Rezension Spiel Gefühl Würfelmagier Wuerfelmagier Catan Aufstieg der Inka
Mai 10th, 2019 by Dirk
Lesezeit: 4 Minuten

Catan. Kaum ein Land hat mehr Brettspielgeschichte geschrieben als dieses kleine Eiland. Kein Land hat mehr Freundschaften auf die Probe gestellt. Und niemals in der Geschichte der Menschheit wurde zu einer Gelegenheit so häufig gefragt: “Hat jemand ein Schaf für mich?”. Nun sollen also auch die Inka nach Holz und Schaf fragen…doch halt, natürlich kein Schaf, sondern Lama…oder Alpaka?

Thematische Catan-Variante oder eigenständiges Spiel?

Catan ist der Elefant im Raum, wenn es darum geht, Menschen zu erklären, was sich hinter dem Hobby Brettspiele verbirgt. Einerseits kennt
fast jeder das Spiel – zumindest vom Titel her – und weiß somit auch gleich einzuordnen, dass es nicht um Mühle und MauMau geht. Andererseits ist Catan DIE Blaupause, wenn es darum geht zu zeigen, wie sich Brettspiele verändert haben und dass es auch sehr erfolgreiche Brettspiele gibt. Und zugleich kriegt man mit Catan auch die Kurve dahin, dass nur sehr wenige Autoren ein auskömmliches Leben mit den Spielen finanzieren und die meisten das als Hobby nebenher machen. Kurzum, Catan ist das Spiel, mit dem irgendwie alles begann…zumindest für die meisten “von uns”.

Nun ist es auch bei solchen Produkten so, dass sie sich nicht auf ewig von alleine verkaufen und man muss dafür sorgen, sie am Leben und das Geschäft am Laufen zu halten. Die Marke Catan hat mittlerweile so ziemlich alles mögliche und unmögliche hervorgebracht. Catan für 2, das Kartenspiel, das Würfelspiel, zahllose Erweiterungen, die sogenannten Historischen Szenarien und so weiter und so fort. Sogar Bücher, die in der Catan-Welt spielen sind erschienen – warum auch immer man das lesen will. Nun erschien im Herbst 2018 mit Catan – Aufstieg der Inka ein weiteres Derivat der erfolgreichen Serie. Inwiefern dieses Spiel nun nur eine Variante oder ein eigenständiges Spiel ist, galt es herauszufinden.

Catan bleibt Catan

Wer glaubt, dass man unter der Marke Catan ein Spiel findet, dass nicht auch nur im entferntesten die Grundmechanismen des modernen Klassikers bedient, der könnte falscher nicht liegen. Und so zeigt auch der Blick in die Regel von Catan – Aufstieg der Inka sehr schnell, dass hier alles beim Alten bleibt. Würfeln, Rohstoffe erhalten, Straßen bauen, Siedlungen errrichten, das alles bleibt gleich. Und so ist das Spiel schnell verstanden. Alleinig eine Besonderheit bleibt: Die Siedlungen und damit die Kultur eines Stammes kann verfallen und man beginnt wieder von vorne. Klingt ja eigentlich ganz spannend, denn so können die alten Siedlungen, die dann von grünen Büschen und Bäumen überwuchert werden, durch die Gegner überbaut werden. Das könnte einen meiner wesentlichen Kritikpunkte von Catan lösen. War man nämlich in der Ur-Variante einmal eingekesselt, konnte man eigentlich nicht mehr richtig mitspielen. Spannend also, wie sich das hier entwickelt.

Die allmächtigen Würfel

Kommt bekannt vor – Spielplanauslage bei Catan – Aufstieg der Inka

Der Aufbau erfolgt in Catan-Manier – Sechseckfelder in Puzzlerahmen einsortieren – und dann kann man eigentlich direkt loslegen. Erster Würfelwurf, eine 11. Okay, hat keiner. Ich kann noch nichts machen, nächster Spieler. Geht ja flott los. Die ersten Rohstoffe trudeln ein. Straßenbau und dann schnell Siedlungen. Denn man will ja seine Kultur auch schnell untergehen sehen. Man gewinnt nämlich nur, wenn man es schafft, die eigene Kultur zweimal zu vernichten und dann noch mal drei Siedlungen zu errichten. Aber auch bei Catan – Aufstieg der Inka gilt: die zwei gottgleichen Würfel entscheiden über Wohl und Wehe des Spiels. Und so kam es, dass in unserer Partie mehrfach hintereinander immer nur die 7 gewürfelt wurde. Insider wissen, dass das bedeutet, den Räuber zu versetzen… Irgendwann war es dann viermal hintereinander die 7. Und auch wenn wir wissen, dass 7 die höchste Wahrscheinlichkeit besitzt gewürfelt zu werden, genervt hat es uns doch.

