Plättchen legen und Städte bauen, das ist der Kern des Spiels Shake That City. Dabei kommen nicht nur bekannte Mechanismen aus Spielen wie Ganz schön clever oder Noch mal zum Einsatz, sondern auch ein Element, das uns aus Camel Up bekannt ist.
WORUM ES GEHT
Eigentlich ist es ganz leicht. Es gibt fünf Typen von Stadtelementen – Straßen, Fabriken, Parks, Geschäfte und Wohngebiete. Diese wollen wir möglichst optimal auf unserem Plan puzzeln. Die aktive Person hat das Erstwahlrecht, alle anderen können die von der aktiven Person gewählte Farbe nicht mehr wählen, aber frei aus allen restlichen. Die Vorgabe der Farben erfolgt durch einen Schüttelkasten mit verschiedenfarbigen Würfelchen, von denen immer genau 9 (3×3) aus dem Kasten fallen.
WIE ES SICH SPIELT
Im Prinzip habe ich eben schon fast alles beschrieben. Wer aktiv ist, schüttelt das Kästchen und es liegen anschließend genau 9 Würfelchen verschiedener Farbe in der Tischmitte. Jede Farbe steht dabei für eine der fünf Stadtbauelemente – Straßen, Fabriken, Parks, Geschäfte und Wohngebiete. Die aktive Person sagt nun an, welche Farbe sie wählt und nimmt sich die entsprechende Anzahl Plättchen der gewählten Farbe. Das Puzzeln auf dem eigenen Tableau sollte dann natürlich so erfolgen, dass es am Ende die maximale Punkteausbeute gibt. Dabei gibt es aber eine Besonderheit, die das Ganze erschwert. Die gewählten Würfelchen geben nämlich nicht nur die Farbe und Anzahl, sondern auch die genaue (!!!) Anordnung vor. Sprich, man darf sie weder drehen noch spiegeln oder sonst irgendwie anders hinlegen. Aus diesem Grund liegen auch die Tableaus in derselben Orientierung aus. So fällt es leichter die richtige Stelle zu finden. Haben alle anderen auch eine Farbe gewählt – aber nicht die Farbe der aktiven Person – werden alle Würfelchen wieder in die Schüttelkiste gepackt und die nächste Runde von insgesamt 15 beginnt. In den letzten drei Runden darf übrigens aus dem Vollen geschöpft werden und alle dürfen jede Farbe frei wählen.
Nach 15 Runden ist Schluss und es wird abgerechnet. Jedes Stadtbauelement hat dabei natürlich seine eigene Punkteregel. Straßen bringen je Plättchen einen Punkt, sofern sie bis an den Rand angeschlossen sind (nur orthogonale Verbindungen). Fabriken bringen 1 Punkt neben mindestens einer Straße und einen weiteren neben mindestens einem Park, maximal also zwei Punkte pro Plättchen. Die Wohngebiete bringen immer zwei Punkte je Gebiet wobei ein Gebiet aus zusammenhängenden roten Plättchen oder auch nur einem einzelnen besteht. Grenzt ein Wohngebiet an eine Fabrik, ist es keine Punkte wert. Parks bringen 1 Punkt neben einem Wohngebiet und einen Punkt neben einer Fabrik, also auch max. 2 Punkte je Park-Plättchen. Die Geschäfte sind je nach Lage 1, 2 oder 3 Punkte wert. Allerdings müssen sie mit einer Straßenverbindung nach außen versehen sein. Fehlt diese, sind sie nichts wert. Und last but not least gibt es 3 Punkte, falls gewisse Reihen und Spalten komplett gefüllt sind oder bestimmte Bedingungen erfüllen. Diese Voraussetzungen wurden zu Beginn des Spiel am Rand verteilt – zufällig, aber bei allen Mitspielenden gleich angeordnet. Ein Randplättchen hat immer zwei Möglichkeiten zu punkten. Entweder man erfüllt die Bedingungen einer Reihe – bspw. Vier Fabriken in der Reihe – oder man schließt eine Reihe komplett. Hat mein eines (!!!) davon erreicht, dreht man das Plättchen um. Jedes der Randplättchen ist drei Punkte wert, wenn es erfüllt ist. Wer die meisten Punkte hat gewinnt.
