Februar 12th, 2017 by Dirk
Lesezeit: 6 MinutenDie beiden Brettagogen Herr Wagner und Herr Noe strahlen ihre Sendung im zweiwöchentlichen Rhythmus aus. Dabei geht es natürlich um Brettspiele, aber im Gegensatz zu vielen anderen Podcasts geht es bei diesen Herren nicht nur um Spielfluss und -mechanik, sondern vor allem um das Thema hinter dem Spiel. Und so lernt man in den “Unterrichtsstunden” der Brettagogen etwas über Zeitreisen, Höhlenbauer, Gärten und andere Themen, in die Brettspiele gekleidet werden. Dazu werden illustre Gäste befragt und die beiden waren selbst etwas überrascht, als sogar der bekannte Comedian Bernhard Hoecker im Sommer einer Interviewanfrage zusagte.
Vor etwa einem Jahr sind die beiden mit dem Podcast gestartet und ich habe den gemeinsamen Podcast genutzt, auch ein paar Fragen zu platzieren. Also, Zeit für ein erstes Resümee und ein paar Fragen an Herrn Wagner, einen der beiden sympathischen Podcaster aus Nordbayern – passend zum ersten Gepodstag.
Ihr seid jetzt ungefähr ein Jahr mit eurem Podcast unterwegs. Was war denn “damals” euer Antrieb einen eigenen Podcast zu machen?
Ich höre einfach selber gerne viele Podcasts – schon alleine, weil ich jeden Tag um die 90 Minuten Arbeitsweg im Auto habe. Irgendwie hatte Lust, selber mal „sowas“ auszuprobieren. Wo die auf einmal herkam, kann ich gar nicht so genau sagen.
Herr Noe und ich haben seit dem Ende des Studiums (so ab 2009) wieder angefangen, Brettspiele zu spielen. Deshalb war dann auch das Thema schnell klar. 😉 Am Konzept haben wir dann noch kurz gefeilt, aber auch da war an sich schnell klar, dass es bei unserem Berufs was mit „Klugscheißen“ sein musste. 😀 Ich habe Herrn Noe gefragt, ob er Lust dazu hätte und da dem so war, stand dem Start unseres Casts im Januar 2016 nichts mehr im Weg.
Wusstet ihr vorher schon was man für einen Podcast so braucht und wie das alles funktioniert oder habt ihr euch da Hilfe und Rat von anderen geholt?
Ich bin schon immer interessiert an neuen Medien – war aber bis dato eher als Nutzer beziehungsweise Konsument. Als die Planungen dann konkret wurden, musste ich mir zum einen beibringen, wie ich mit WordPress eine Blogseite ins Leben rufe (Adresse, Design, etc.) und zum anderen ging es darum, die passende Technik (Mikro, Software, etc.)zu finden und zu benutzen. Youtube Videos waren da ein guter Ratgeber. Das waren zwar „harte“ drei Wochen Einarbeitung, aber mittlerweile läuft’s ganz gut. 😉
Die Technikbegeisterten unter den Lesern interessiert bestimmt auch, auf welches Equipment und welche Technik ihr setzt. Irgendwelche Tipps für angehende Podcaster?
Kurz und knapp:
Aufnahmen lokal: Audacity, mit einem Yeti Blue Mikrofon mit Popschutz
Aufnahmen unterwegs: Audacity Nachbearbeitung, mit einem Zoom Recorder H4n und zwei Billigst-Mikros vom Elektrogroßmarkt
Aufnahmen über’s Netz: www.zencastr.com
Ein Tip für Anfänger: Kein „Profi“ fällt vom Himmel – macht einfach! 😉
Und warum eigentlich Podcast und kein Blog? Letzteres ist doch noch ein wenig einfacher zu realisieren… Und war ein Video-Podcast nie ein Thema? Würde sich doch bei eurem Ansatz doch anbieten, von wegen visueller Unterstützung.
Ich geb Dir Recht – visuelle Unterstützung ist schön und gut, aber sie braucht wieder mehr Aufwand und Equipment (Beleuchtung, Ausstattung, etc,).
Daher schied das von vornherein aus. Ein Textblog ist mir ehrlich gesagt zu fordernd. Bei einem Text hätte ich immer den Anspruch, dass jedes Wort genau sitzt. Da würde nix mehr fertig werden. Für mich also keines Falls leichter zu realisieren. 😉 Ein Podcast mit unserem Format ist da genau das richtige Mittelding. Es erfordert ein bisschen Engagement, die Aufnahmen gehen aber eigentlich immer frei von der Leber weg.