Der erste Untergang

Schön gelöst – Gestrüpp kennzeichnet untergegangene Städte bei Catan – Aufstieg der Inka

Dann kam der erste Untergang. Ich hatte es irgendwie geschafft vier Siedlungen zu bauen. Nun passierte folgendes: die Straßen verschwanden, die Karte „Längste Handelsstraße“ wird abgegeben (logisch irgendwie, wenn man keine Straßen mehr hat) und alle Siedlungen und Städte werden von Dickicht überwuchert. Das coole: Die überwucherten Siedlungen und Städte bringen dem Spieler weiterhin Erträge ein, wenn die entsprechende Zahl gewürfelt wird. Das kann durchaus helfen. Blöd: Die Gebäude können von Gegenspielern überbaut werden. Dann ist es natürlich Essig mit den Erträgen. Und natürlich erhält man für den zweiten und dritten Stamm (der braucht nur noch drei der sogenannten Entwicklungspunkte) etwas Starthilfe. Die erste Siedlung baut man kostenfrei an einen nach den Bauregeln zulässigen Ort. Und dann wird weiter gewürfelt und getauscht…

Finaaaaleee

Nach dem Untergang des zweiten Stamms werden dann noch die Überbleibsel des ersten Stamms beseitigt und die letzte Runde im Kampf um den Aufstieg der Inka auf Catan (?!?) beginnt. Durch das Abräumen der Siedlungen und Städte des ersten Stamms ist es dann erst mal beschwerlich, aber es geht erstaunlich gut. Vor allem dann, wenn die Mitspieler einem nicht die Siedlungen überbauen. Und genau das wird ihnen zum Verhängnis. Ich sammle weiterhin kräftig Rohstoffe ein. Vor allem bedingt durch die vielen (für mich) glücklichen Würfelergebnisse. Gutes Gefühl für mich. Sch€/ßgefühl für meine Mitspieler. Die kommen nämlich nicht hinterher und ruckzuck hab ich gewonnen. Ätschi…

In Catan nichts neues…

Catan aAufstieg der Inka Klaus Teuber Kosmos
Sofort als Catan zu erkennen – Schachtel von Catan – Aufstieg der Inka

Catan bleibt Catan, wie es würfelt und (vor Schadenfreude) lacht. Denn am Grundsystem von Catan ändert sich eigentlich fast nichts. Es wird weiterhin gewürfelt und geräubert. Es wird weiterhin immer das falsche Ergebnis gewürfelt und die falsche Karte gezogen. Und es ist weiterhin ein einfaches und glückslastiges Familienspiel mit leicht gehobenem Anspruch. Die Variante mit dem Niedergang ist nett, aber mehr auch nicht. Gerade für Vielspieler bleiben zu viele Elemente des Grundspiels gleich und somit gleich ärgerlich und unberechnebar. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich mag Catan grundsätzlich schon und ich weiß auch zu würdigen, wie wichtig das Spiel für all das war und ist, auf das wir uns Jahr für Jahr wieder freuen (viele tolle neue Brettspiele). Aber dennoch frage ich mich, warum sich nun diese Variante auch noch zulegen sollte, falls man das Grundspiel schon hat. Bei mir kamen während des Spiels keine deutlich besseren Gefühle auf und Würfelglück und Würfelpech haben auch hier noch zu viel Einfluss auf den Ausgang.

Daher empfehle ich das Spiel vor allem für alle Komplettisten und alle, die das Grundspiel noch nicht besitzen. Denn es ist vielleicht das etwas modernere Spiel mit etwas interessanterem Spielgefühl.

Am Ende des Abends haben wir für uns festgestellt, dass wir lieber beim Original Catan mit der Städte und Ritter Erweiterung bleiben, wenn wir denn schon Catan spielen…und wer die noch nicht kennt, der sollte sich lieber diese ansehen…

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