WIE ICH ES FINDE
Vorab zur Einordnung: Ich mag Städtebau-Spiele. Suburbia und Quadropolis zählen dabei zu meinen Lieblingsspielen. Da musste ich mir Shake That City natürlich ansehen und habe es auch direkt über die Crowdfunding-Kampagne unterstützt.
Vieles kommt bekannt vor, aber eine Besonderheit ist eher unüblich. Den Auswahlmechanismus kennt man aus zahlreichen Spielen. Mir fallen da immer die üblichen Roll&Write Spiele ein. Da ist es ähnlich und ich mag den Mechanismus. Er reduziert die Rundenzahl und die Downtime und erlaubt auch den nicht aktiven Personen in der Regel einigermaßen sinnvolle Züge. Die Schüttelkiste erinnert mich an die Camel Up Pyramide und funktioniert erstaunlich gut, wenn man mal den Dreh raushat, wie lange man drückt und darauf achtet, dass das Teil wirklich auf dem Tisch stehen muss.
Unüblich ist das Puzzeln. Die Vorgabe der Farbe ist ja üblich, aber dass die Form der Plättchen nicht verändert, gedreht oder gespiegelt werden darf ist eher unüblich und erfordert am Anfang etwas Übung. Aber es macht auch den Reiz aus. Denn so muss ich wirklich sehr genau überlegen, welche Farbe ich wähle und was das ggf. alles verbaut. Dazu kommt, dass manche Farben etwas seltener in der Schüttelkiste sind, was sich wirklich meistens auch in der ausgebrachten Auswahl widerspiegelt. Zusätzlich gilt es das richtige Maß zwischen dem Puzzeln vieler Plättchen und dem Wählen der richtigen Plättchen zu finden. Denn oft verbaut man sich mit vielen Plättchen schnell punkteträchtige Wege.
Prima ist auch, dass es nahezu keine Downtime gibt, denn alle können ja bereits die Lage checken und welche Farbe sie wo und wie einbauen könnten. So hat jeder immer was zu tun. Und auch die Anzahl an Runden klingt mit 15 sehr lang, ist aber tatsächlich erfrischend kurz. In den bisher gespielten Partien ging es sowohl zu zweit, als auch zu dritt oder zu viert wirklich flott von der Hand.
Und die negativen Seiten? Nun ja, man könnte sagen, dass das Spiel recht schnell erforscht ist und es dann nur wenig Neues bietet. Allerdings verlaufen die Partien auch immer anders und haben so eine gewisse Varianz. Aber es stimmt schon, nach anfänglich steiler Lernkurve weiß man dann irgendwann wie der Bagger fährt. Gut, dass in der Kickstarter-Version noch ein paar Besonderheiten freigeschaltet wurden. Einmal gibt es Baustellen-Plättchen, die erst entfernt werden, wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt ist – bspw. ein Wohngebiet orthogonal an eine Straße. Ansonsten blockieren sie die Felder auf denen sie liegen und dort kann nicht gebaut werden. Wer gewinnen will muss dann alle Baustellen entfernt haben und die meisten Punkte erzielen. Zusätzlich gibt es noch das Beachfront-Tableau auf der Rückseite, bei der die Wertung noch mal etwas anders ist. Es gibt also durchaus Varianz. Und es gibt noch die Variante WILD NIGHTS, bei der Joker-Würfelchen in der Schüttelkiste sind, die aber nicht mehr zurückgehen in die Kiste, wenn sie einmal herausgepurzelt sind.
Das Material ist dem Preis mehr als angemessen und die Konstruktion der Schüttelkiste geradezu genial. Die grafische Gestaltung passt aus meiner Sicht und ist hinreichend klar in Bezug auf Erkennbarkeit der einzelnen Stadtbau-Elemente.
FAZIT
Shake That City ist ein einfaches, schnelles und eher wenig komplexes Städtebauspiel, das sich vor allem an Menschen richtet, die weniger spielen oder eben auch mal ein solche einfach zugängliches Spiel aus dem Genre suchen. In den bisherigen Runden kam Shake That City immer ausgesprochen gut an und konnte auch Gelegenheitsspielerinnen und -spieler überzeugen. Klar vermissen Vielspielerinnen und -spieler vielleicht ein paar mehr taktische und strategische Optionen, aber die will dieses Spiel ja gar nicht liefern. Und das was es sein will, macht es aus meiner Sicht mehr als gut.
