Lesezeit: 3 MinutenDreist abgekupfert?!
Man hat es schon öfter gehört: Plagiate sind ein komfortabler Weg sich schnell und einfach auf Basis der Arbeit anderer ein Thema anzueignen. In der Politik sind bereits Minister über Plagiatsaffären gestolpert. Nun also auch in der Brettspielszene? Dass man sich von Mechanismen und Ideen anderer Autoren inspirieren lässt ist bei Spielen genauso gängige Praxis wie bei anderen Kulturgütern wie Büchern, Musik, Malerei etc. auch. Aber ein echtes Plagiat, das ist mir bisher bei Brettspielen in dieser Form noch nicht untergekommen.
Fälschungen von Brettspielen sind bereits schon mal aufgetaucht. Spiele, die einfach bestehende Spiele kopiert haben – also quasi Raubkopien. Ich meine, dass bspw. Pandemic Legacy als Raubkopie verkauft wurde und auch andere gefälschte Spiele tauchen immer mal wieder auf. Ein Podcast von Nerd meets You hatte das bereits mal thematisiert. Aber Plagiate, also Spiele, die vorgeben ein eigenständiges Spiel zu sein, im Kern aber nur ein anderes dreist kopieren, das ist mir bisher noch nicht untergekommen. Zumindest nicht in diesem Ausmaß. Das Spiel Crypto Cartel kopiert in weiten Teilen nahezu alle Elemente des Spiels Bohnanza. Die Art und Weise, wie Karten ausgespielt werden (Reihenfolge der Handkarten darf nicht verändert werden), der Tausch mit den Mitspielern und auch die „Ernteregeln“ sind quasi identisch mit den Bohnanza-Regeln.
Ich finde das Vorgehen schon sehr dreist. Die Ähnlichkeit zu Bohnanza ist nicht zu leugnen und der „Autor“ tut dies auch nicht. Im Gegenteil, er sagt in den Kommentaren, dass Bohnanza auf jeden Fall eine „Inspiration“ gewesen sei, er aber noch ein paar Elemente hinzugefügt hätte.
Der Amigo Verlag hat sich soeben in einer ausführlichen Presseerklärung dazu geäußert, die ich einfach gerne wiedergeben möchte, da ich das darin geschriebene nur zu 100% unterstützen kann.
Mittlerweile sieht man auch, dass einige scheinbar bereits ihre Finanzierung des Projektes zurückgezogen haben. Einen guten (grafischen) Überblick über die laufende Finanzierung liefert u.a. Kicktraq.
Dietzenbach, 05. November 2018.
Seit einigen Tagen ist auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter eine Kampagne für das Kartenspiel Crypto Cartel zu finden. Auch wenn der Autor und Kampagnen-Verantwortliche mittlerweile eingeräumt hat, dass er sich von Bohnanza hat „inspirieren“ lassen, zeigt das dort beschriebene Spiel nicht nur eine Verwandtschaft oder Inspiration, sondern 1:1 den Spielmechanismus von Bohnanza.
Wann kann man bei einem Spiel von einer reinen Inspiration und wann von einem Plagiat sprechen? Einen bestehenden Mechanismus aufgreifen, neu interpretieren, abwandeln und weiterentwickeln, das findet man in der Spielebranche immer wieder. Und sofern sich ausreichende Unterschiede zwischen Original und Adaption finden lassen, ist dies kein Grund für einen Autor oder Verlag aktiv zu werden. Wenn jedoch wie im Fall von Crypto Cartel der komplette Spielablauf, inklusive Regeln für Handkarten, Kartenablage und Punkteberechnung (um nur einige zu nennen) ohne signifikante Änderungen übernommen werden, müssen wir als Verlag, der Bohnanza 1997 herausgebracht hat und seitdem vertreibt, unsere Stimme erheben:
Für das Gedankengut von Autoren wie Uwe Rosenberg, der wie viele andere seiner Zunft seit über 20 Jahren Spiele entwickelt.
Für alle kreativen Köpfe, die davon und dafür leben, mit außergewöhnlichen Ideen neue Spielewelten zu erschaffen und die auch bereits existierende Spielmechanismen in ein komplett neues Spiel verwandeln können.
