ein kleiner Hype-Aufschlag von vielleicht fünf oder zehn Euro dabei, aber auch den hat sich der clevere Marketing-Stratege Jamey Stegmaier vielleicht verdient für seine Mühen und ausgesprochen engagierte Unterstützung seiner Kunden. Am Ende muss jeder selber entscheiden, was es ihm wert. Abgezockt wird man hier meines Erachtens nicht, den andere Verlage rufen mittlerweile nahezu vergleichbare Preise auf, liefern aber deutlich schlechteres bzw. günstiger zu produzierendes Material mit.

Fazit

Scythe ist ein solides Workerplacement und Siedler-esques 3X Spiel (das vierte “X” (exterminate) kommt nicht wirklich zum Tragen) mit interessanten Mechanismen, einer fantastischen Welt mit herausragendem Art-Work und tollem Material. Aber jeder muss sich selbst fragen, inwiefern er bereit ist hierfür 80,- auszugeben. Ich mag die Optik und das Spielgefühl so sehr, dass es mir die Unterstützung der Kickstarter-Kampagne auch im Nachhinein wert war. Wir werden es sicherlich noch öfter spielen, auch wenn es mit nur vier Fraktionen, die sich nur durch ein paar Kleinigkeiten unterscheiden, nicht mit einer solchen Variabilität ausgestattet ist, wie bspw. Terra Mystica. Aber Nachscub ist ja in Form einer Erweiterung bereits in Sicht…

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September 6th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 3 Minuten

Mit “Brief&Siegel” wurde gerade die zweite Erweiterung für das Kennerspiel des Jahres 2014 “Istanbul” vorgestellt. Was sie hinzufügt und wie sich das Spiel verändert versuche ich hier kurz zusammenzufassen. Istanbul und seine Erweiterungen sind bei Pegasus Spiele erschienen und Autor ist Rüdiger Dorn.

Wie es gespielt wird

In Istanbul sind wir Kaufleute, die sich über den Basar von Istanbul bewegen und an den verschiedenen Orten Aktionen ausführen, die uns unserem Ziel näherbringen sollen – Rubine sammeln. Jeder Spieler hat einen Handkarren, mit dem er die Waren des Marktes transportiert. Diesen kann man in der Wagnerei ausbauen, um mehr Waren zu transportieren. Hat man das drei Mal getan, dann hat er seine maximale Größe erreicht und man erhält einen Bonus-Rubin. Um schlussendlich an weitere Rubine zu kommen, kann man im Palast des Sultans Waren abliefern oder Geld, welches man auf einem der beiden  Märkte verdient hat, zum Edelsteinhändler bringen. Zusätzlich kann man Bonuskarten bekommen und ausspielen, die einem kleine Vorteile verschaffen oder in den Moscheen Sonderplättchen erlangen, die gewisse Regeln des Spiels außer Kraft setzen oder einen fünften Gehilfen für den Kaufmann liefern.

Innovativ ist bei Istanbul der Mechanismus der Aktionswahl, denn man bewegt sich auf ein Ortsfeld und lässt dort einen seiner Gehilfen zurück. Von dort geht es weiter zum nächsten Ort. Um die Gehilfen wieder einzusammeln gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder muss man zurück zum Brunnen, dann kommen alle dorthin zurück und scharen sich wieder um den Kaufmann oder man sammelt sie wieder ein, indem man die Orte auf denen sich die Gehilfen befinden erneut besucht. Im Endeffekt geht also darum, sich möglichst effizient zu bewegen

 

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Der große Basar von Istanbul

Die erste Erweiterung “Mokka&Bakschisch” bringt als neue Ressource Kaffee ins Spiel. Durch den Kaffee kann man bspw. im Kaffeehaus oder in der Taverne Rubine erhalten. Zusätzlich kann man in der Taverne den Mitspielern das Leben schwer machen, indem man eine Sperre zwischen zwei Orte legt, die man nur noch selbst passieren kann. Kaffee erhält man natürlich in der Kaffeerösterei. Insgesamt gibt es hier neue Möglichkeiten an Rubine zu kommen. Durch die Gildenhalle kann man die sehr mächtigen Gildenkarten erhalten, die mächtige Vorteile bringen und deren Ausspielen deshalb auch als kompletter Spielzug zählt.