Shake That City erscheint im Frühjahr beim Bad Krozinger Verlag Board Game Circus, für den ich ja auch einige Zeit tätig war. Ich freue mich sehr, dass es diese tolle familientaugliche Spiel auf den deutschen Markt geschafft hat und dann auch noch bei meinen lieben Ex-Kollegen. Und gaaaanz unschuldig war ich daran wohl auch nicht… 😉
Empfohlen für: Städtebau-Fans und solche die es werden wollen.
Nichts für: Komplexitätsfetischisten
Die Rahmendaten
Autoren: Mads Fløe, Kåre Torndahl Illustration: Olga Kim Spieldauer: 20-40 Minuten Anzahl: 1-4 Personen Alter: ab 8 Jahren
Link zu Boardgamegeek: https://boardgamegeek.com/boardgame/359764/shake-city
Lesezeit: 4MinutenWer von uns kennt sie nicht? Die Blicke!!! Die Blicke nachdem man offenbart hat, dass man sich in seiner knapp bemessenen Freizeit mit Kinderspielenäääääääh Brettspielen beschäftigt. Und der Witz mit den Bettspielen ist übrigens auch alt mittlerweile… Selbst Menschen, die als Erwachsene Computerspiele spielen, werden nicht so mitleidig gemustert wie wir Brettspieler – schließlich gibt es da ja auch E-Sport-Profis, die damit riiiiiiichtiiiig viel Geld verdienen. Aber wir kennen sie alle, die Blicke… Zeit dagegen aufzubegehren!
Die letzten Jahre haben dafür gesorgt, dass Brettspiele akzeptiert werden als Hobby…dachten SIE! Das ist mitnichten so und es gibt immer noch wahnsinnig viele Menschen, die nicht glauben können, dass man als Erwachsener so viel Zeit mit so einem Kinderkram verschwenden kann – ja genau, du hast richtig gelesen, VER-SCHWEN-DEN!
Und dazu dann noch ein leicht süffisantes Lächeln, wenn man bestätigt, dass das Gerücht aus der Nachbarschaft wahr ist. Hinter vorgehaltener Hand wurde schon lange drüber getuschelt und dann hat sich endlich einer getraut mal zu fragen.
„Warum braucht man eigentlich so viele Spiele? Ist doch Quatsch und vollkommen unnötig!“
„Eine Spielesammlung mit Mensch ärgere dich nicht und Mühle reicht doch völlig aus!“
„Außerdem kann man auch mit einem einzigen Kartenspiel schon sooo wahnsinnig viele verschiedene Spiele spielen. Skat, MauMau…“
„Mehr als 25 Euro soll das Spiel kosten? Viel zu teuer!“
„Die Anleitung hat mehr als 2 Seiten? Das ist bestimmt so ein kompliziertes Strategiespiel, nix für mich.“
“Also wir spielen am liebsten Monopoly und UNO. Andere Spiele brauchen wir nicht!”
…
Die Liste der Vorurteile und gedroschenen Phrasen ließe sich unendlich fortsetzen. Wir sind nun mal Geeks…ist doch nix schlimmes, oder?
Für manche schon, denn der Geek ist zunächst mal ein sonderbares Wesen. Die Wortbedeutung geht zurück auf Jahrmarktdarsteller, die lebendigen Tieren den Kopf abbissen. „uuurgh“ Das deutsche Wort Geck bezeichnet einen Narren oder Toren. Klingt bis jetzt noch nicht nach einem friedvollen und geistreichen Spieleabend unter Freunden. Allerdings hat auch dieser Begriff über die Zeit eine Wandlung durchgemacht und bezeichnet mittlerweile Menschen, die sich sehr intensiv mit einem bestimmten Thema oder Hobby auseinandersetzen. So finden sich Geeks im Bereich der Technik/Informatik, des Films und eben bei Brettspielen. Was aber unterscheidet diese Geeks eigentlich von anderen Menschen, die sich intensiv mit ihrem Hobby auseinandersetzen? Eigentlich nichts, wenn wir ehrlich sind.
Blicken wir auf andere Lebensbereiche, finden wir auch da Geeks:
Den Fußballfan, der weiß, wer im März 1983 in einem Spiel auf regennassem Platz ausgerutscht ist und danach einen blauen Fleck am Po hatte.
Den Weinliebhaber, der nur am Geruch erkennt, welche Traube aus welcher Region im Wein verarbeitet wurde.