Wie organisiert ihr euch bei eurem Podcast? Wer macht was? Oder läuft das eher so fallweise ab?
Wir verteilen wenn wir uns treffen jeweils die Themen für die nächste Sendung. Dann wissen beide, was sie in den nächsten 2-3 Wochen vorzubereiten haben. Die gesamte – nennen wir es mal – Außenpolitik des Podcasts, also Korrespondenz mit Verlagen und Interviewpartnern sowie die Nachbearbeitung der Aufnahmen übernehme ich. Das gleiche gilt für die Pflege der Homepage (Blogeinträge, Fotos, usw.)
Hattet ihr am Anfang bereits so ein ganz klares Bild was ihr machen wollt oder hat sich das über die Zeit bis zur ersten Sendung erst entwickelt?
Unser Cast ist ja an sich immer im Fluss – sprich es gibt ja immer mal wieder was Neues oder Altes, das wegfällt. Ein gutes Beispiel dafür sind zum Beispiel die Teamteaching Reihe, die wir im zweiten Jahr verregelmäßigen wollen, aber auch das sogenannte „Grundwissen“. In dieser Kategorie haben wir Brettspielbegriffe erklärt, was wir nach ich glaube drei Folgen wieder eingestellt haben. Es gab keinerlei Protest, also scheint es auch keiner zu vermissen. 😀
Ihr seid beide Lehrer im Hauptberuf und aus persönlichen Erfahrungen weiß ich, dass man da eben keinen Halbtagsjob hat. Wie kriegt ihr das Podcasten noch nebenher unter? Ich sehe da auf Twitter teilweise am Wochenende viel Nachtarbeit…
Nachtarbeit.? Ja. Oft.
Bekommt man das zeitlich immer hin? Nein.
Stört mich das? Nein – wir streben Regelmäßigkeit an, aber wenn es mal nicht geht, geht es halt nicht. Das Leben geht weiter. 😉
Parallel wollt ihr natürlich auch noch alles Mögliche spielen und das auch möglichst oft. Wie macht ihr das? Spielt ihr meistens zu zweit oder habt ihr einen Spieletreff, den ihr regelmäßig besucht?
Einen öffentlichen Spieletreff besuchen wir beide nicht. Wir spielen entweder zu zweit beziehungsweise auch mit Anderen aus dem Freundeskreis. Wenn ich es so überschlage, habe ich fünf verschiedene private Spielkontakte, die unregelmäßig und auch in Mischkonstellationen zusammen kommen. Herr Noe spielt, soweit ich weiß, oft mit Gruppen aus seinem Freundschaftskreis Pen&Paper Rollenspiele.
Grundproblem jedes Spielebegeisterten ist die Menge an Spielen, die jedes Jahr erscheint, bei der ja meistens zu viele interessant sind. Teilt ihr euch da auf, damit ihr nichts doppelt kauft?
Ich hatte bereits vor dem Start unseres Podcasts eine kleine, aber feine Sammlung an Brettspielen, mit der wir die ersten paar Folgen bestritten haben. Mittlerweile haben wir uns einigermaßen einen Namen gemacht und bekommen viel Unterstützung durch die Verlage und ihre Pressemuster, was das angeht. Eine gute Gelegenheit, um an dieser Stelle nochmal DANKE! Dafür zu sagen. Das ist bei unserem Format, in dem es jetzt nicht primär um eine Rezension geht, nicht selbstverständlich. Wir wissen das sehr zu schätzen! 😉
Wie und wo lagert ihr eure Spiele denn in euren Wohnungen? Und vor allem, wie viele Spiele sind es in etwa?
Ich für meinen Teil habe eine Regalwand und ein kleine Zusatzregal im Wohnzimmer stehen, in dem zum Glück gerade noch alles Platz findet. Das dürften so im Großen und Ganzen um die 300 Spiele sein.
Wie macht das eure Familie mit? Auch da stelle ich mir vor, dass das ab und an mal kollidiert…
Auch hier: eine gute Gelegenheit mal DANKE! zu sagen. Meine Tochter im Vorschulalter spielt mittlerweile selber sehr gerne. Von der Seite droht also keine Gefahr. 😉 Aber meine Frau kommt glaube ich ab und an mal an die Toleranzgrenze – jetzt gar nicht mal was Spiele angeht, sondern einfach was den Zeitaufwand und die Omnipräsenz des Themas angeht. Auch wenn ich zu Terminen wie der SPIEL oder der BerlinCon von Hunter&Cron mal zwei bis drei Tage weg bin, macht sie das alles mit. Sie spielt auch gerne, aber es ist EINE Freizeitbeschäftigung unter vielen. DANKE! 😉
Podcasten ist für euch reines Hobby. Allerdings kann so etwas schnell sehr viel Raum einnehmen. In der Szene seid ihr ja mittlerweile sehr bekannt geworden, was ich auch auf euren Ansatz zurückführe. Was sind eure weiteren Pläne für den Podcast? Einfach so weitermachen oder gibt es einen Masterplan?