 

Die zweite Erweiterung “Brief&Siegel” fügt nun wieder neue Möglichkeiten hinzu und ermöglicht mit der Variante “Der große Basar” ein Spiel  auf 25 verschiedenen Orten. Die neuen Orte addieren wieder eine neue Möglichkeit an Rubine zu kommen. Durch Abgabe von Siegeln erhält man beim Geheimbund Rubine (quasi Informationen gegen Geld). Mit den Katakomben gibt es eine Möglichkeit sich etwas schneller über das dann große Spielfeld zu bewegen. Interessanteste Neuerung ist der Kompagnon, der sich unabhängig vom Kaufmann bewegt und ebenfalls Ortsaktionen auslösen kann – allerdings ist er langsamer als der Kaufmann mit seinem Gefolge. Der Kiosk bietet dazu die Möglichkeit schnell an kleine Boni zu gelangen und das Aktionshaus liefert zwei Bonuskarten an den Höchstbietenden.

Was uns gefallen hat

Istanbul mit beiden Erweiterungen ist nun ein wirklich großes Spiel mit ausreichend Komplexität und vielen Möglichkeiten. Schön ist dabei, dass die Spielzeit nicht ins Unendliche wächst, da man nun einfach mehr und vielfältige Möglichkeiten hat, an Rubine zu gelangen. Die DNA des Spiels – das Wettrennen auf dem Basar – verändert sich durch die Erweiterungen nicht. Der Kompagnon ermöglicht trotz sehr großem Spielfeld weiterhin kurze Wege. Das Material ist qualitativ hochwertig und die Regeln klar und mit wenig Interpretationsspielraum. Kann man Istanbul im Basisspiel noch mit Gelegenheitsspielern gut spielen, so ist es mit den beiden Erweiterungen zu einem echten Vielspielerspiel geworden, an das man Gelegenheitsspieler behutsam heranführen muss. Aus unserer Sicht ist das Spiel nun komplett und bietet auch im Fünf-Spieler-Spiel ausreichend Platz und Variation, damit unterschiedliche Strategien und Taktiken genutzt werden können. Wirklich toll und variantenreich!

Was uns nicht gefällt

Es ist wenig zu vermelden an dieser Stelle, denn Istanbul mit Erweiterungen ist weiterhin das Spiel, das es bereits im Grundspiel war. Allerdings zeigt sich im Fünf-Spieler-Spiel nun eine kleine Schwäche: Die Wartezeit zwischen den einzelnen Spielzügen  wird teilweise etwas zu lang. Vor allem gegen Ende, wenn man einen klaren Plan hat, kann dies nervig sein und die Spieldauer etwas verlängern. Trotzdem ist die Spielzeit auch zu fünft noch tragbar und bewegte sich bei uns bei etwa zwei Stunden inklusive häufiger kleinerer Regelüberprüfungen. Nach Kenntnis aller Funktionen und Regeln der neuen Erweiterung könnte es ggf. etwas schneller gehen. Generell negativ ist, dass man in der Regel schon ein paar Züge vor Ende weiß, wer gewinnen wird und man nur noch wenig Möglichkeiten hat, dies zu verhindern. Hier wünsche ich mir noch ein kleines überraschendes Element, welches vor den Mitspielern verdeckt ist. Vielleicht ja doch noch was für eine Erweiterung. 😉

Fazit

Istanbul gewinnt durch die beiden Erweiterungen erheblich an Möglichkeiten und es eröffnen sich ganz neue Strategien. Die Spielzeit wächst nur unwesentlich und nur mit fünf Mitspielern erhöht sich die Wartezeit zwischen den Zügen etwas zu sehr. Wir hatten sehr viel Spaß und gegen Ende war die Anspannung der Mitspieler deutlich spürbar. Istanbul bleibt ein großes Wettrennen auf dem Basar und das ist auch gut so!

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September 1st, 2016 by Dirk
Lesezeit: 5 Minuten

Sommerzeit ist Urlaubszeit, deshalb haben wir Grand Austria Hotel (erschienen bei Lookout) zum wiederholten Mal auf dem Tisch gelegt.