Den Kunstkenner, der im Nu Künstler und Epochen benennen kann und weiß, wie viele Farbschichten das Bild von Gerhard Richter hat.
Den Operngänger, der selbst bei italienischen Opern den Text auswendig kann und vielleicht sogar mitsingt.
Was unterscheidet sie eigentlich von uns Brettspielern, die am ausgepöppelten Stanzbogen erkennen, welches Spiel da gerade gekauft wurde? Eigentlich nichts, wenn wir ehrlich sind. Und trotzdem müssen wir Brettspiel-Connaisseure uns stets den Vorwurf gefallen lassen, infantil zu sein. Mich ärgert das mitunter und ich frage mich wirklich, wie wir das nachhaltig ändern können!? Wie kann man mehr Anerkennung für ein Hobby erhalten, dass von vielen immer noch als Kinderkram abgetan wird oder als Tätigkeit von Menschen, die so wenig Kontakt wie möglich zu anderen Menschen haben wollen. Letzteres regt mich besonders auf! Denn Spielen ist Kommunikation und Interaktion und nicht Abschottung. Wir sitzen nicht im Keller und spielen obskure Dämonen beschwörende Spiele – okay, manchmal schon – aber eben nur im Spiel!
Jeder, der einmal auf den Internationalen Spieltagen in Essen oder einer anderen Ansammlung von Brettspielbegeisterten war, wird merken, was für ein unvoreingenommenes und offenherziges Völkchen wir merkwürdigen Brettspieler doch sind. Da sitzen 70-jährige pensionierte Professoren der Gesellschaftswissenschaften neben 23-jährigen langhaarigen Deathmetal-Fans und diskutieren ernsthaft darüber, ob das neue Zombie-Kartenspiel auf dem Tisch das Zeug zum Publikumshit hat. Wo sonst kann man generationen- und schichtenübergreifend so friedvoll miteinander umgehen? Und genau das ist es was wir allen klar machen müssen. Wir sind Geeks, na und?
Wir Spieler sind kommunikativ, offen und haben selten, wirklich nur ganz selten, Denkverbote. Klar sind wir Geeks! Brettspiel-Geeks, die statt sämtlichen kicker-Ausgaben seit 1983 eben vielleicht jedes Spiel des Jahres im Schrank haben. Große Publikumsveranstaltungen helfen da sicherlich und locken auch mal den einen oder anderen Neuling an. Und ich glaube, das ist der einzige Weg. Öffentlichkeit suchen und so viele Menschen wie möglich zum Spielen bringen. Mitunter ist es mühsam, aber es lohnt sich. Denn wenn man einmal gesehen hat, wie sich jemand, der eigentlich überhaupt keine Lust auf Brettspiele hatte, auf einmal in ein Spiel reinfuchst und sich dann tierisch ärgert, wenn der Gegner ihm den letzten und vielleicht siegbringenden Zug blockiert, wer das kennt, der weiß, warum wir spielen. Und am Ende des Abends sitzt man noch zusammen und redet und lacht darüber was so alles passiert ist. In unserer durchdigitalisierten Welt ist es genau das was Brettspiele bieten können. Eine analoge Feuerstelle um die sich alle versammeln und sich gemeinsam die Zeit vertreiben mit Geschichten und fremden Welten oder einfach nur einem spaßigen Abend.
Und das Tollste: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Das gilt für Fußball-Geeks genauso wie für Brettspiel-Geeks.
Tragt euer Hobby und eure Leidenschaft nach draußen und seid stolz darauf ein Geek zu sein. Erwähnt es bei jeder Gelegenheit und macht den Menschen klar, wie toll es ist, gemeinsam mit anderen am Tisch zu sitzen und zu spielen, dabei zu reden, zu grübeln und sich diebisch zu freuen, wenn eine geplante Strategie aufgeht.