Richtig, es ist ein Hobby – und das soll es auch bleiben. Außer natürlich, es täte sich bei einem Verlag eine Stelle mit ähnlichem Verdienst auf – dann käme ich wirklich ins Grübeln, ob ich nicht sogar das Lehrerdasein dafür an den Nagel hängen würde. (Ernsthaft! 🙂 Anfragen gerne an mich.) Aber auf keinen Fall streben wir eine „Patreonkarriere“ an.
Einen Masterplan gibt es also aber definitiv nicht! Solange wir Lust und Laune am Podcast finden, machen wir weiter und versuchen dabei auch besser zu werden. Vielleicht ist aber schon nächstes Jahr die Luft raus. Wer weiß?
Momentan macht es auf jeden Fall richtig Bock und ich sehe nicht, warum sich das ändern sollte. Also plant lieber mal die nächsten Jahre noch mit uns. Und wer weiß, vielleicht haben wir noch die ein oder andere Überraschung wie Bernhard Hoecker, Jens Nowotny oder Ähnliches in Vorbereitung – ihr werdet auf jeden Fall von uns hören. 😉
Was unsere Formate angeht werden wir weitermachen wie gewohnt – allerdings wird das Teamteaching das Nachsitzen ablösen. Davon erhoffe ich mir, dass erstens interessantere Sendungen entstehen, aber natürlich auch etwas Entlastung bei der Vorbereitung, sprich Zeitersparnis.
Danke für die Beantwortung der Fragen. Vielleicht machen wir demnächst ja auch noch mal was gemeinsam… 🙂
Falls ihr auch mal ein paar Fragen an die beiden Brettagogen richten möchtet, könnt ihr dies am nächsten Elternabend tun. Schickt eure Fragen rund um Brettspiele, den Podcast oder Tipps zum Klugscheißen an info (at) brettagoge.de.
Links
Podcasts der Brettagogen unter www.brettagoge.de oder in iTunes und auf twitter unter @brettagoge
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September 6th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 3 MinutenMit “Brief&Siegel” wurde gerade die zweite Erweiterung für das Kennerspiel des Jahres 2014 “Istanbul” vorgestellt. Was sie hinzufügt und wie sich das Spiel verändert versuche ich hier kurz zusammenzufassen. Istanbul und seine Erweiterungen sind bei Pegasus Spiele erschienen und Autor ist Rüdiger Dorn.
Wie es gespielt wird
In Istanbul sind wir Kaufleute, die sich über den Basar von Istanbul bewegen und an den verschiedenen Orten Aktionen ausführen, die uns unserem Ziel näherbringen sollen – Rubine sammeln. Jeder Spieler hat einen Handkarren, mit dem er die Waren des Marktes transportiert. Diesen kann man in der Wagnerei ausbauen, um mehr Waren zu transportieren. Hat man das drei Mal getan, dann hat er seine maximale Größe erreicht und man erhält einen Bonus-Rubin. Um schlussendlich an weitere Rubine zu kommen, kann man im Palast des Sultans Waren abliefern oder Geld, welches man auf einem der beiden Märkte verdient hat, zum Edelsteinhändler bringen. Zusätzlich kann man Bonuskarten bekommen und ausspielen, die einem kleine Vorteile verschaffen oder in den Moscheen Sonderplättchen erlangen, die gewisse Regeln des Spiels außer Kraft setzen oder einen fünften Gehilfen für den Kaufmann liefern.
