Sherlock Holmes und seinen kongenialen Begleiter Dr. Watson kennt wohl jeder und die Kriminalgeschichten sind mittlerweile echte Klassiker. Aber ehrlich gesagt geht es mir bei den meisten Auflagen der Sherlock Holmes Geschichten ein wenig wie mit den Cthulhu bzw. H.P. Lovercraft Geschichten – so langsam kennt man die meisten Aspekte und nur selten kommt etwas neues hinzu. Die Sherlock Holmes Verfilmungen und die BBC Serie haben noch mal mehr dafür gesorgt, dass alles neu aufgewärmt wird und so war der englische Detektiv wieder omnipräsent. Umso schöner, dass es auch mal Ansätze gibt, die mit der Tradition brechen. Und dazu zählt auch der Comic aus dem Splitter Verlag mit dem Titel Dr. Watson.
Worum geht es in Dr. Watson?
1891 stürzt Sherlock Holmes am Reichenbachfall in der Schweiz zu Tode, von seinem Erzfeind Moriarty in den Abgrund gestoßen. Seine Leiche bleibt jedoch verschollen. In London weigert sich darum Dr. John Watson, treuer Begleiter und Biograph bei all seinen Ermittlungen, das mysteriöse Verschwinden seines Freundes einfach so zu akzeptieren. Nicht lange, und er wittert dahinter eine besonders infame Intrige Moriartys. Zwar hat er weder Spur noch Beweis oder den geringsten Ansatzpunkt für seine Vermutung, dennoch macht er sich auf die Suche. Doch ist das, was er dort entdeckt, Realität oder die Frucht seiner Einbildung?
(Quelle: Splitter Verlag)
Wie mir Dr. Watson gefallen hat.
Mit Dr. Watson wird die Figur des Watson in eine ganz Ebene geführt. Die emotionale Bindung zwischen Watson und Sherlock Holmes, die einem vielleicht so nie in den Sinn gekommen wäre, wird hierbei ganz neu gestrickt. Der Verlust seines Partners und Freundes löst eine tiefe Krise bei Watson aus und führt ihn zunächst auf Abwege. Gerade diese neue Ebene und diese Tiefe im Charakter von Watson hat mir sehr gut gefallen. So bricht Dr. Watson aus dem Einheitsbrei der immer gleichen Adaptionen von Sir Arthur Conan Doyles Kriminalgeschichten aus und beleuchtet eine ganz andere Seite dieses Universums. Eine Seite, die wir bisher so vielleicht noch gar nicht in Erwägung gezogen haben. Die sich aus dem Tod des Meisterdetektivs entspinnende Geschichte ist zudem stimmig und spannend erzählt. Ich will nicht zu viel verraten aber das bereits auf der Seite des Splitter Verlages genannte Wort des Vexierspiels trifft hier zu wie selten zuvor. Man ist stets drauf und dran zu zweifeln am Tod oder Nicht-Tod von Holmes.
Für mich war es ein großes Vergnügen diesem Vexierspiel (ja, ich mag das Wort) zu folgen und mich in die Geschichte aus der Feder von Stéphane Betbeder zu vertiefen. Der grafische Stil von Darko Perovic hat mir außerordentlich gut gefallen und der klassische Stil mit leichter Überzeichnung brachte die Charaktere gut zur Geltung.
Produktionsseitig brauche ich glaube ich hier nicht viel zu sagen. Die Hardcover Ausgaben vom Splitter Verlag sind blitzsauber gefertigt und ihr Geld allemal wert. So macht Comic lesen auch haptisch Spaß und nachfolgende Generationen dürften noch lange Freude an dem Comic haben.
Wer Dr. Watson mag, spielt gerne…
Watson & Holmes von Dr. Jésus Torres Castro erschienen bei Asmodee.
Auch bei dem Deduktionsspiel im viktorianischen London steht Watson mal ein wenig mehr im Mittelpunkt. Sein Tagebuch gewährt nämlich Zugang zu einigen bisher unbekannten Fällen, die die Spieler zu lösen haben. Das ganze geschieht jedoch kompetitiv – also im Wettbewerb zueinander – und nicht etwa gemeinsam.
Watson & Holmes ist ein einfach zugängliches Spiel mit opulenter Ausstattung. Jeder Fall steckt in einem eigenen Umschlag und enthüllt seine Geheimnisse erst nach und nach. Die Fallakten sind toll gestaltet und mit dem richtigen Soundtrack dazu entfaltet sich eine echt tolle Atmosphäre.
2-7 Spieler ringen in 45 bis 60 Minuten je Fall um die schnellste Auflösung. Aber nur wer schnell und clever kombiniert und die richtigen Schlüsse zieht wird als legitimer Nachfolger von Sherlock gehandelt werden.
Zwar punktet das Spiel mit toller Atmosphäre, bleibt jedoch etwas hinter meinen Erwartungen. Zu einfach gehalten ist das mechanische System und zu wenig kommt man sich gegenseitig in die Quere. So hängt am Ende viel daran, wer das Glück hatte, die richtigen Hinweise in der richtigen Reihenfolge zu finden. Schade, hier hätte man vielleicht doch lieber eine kooperative Variante ersinnen sollen, bei der man gemeinsam rätselt. Hätte mir dann wahrscheinlich noch besser gefallen.
Mehr Infos zum Comic Dr. Watson gibt es beim Splitter Verlag.
Infos zum Brettspiel Watson & Holmes bei Asmodee oder auf BGG.
Vielen Dank an den Splitter Verlag und Asmodee Deutschland für die Bereitstellung der Rezensionsexmplare