Und noch etwas schätze ich sehr am Spielen: Man lernt Niederlagen als Chance zu begreifen. Beim nächsten Mal möchte man es besser machen. Wo sonst im wahren Leben kann ich einfach mal was probieren (“Dann kauf ich dieses Werkzeug eben für alles Gold, das ich habe!!!”) ohne Angst vor den Konsequenzen haben zu müssen?! Auch das geht nur im Spiel…
Und jedem, der das alles nicht akzeptieren will, dem kann man nur schulterzuckend sagen:
Lesezeit: 2MinutenWir alle lieben unsere Spiele und finden sie auf ihre eigene Weise faszinierend. Entweder, weil wir uns immer wieder in fremde Welten flüchten können oder weil wir einfach einen Riesenspaß dran haben möglichst viele verschiedene zu besitzen und zu spielen. Wie auch immer, viele der Brettspielbegeisterten kaufen Spiele nicht einfach nur, sondern legen – manchmal leider zwangsweise – selbst Hand an, um ihre Spielerfahrung zu verbessern. Und genau hierüber werde ich in einer dreiteiligen Reihe berichten. Dabei befasse ich mich mit den unterschiedlichen Aspekten der Brettspieloptimierung vor, während und nach dem Spiel. Den großen Teil des Bemalens von Miniaturen, der ja durchaus auch dazu zählt, habe ich dabei ausgeklammert, da es ein zu weitläufiges Feld ist und vielleicht mal ein eigenständiges Thema wird.
Sortierboxen – kann man ohne leben?
Der erste und umfangreichste Teil Auspöppeln, ordnen und sortieren…und Regeln lesen beschäftigt sich damit, wie man Ordnung in seine Spiele bringen kann. Damit meine ich nicht die Sortierung im Regal (nach Name, Verlag oder Spieltyp – wie macht ihr das eigentlich?!), sondern vielmehr die Verbesserung der Ordnung in der Schachtel selber. Aber auch die Vorbereitung auf das erste Spiel zählt hierzu.
Im zweiten Teil Das Spiel beginnt…geht es um alles während des Spiels. Denn auch hier kann man die Erfahrung verbessern und die Atomosphäre näher an das eigentliche Thema des Spiels rücken. Und es gibt einige Must-haves, die wirklich jeder Vielspieler nutzen sollte.
Der dritte Teil Nach dem Spiel ist vor dem Spielbeschäftigt sich damit, die Spielerfahrung festzuhalten oder sich (besser?!) auf künftige Partien vorzubereiten.
Ab in den Würfelturm…
Sicherlich werden euch einige der Tools und Tipps bekannt sein, aber vielleicht findet ihr ja auch die ein oder andere neue Information, die euch künftig hilft, die Spielerfahrung zu verbessern.
Ich werde die Artikel mit möglichst vielen Informationen, Links und Bildern spicken und werde vielleicht auch noch das ein oder andere Video hinzufügen (da bin ich mir aber noch nicht sicher…). Zumindest wird es sicherlich der aufwändigste Teil des Blogs bisher, da ich viele verschiedene Dinge anschauen musste und kommentiere. Ich hoffe, dass sich der Aufwand lohnt und ich möglichst vielen vielleicht noch etwas Neues zeigen konnte…
Und wer noch bessere oder einfach noch ganz andere Ideen und Tipps haben sollte, der packt das entweder hier, auf Facebook, Twitter oder Instagram in die Kommentare…
Im Vorfeld möchte ich mich schon mal bei allen Firmen und Verlagen bedanken, die mich hierbei durch Muster, Informationen oder Promo-Codes unterstützt haben. Vielen Dank dafür!
Lesezeit: 7MinutenMit seinem Spiel El Gaucho legte Arve D. Fühler 2014 ein familientaugliches Spiel vor, bei dem sich alles um südamerikanische Rinderbarone und die Zusammenstellung möglichst wertvoller Rinderherden dreht. Zentraler Antrieb von El Gaucho ist ein Würfelmechanismus, bei dem man durch das Auswählen zweier Würfel versucht die wertvollsten Rinder zu ergattern. Apropos ergattern, das besondere Feature an seinem Spiel ist das kleine Gatter in das man die Würfel wirft. Das sieht nicht nur einfach toll aus, sondern ist praktisch (Würfel werden in Zaum/im Zaun gehalten) und hat einen hohen Aufforderungscharakter. Und wer mag, kann sich das Gatter ja mal genau anschauen, vielleicht entdeckt ihr ja eine Liebeserklärung ;-). Neben diesem Würfeln und Sammeln kann man seine Gauchos noch zu verschiedenen Gebäuden entsenden, die den Spielern dann Sonderaktionen im weiteren Spielverlauf ermöglichen.
Im selben Jahr wie El Gaucho erschienen auch seine Spiele Scharfe Schoten (Huch&Friends) sowie Pagoda (Pegasus Spiele) und dann dieses Jahr noch Skibe (Huch&Friends).