 

Wie es gespielt wird

Die erste Einschätzung vor dem ersten Spiel bestätigt sich auch im zweiten Spiel: Der Grundmechanismus und der Ablauf des Spiels sind eigentlich zunächst sehr einfach: Lade Kunden in dein Kaffeehaus ein, nimm einen Würfel von einem Aktionsfeld und führe diese Aktion aus, bediene Kunden – sofern du die passenden “Rohstoffe” (Strudel, Torte, Kaffee, Rotwein) hast – und lasse sie in dein Hotel einziehen. Soweit so gut. Wie aber bereits vermutet steckt die Tücke hier im Detail…

Durch die zahlreichen Optionen gilt es abzuwägen, welchen Kunden man in sein Hotel einlädt (in diesem Spiel entscheidet nämlich der Hotelier, wer in seinem Hotel verweilen darf), ob man eine Personalkarte ausspielt, ein neues Zimmer vorbereitet (Achtung: hier IMG_5230.JPGmuss man auf die Farbe der noch im Kaffeehaus befindlichen Gäste achten!) oder oder oder…

Und damit nicht genug: Wer möchte kann sich in der Politik engagieren und bei Erfüllen bestimmter Bedingungen bis zu 15 Punkte ergattern. Im Endeffekt handelt es sich bei den Politikkarten, die übrigens in jedem Spiel in anderer Kombination auftreten können, um so eine Art Auftrags- oder Bedingungskarten, die man auch aus anderen Spielen kennt. Wer die Bedingung zuerst erfüllt erhält 15 Punkte, der zweite zehn und der dritte noch fünf Punkte, der vierte schaut in die Röhre.

Und schließlich schaut in den Runden drei, fünf und sieben noch der österreichische Kaiser vorbei und liefert Belohnungen ab…vorausgesetzt man steht auf der Kaiserleiste hoch genug – ansonsten gibt es nix oder (bei null Punkten) sogar eine teils üble Bestrafung. Auch diese Bedingungen sind variabel und werden zu Beginn des Spiels verdeckt gezogen und ausgelegt.

Und da das auch noch nicht reicht, kann man durch geschicktes Ausbauen und Belegen des Hotelplans noch Sonderwertungen auslösen, die dann Geld, Siegpunkte oder Plätze auf der Kaiserleiste einbringen.

Mechanisch gesehen wird das Spiel von den Würfeln angetrieben. Man wirft zu Beginn der Runde eine spielerzahlabhängige Anzahl an Würfeln und ordnet sie den sechs Aktionen zu. Die Anzahl der zugeordneten Würfel zu jeder der Aktionen hat dabei Implikationen auf die Aktions-Menge, die ich bei Wahl der Aktion nutzen kann. Liegen bspw. drei Würfel auf dem Aktionsfeld “Räume vorbereiten”, kann ich bis zu drei Räume vorbereiten und entferne anschließend einen Würfel vom Aktionsfeld. Das Vorbereiten der Räume kostet dann mitunter noch mal Geld, so dass ich nicht immer die maximale Anzahl nutzen kann, aber bis zu drei sind zunächst mal möglich. Wählt der nächste Spieler ebenfalls diese Aktion liegen nun nur noch zwei Würfel dort und er kann nur noch bis zu zwei Räume für seine Gäste vorbereiten. Ein toller und eleganter Mechanismus, der einem zunächst etwas glückslastig erscheint.  Aber die Passen-Regel ist unserer Meinung nach essentiell, da sie es erlaubt auf ein bestimmtes Ergebnis hinzuwürfeln und sich nicht mit dem erstbesten Würfelwurf zufrieden zu geben. Dazu passt man und wenn alle anderen Spieler in der Runde fertig sind, darf man sämtliche verbliebenen Würfel neu würfeln, muss allerdings einen Würfel zuvor entfernen. Man kann dabei sooft passen wie man mag, bis am Ende nur noch en Würfel übrig ist. Kunden und Personalkarten sind die die nötige Sahne zum Strudel, denn sie erlauben vielfache Manipulationen und Sonderaktionen, die natürlich auch die Aktionsmöglichkeiten deutlich erweitern.