All das ist bei Crypto Cartel nicht zu finden. Es ist keine Abwandlung, kein Neuerschaffen, sondern die komplette Übernahme eines bereits etablierten und erfolgreichen Spiels, das lediglich durch Aktionskarten erweitert wurde. Das ist für uns keine Inspiration, sondern ein Plagiat.
Daher appelliert AMIGO an alle Kampagnen-Unterstützer und Spielefans da draußen, sich einmal selbst zu fragen, ob sie solche dreisten Aneignungen von Ideen anderer wirklich unterstützen oder auch nur dulden wollen. Wir sind der Meinung, dass am Ende Spieleautoren wie Uwe Rosenberg, die jahrelang an ihren Spielen arbeiten und von ihren Ideen leben, den Schaden davon tragen.
Abgesehen davon finden wir es einem Autor und seinem Werk gegenüber im höchsten Grade respektlos, sich ohne vorherige Kontaktaufnahme und Einverständnis, sogar ohne einen öffentlichen Hinweis auf den Ursprungsautor, seiner Ideen zu bedienen.
November 5th, 2018 by Dirk
Moin Dirk,
deine Empörung ist verständlich, deine Recherche aber unvollständig. Was die Respekt- oder Gedankenlosigkeit des Autors angeht, stimmeich dir zu.
Dass CryptoCartel aber nur „ein paar“ Aktionskarten hinzufügt ist unzutreffend – so fair muss man als Außenstehender schon sein. 108 Aktionskarten plus 8 Ereigniskarten zusätzlich zu den bestehenden Handelskarten: das ist fast die doppelte Anzahl.
Fakt ist doch: Es wird ständig kopiert. Hatten am WE NEOM von Lookout auf dem Tisch. Das ist zu 75% 7 Wonders, zu 20% Among The Stars und zu 5% Innovation. Und das ohne irgendwo die Inspirationsquellen zu nennen. Beschwert sich auch keiner drüber.
Wir sollten hier nicht mit zweierlei Maß messen. Den Autor ermahnen: ja! Von moralisch oder gar rechtlich schwer verwerflichem Verhalten reden, das ist dann doch etwas zu viel des Guten.
Wir lesen uns,
Jerry
Rechtliche Schritte sind wohl nicht möglich, da es sich eben nicht um ein schützenswertes Gut handelt. Und das Hinzufügen der 108 Karten, macht es noch nicht zu einem anderen Spiel. Der Grundsatz bleibt – es ist ein Plagiat.
Natürlich sind auch Spielregelwerke geschützt und zwar auch unabhängig von thematischer Einkleidung, gestaltung oder konkreter Regelformulierung. Siehe hierzu das Urteil des BGH von 1961:
„Nun genießen zwar Spielerfindungen als solche keinen urheberrechtlichen Schutz. Doch können schriftlich niedergelegte Spielregeln den Anforderungen genügen, die gemäß §1 LitUrhG an ein Schriftwerk zu stellen sind. Trifft dies zu, so ist grundsätzlich allein der Urheber eines solchen Schriftwerks zu dessen Vervielfältigung und gewerbsmäßigen Verbreitung berechtigt (§11 Abs. 1 LitUrhG). Voraussetzung für ein solches Ausschließlichkeitsrecht ist aber, daß die schriftliche Niederlegung der Spielregeln eine für einen Urheberrechtsschutz ausreichende eigenpersönliche Gestaltung erkennen läßt. Die erforderliche schöpferische Eigenart braucht dabei nicht auf einer eigenpersönlichen Prägung der rein sprachlichen Ausdrucksform zu beruhen, sie kann sich vielmehr auch aus einem auf individuelle Geistestätigkeit zurückzuführenden Gedankeninhalt ergeben (RGZ 81, 120 – Kochrezepte; 121, 357 – Rechentabelle; 143, 416 – Buchhaltungsformulare; BGH in Lindenmaier/Möhring Nr. 2 zu §41 LitUrhG – Gasparone; Ulmer, Urheber – u. Verlagsrecht 2. Aufl. S. 119).“
https://www.jurion.de/urteile/bgh/1961-10-17/i-zr-24_60/
Inwiefern es sich um eine Urheberrechtsverletzung handelt, lässt sich für mich nur aufgrund des regelstudiums schwer sagen. Im Raum steht der Vorwurf, gegen § 23 UrhG verstoßen zu haben:
„1Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden.“
https://dejure.org/gesetze/UrhG/23.html