Aktuell arbeitet Arve an einer ersten Erweiterung für El Gaucho, die 2017 erscheinen soll. Bisher erschien nur ein kleine Promo-Erweiterung (Die Futtersäcke), die im Rahmen von Matthias Nagys Brettspiel Adventskalender 2015 veröffentlicht wurde (mehr zum Adventskalender auch an dieser Stelle im Blog). Die neue Erweiterung fügt dem Spiel unterschiedliche Module hinzu, die flexibel in das Spiel integriert werden können. Mit Arve haben wir den Prototyp der Erweiterug gespielt und mit ihm über die neuen Module, den Prozess der Ideenentwicklung und seine weiteren Pläne gesprochen. Und das El Gaucho Kartenspiel hatte er dann auch noch dabei…
Die Bilder zeigen verschiedene Prototypen-Stadien von El Gaucho, die Arve uns zur Verfügung gestellt hat. Das Bild des aktuellen Prototyps der Erweiterung sowie die weiteren Bilder stammen aus der Spieletest-Runde vom 15.12.2016.
Mit El Gaucho hast du einen tolles Spiel mit einem familientauglichen Thema herausbringen können. Nun steht die erste richtige Erweiterung in den Startlöchern. Was wird uns dabei in etwa erwarten?
Bei der Erweiterung handelt es sich um mehrere Module auf die alle El Gaucho Fans gespannt sein dürfen. Ich verrate schon mal soviel:
Es wird ein Modul für einen 5ten Spieler geben. Dazu braucht man natürlich noch zusätzliche Tiere damit jeder Spieler genug Herden zusammen stellen kann. Aber es kommen nicht einfach 12 neue Rinder ins Spiel sondern es gibt eine neue Tierart: Pferde! (Oh ja, Gauchos lieben Pferde) Pferde haben einen anderen Wertungsmechanismus als Rinder und können eine Menge Pesos/Siegpunkte einbringen, daher sind sie auch immer stark begehrt und umkämpft. Und wer einmal die Pferde kennengelernt hat, wird sie lieben und nie mehr ohne sie spielen wollen.
Auch der Würfelmechanismus ist im Spiel zu fünft leicht modifiziert. Es gibt Würfel, die allen Spielern zur Verfügung stehen. Das macht die Würfelauswahl interessanter und erhöht ein wenig die Chancengleichheit – besonders für die hinteren Spieler.
Das schöne an dem 5-Spieler-Modul ist, das man es auch mit weniger Personen spielen kann. Für die Pferde wird einfach eine Rinderrasse aus dem Spiel entfernt. Möchte man eine längere Partie El Gaucho spielen, kann man auch einfach die Pferde hinzufügen.
Erste Einblicke in die Erweiterung von El Gaucho
Ein weiteres Modul ist der „Leiharbeiter“ (Arbeitstitel). Diesen kann man zu Beginn jeder Runde ersteigern. Und zwar mit Pesos! Denn jeder Spieler startet mit einer bestimmten Summe an Pesos – also Siegpunkten –, die er investieren kann. Wer den Leiharbeiter ersteigert, hat am Rundenende einen großen Vorteil, denn der Leiharbeiter macht seinem Namen alle Ehre. Ein kleines aber feines Modul, das die Interaktivität durch die Versteigerung steigert.
Und da wir gerade bei Pesos sind: das dritte und „größte“ Modul wird ein „Aktionstableau“ sein. Darauf sind vier neue Gebäude abgebildet, die allerdings noch im Rohbau sind. Du kannst in diese Gebäude investieren – mit Pesos – und sie ausbauen. Jedes fertige Gebäude bringt dir pro Runde eine zusätzliche Aktion. Und hast du alle Gebäude vollendet wartet noch eine weitere Zusatzaktion auf dich. Allerdings sind diese Zusatzaktionen ziemlich stark, daher kostet ihre Anwendung jedes Mal weitere wertvolle Pesos.
Mit dem Leiharbeiter und den neuen Gebäuden kommt ein, wie ich finde, wirklich schöner Wirtschaftsaspekt in das Spiel. Da dein Vorrat an Pesos irgendwann erschöpft ist, musst du relativ früh Herden verkaufen, um an frisches Geld zu kommen – ein schönes Dilemma. Außerdem hast du pro Zug viel mehr Aktionsmöglichkeiten. Das macht El Gaucho noch taktischer, spannender und für Vielspieler wirklich interessant.