Das Zusammenspiel der Mechanismen ist meines Erachtens die wahre Leistung an diesem Spiel. Sehr einfach und elegant und dennoch komplex. Ein Leckerbissen für Vielspieler und leider etwas untergegangen. Vielleicht schafft es Grand Austria Hotel ja doch noch, die Aufmerksamkeit der Vielspieler zu erlangen. Verdient wäre es allemal…

Was uns gefallen hat

IMG_5229.JPGDer Spielablauf muss zunächst noch etwas mühsam einstudiert werden und die ersten zwei bis drei Runden tut man sich noch etwas schwer damit. Insbesondere dadurch, dass man neben der regulären Aktion auch durch die Zusatzaktionen immer noch gefühlte 1.000 Möglichkeiten hat etwas anders (und ggf. besser?) zu machen. Aber in der zweiten Partie lief es bereits ab Runde zwei richtig rund.

Sehr gut hat uns gefallen, dass das Spiel in allen Besetzungen zu funktionieren weiß und sich somit auch für Partien zu zweit sehr gut eignet. Allerdings dauert es zu viert dann auch deutlich länger.

Der Spaß kam auf jeden Fall nicht zu kurz, da man sich immer wieder über die Kundenkarten erfreuen konnte (z.B. der Maler, der drei Rotwein trinkt und nur ein Stück Strudel als Alibi dazu bestellt ;-)) oder aber hin und wieder einfach seinen Spielzug in Wiener Schmäh ausgeführt hat. Thematisch ist das Spiel stimmig und transportiert alle Tätigkeiten für unser Empfinden gut.

 

Was uns nicht gefallen hat

Aus spielerischer Sicht fehlt dem Spiel im Gesamtablauf eine gewisse Leichtigkeit bzw. Schnelligkeit, da das Warten auf die anderen Spielzüge insbesondere für den Startspieler sehr lange dauert. Bei vier Spielern machen alle anderen zunächst zwei Züge bis der Startspieler wieder dran ist. Das ist aus unserer Sicht manchmal etwas langwierig – insbesondere wenn gegen Ende der Partien Kettenreaktion durch geschickt genutztes Personal auftreten und die einzelnen Spielzüge sich entsprechend verlängern. Kurzum, die sog. Downtime ist zu viert zu hoch, zu zweit jedoch wiederum kaum vorhanden. Zudem mussten wir uns auch erst an die etwas kompliziert erscheinende “Passen”-Regel gewöhnen, die wir in der ersten Partie nahezu nie eingesetzt haben. Ein Fakt, der sich in der zweiten Partie geändert hat.

Leichte Kritik ist an der Beschaffenheit der Karten zu üben, die meiner Meinung nach für ein Spiel dieser Preisklasse zu billig wirken. Hier hätte man noch etwas mehr investieren dürfen. Ich habe sie in Kartenhüllen gesteckt, dann werden sie etwas stabiler und stoßen sich an den Ecken nicht so schnell ab. Das Spiel bietet natürlich auch ausreichend Potenzial für kleine sowie größere Ausbaumöglichkeiten (bspw. zusätzliche Kunden- und/oder Personalkarten sowie neue/andere Hotelpläne etc.).

Darüber hinaus hätte man, ähnlich wie bei anderen Lookout Spielen üblich, die “Rohstoffe” (Torte, Strudel, Rotwein, Kaffee) durch individGrand Austria Hotel Upgrade Kit (120 pcs)uelle Rohstoffmarker in entsprechender Form darstellen können, anstatt die farbigen Standard-Würfelchen zu verwenden. Vielleicht ja eine Idee für eine “Erweiterung”. Pegasus Spiele hat ja mit der Robinson Crusoe Schatzkiste vorgemacht, wie das geht und auch für Orléans bekommt man nun das Fanpaket mit Meeples statt Pappchips. Mittlerweile gibt es bei einigen Versendern entsprechende Pakete mit denen man sein Spiel pimpen kann. So bietet der amerikanische Shop meeplesource ein entsprechendes Paket an. Leider mit 35 Dollar nicht ganz günstig und durch den Versand über den großen Teich eher unsinnig für den europäischen Käufer, da noch mal 8,80 Dollar Versand dazukommen würden.