Innovativ ist bei Istanbul der Mechanismus der Aktionswahl, denn man bewegt sich auf ein Ortsfeld und lässt dort einen seiner Gehilfen zurück. Von dort geht es weiter zum nächsten Ort. Um die Gehilfen wieder einzusammeln gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder muss man zurück zum Brunnen, dann kommen alle dorthin zurück und scharen sich wieder um den Kaufmann oder man sammelt sie wieder ein, indem man die Orte auf denen sich die Gehilfen befinden erneut besucht. Im Endeffekt geht also darum, sich möglichst effizient zu bewegen
Der große Basar von Istanbul
Die erste Erweiterung “Mokka&Bakschisch” bringt als neue Ressource Kaffee ins Spiel. Durch den Kaffee kann man bspw. im Kaffeehaus oder in der Taverne Rubine erhalten. Zusätzlich kann man in der Taverne den Mitspielern das Leben schwer machen, indem man eine Sperre zwischen zwei Orte legt, die man nur noch selbst passieren kann. Kaffee erhält man natürlich in der Kaffeerösterei. Insgesamt gibt es hier neue Möglichkeiten an Rubine zu kommen. Durch die Gildenhalle kann man die sehr mächtigen Gildenkarten erhalten, die mächtige Vorteile bringen und deren Ausspielen deshalb auch als kompletter Spielzug zählt.
Die zweite Erweiterung “Brief&Siegel” fügt nun wieder neue Möglichkeiten hinzu und ermöglicht mit der Variante “Der große Basar” ein Spiel auf 25 verschiedenen Orten. Die neuen Orte addieren wieder eine neue Möglichkeit an Rubine zu kommen. Durch Abgabe von Siegeln erhält man beim Geheimbund Rubine (quasi Informationen gegen Geld). Mit den Katakomben gibt es eine Möglichkeit sich etwas schneller über das dann große Spielfeld zu bewegen. Interessanteste Neuerung ist der Kompagnon, der sich unabhängig vom Kaufmann bewegt und ebenfalls Ortsaktionen auslösen kann – allerdings ist er langsamer als der Kaufmann mit seinem Gefolge. Der Kiosk bietet dazu die Möglichkeit schnell an kleine Boni zu gelangen und das Aktionshaus liefert zwei Bonuskarten an den Höchstbietenden.
Was uns gefallen hat
Istanbul mit beiden Erweiterungen ist nun ein wirklich großes Spiel mit ausreichend Komplexität und vielen Möglichkeiten. Schön ist dabei, dass die Spielzeit nicht ins Unendliche wächst, da man nun einfach mehr und vielfältige Möglichkeiten hat, an Rubine zu gelangen. Die DNA des Spiels – das Wettrennen auf dem Basar – verändert sich durch die Erweiterungen nicht. Der Kompagnon ermöglicht trotz sehr großem Spielfeld weiterhin kurze Wege. Das Material ist qualitativ hochwertig und die Regeln klar und mit wenig Interpretationsspielraum. Kann man Istanbul im Basisspiel noch mit Gelegenheitsspielern gut spielen, so ist es mit den beiden Erweiterungen zu einem echten Vielspielerspiel geworden, an das man Gelegenheitsspieler behutsam heranführen muss. Aus unserer Sicht ist das Spiel nun komplett und bietet auch im Fünf-Spieler-Spiel ausreichend Platz und Variation, damit unterschiedliche Strategien und Taktiken genutzt werden können. Wirklich toll und variantenreich!
Was uns nicht gefällt
Es ist wenig zu vermelden an dieser Stelle, denn Istanbul mit Erweiterungen ist weiterhin das Spiel, das es bereits im Grundspiel war. Allerdings zeigt sich im Fünf-Spieler-Spiel nun eine kleine Schwäche: Die Wartezeit zwischen den einzelnen Spielzügen wird teilweise etwas zu lang. Vor allem gegen Ende, wenn man einen klaren Plan hat, kann dies nervig sein und die Spieldauer etwas verlängern. Trotzdem ist die Spielzeit auch zu fünft noch tragbar und bewegte sich bei uns bei etwa zwei Stunden inklusive häufiger kleinerer Regelüberprüfungen. Nach Kenntnis aller Funktionen und Regeln der neuen Erweiterung könnte es ggf. etwas schneller gehen. Generell negativ ist, dass man in der Regel schon ein paar Züge vor Ende weiß, wer gewinnen wird und man nur noch wenig Möglichkeiten hat, dies zu verhindern. Hier wünsche ich mir noch ein kleines überraschendes Element, welches vor den Mitspielern verdeckt ist. Vielleicht ja doch noch was für eine Erweiterung. 😉
Fazit
Istanbul gewinnt durch die beiden Erweiterungen erheblich an Möglichkeiten und es eröffnen sich ganz neue Strategien. Die Spielzeit wächst nur unwesentlich und nur mit fünf Mitspielern erhöht sich die Wartezeit zwischen den Zügen etwas zu sehr. Wir hatten sehr viel Spaß und gegen Ende war die Anspannung der Mitspieler deutlich spürbar. Istanbul bleibt ein großes Wettrennen auf dem Basar und das ist auch gut so!
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