Ärgerlich ist auch, dass die Beschreibung der Personalkarten in der Anleitung und deren Symbolik teilweise widersprechen, hier wurden einfach in der letzten Optimierung Anpassungen an den Karten gemacht, die dann in der Anleitung leider nicht korrigiert wurden.

 

Fazit

Insgesamt also ein (noch) komplexeres Spiel als zunächst vermutet mit sehr hohem Wiederspielwert, das sich in erster Linie an Vielspieler richtet. Ambitionierte Gelegenheitsspieler können aber durchaus auch daran Gefallen finden. Die Spieldauer variiert stark mit der Spielerzahl. Zu zweit dürfte man es in etwa einer (guten) Stunde schaffen, zu viert dauert es sicherlich doppelt so lange – es sein denn man hat Grübler dabei, dann kann es ewig dauern. Ärgerlich sind die kleinen Fehler in Regeltext und Kartensymbolik, die einen gerade in der ersten Partie verwirren können. Wir werden es aber wieder spielen, alleine schon, weil es thematisch kaum vergleichbare Spiele gibt.

 

Links

Eintrag auf Boardgamegeek

Website des Verlages

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August 29th, 2016 by Dirk
Lesezeit: < 1 Minute

Vielleicht findet der nette junge Mann ja Nachahmer. Allerdings wäre der Song beim ein oder anderen Sammler sicherlich eine Langversion… Sehr gelungen das Ganze!

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=kj0GDeS4A1c]

 

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August 29th, 2016 by Dirk
Lesezeit: < 1 Minute

Portal Games aus Polen, u.a. bekannt für Neuroshima Hex, Imperial Settlers, Legacy, 51st State und andere hochwertige Spiele der letzten Jahre, wird nun nach Deutschland expandieren. Wurden die Spiele bisher über andere Verlage wie bspw. Pegasus Spiele lokalisiert, dürften die Spiele künftig selbst vertrieben werden – zumindest die, bei denen die Rechte nicht an andere Verlage vergeben sind.

Interessant dabei ist, dass die Leitung der deutschen Niederlassung von Benjamin Schönheiter übernommen wird. Benjamin Schönheiter dürfte vielen als Ben von SpieLama.de ein Begriff sein und war zuvor bei Pegasus Spiele beschäftigt. Portal Games wird ebenfalls in Friedberg (Hessen) ansässig sein, was vor dem Hintergrund der laufenden Kooperation zwischen Pegasus Spiele und Portal Games zunächst auch mal sinnvoll erscheint.

Für mich nährt das die Hoffnung, dass es die vermisste Erweiterung zu “Legacy” – “Five Tribes” – vielleicht doch noch auf deutsch geben wird. Wir sind gespannt wie sich das alles entwickeln wird.

Debuttieren wird die neue Niederlassung zunächst auf der diesjährigen Spiel in Essen.

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August 29th, 2016 by Dirk
Lesezeit: < 1 Minute

Mit “Die Kolonisten” hat Lookout Spiele das “next big thing” in der Pipeline. War bisher noch wenig bekannt über das Spiel und allenfalls ein kleiner Ausblick im letzten “Ausguck” zu erspähen, hat sich jetzt etwas mehr gezeigt worum gehen wird.

Auf Tric Trac gewährt uns Monsieur Guido erste Ein- und Ausblicke. Wie bei anderen Spielen des Verlags auch, gibt es scheinbar eine Einstiegsvariante, mit der man in das Spiel reinkommen und die Grundmechanik verstehen soll. Für diese Einstiegsvariante hat Lookout nun die Regeln online gestellt.

Details zum Spiel findet ihr auf Monsieur Guidos Seite (will mich ja nicht mir fremden Federn schmücken). Zusammenfassend lässt sich scheinbar sagen: “Oh my goods!” trifft “Istanbul”…

Fertigstellung ist bis zur Spiel’16 geplant (hoffentlich ohne größere redaktionelle Pannen, denn die Zeit ist knapp).

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