Das sind die Erweiterungen an denen wir – also der Argentum Verlag und ich – aktuell arbeiten. Ich hoffe, das sie dann 2017 erhältlich sein werden. Es gibt natürlich noch weitere Modul-Ideen, von denen manche auch schon getestet sind … aber eins nach dem anderen.
Modulare Erweiterungen sind aktuell ein Trend in der Branche. Was fandest du im Vergleich zu einer großen Erweiterung daran so reizvoll?
Ich persönlich mag modulare Erweiterungen. Man kann sie je nach Spielergruppe, nach Spielerfahrung und auch nach benötigter Zeit dosieren und kombinieren. Außerdem ergeben sie in unterschiedlichen Konstellationen meistens ein anderes Spiel, bzw. verlangen sie eine andere Taktik oder Strategie. Das finde ich spannend.
Für El Gaucho hatte ich ehrlich gesagt nie über eine „große“ Erweiterung nachgedacht. Das Spiel ist in meinen Augen immer noch ein (gehobenes) Familienspiel und daher war es mir ein Anliegen das Spiel nicht zu weit aufzubrechen, sondern den Spielern einfache und flexible Möglichkeiten zu bieten El Gaucho anders, bzw. neu zu spielen – mit möglichst wenig Regeln. Aber trotzdem denke ich, dass mit den neuen Modulen – besonders mit dem Aktionstableau – viel mehr Spieltiefe und neue Spielaspekte in El Gaucho kommen.
Wie kommst du auf die Ideen für die Erweiterungen? Hast du die schon in der Schublade, also beispielsweise Ideen aus dem vorherigen Entwicklungsprozess, oder entwickelst du die einzelnen Dinge komplett neu?
Es war so, dass mich der Argentum Verlag direkt auf Erweiterungen für El Gaucho angesprochen hatte. Ich habe mich also hingesetzt und unterschiedlichste Ansätze am Schreibtisch entwickelt. Das ist ein normaler kreativer Prozess: wenn es gut läuft, sprudeln die Ideen, wenn es schlecht läuft, ist es eine Quälerei – es lief gut. Ich hatte in kurzer Zeit einen Haufen beschriebenes Papier mit ganz vielen Ideen und Ansätzen.
Und nein! Es waren keine Ideen aus der Entwicklungsphase dabei. Allerdings gab es bei einem frühen Prototyp schon mal Pesos als Währung – aber das war dann doch ganz anders.
Wie testet du deine neuen Ideen? Erst mal alleine oder gleich in einer größeren Runde?
Ich teste ungern und ganz selten alleine – höchstens dann, wenn es um rein mechanische Dinge geht. Ich finde es wichtig von Anfang an zu sehen, wie andere Menschen mit einer Idee, mit einem Thema oder mit einem Mechanismus umgehen und wie sie das Spiel spielen – das beeinflusst schon oft sehr früh die weitere Entwicklung eines Prototypen. Schließlich entwickele ich die Spiele ja nicht für mich, sondern damit sie von möglichst vielen Menschen gespielt werden.
Schon mit Gatter – Prototyp von El Gaucho
Normalerweise entsteht ein Prototyp bei mir erst in Gedankenarbeit. Habe ich ein schlüssiges Konzept im Kopf, schreibe ich es erst mal auf. Danach entsteht dann ein erster rudimentärer Prototyp, den ich meistens mit meiner Frau und manchmal auch mit den (inzwischen großen) Kindern teste – in der Familie ist die Toleranzgrenze sehr hoch. Hat der Prototyp die ersten Schritte gemacht, weite ich die Tests auf gute Spielerfreunde aus, dann geht es in Spielkreise und öffentliche Spieleveranstaltungen bis hin zu den Verlagen.
Apropos, was treibst eigentlich neben dem “Hobby” Spieleautor so beruflich? Ich vermute mal, dass du noch nicht davon leben kannst.
Ich habe Kommunikations-Design studiert und arbeite als Creative-Director in einer Frankfurter Werbeagentur. D.h. ich entwickele Ideen, Konzepte sowie alles Visuelle für unsere Kunden – für die digitale und für die analoge Welt. Das schöne daran ist, das sich das Berufliche und das Spielentwickeln in sehr vielen Bereichen überschneidet.
Wie viel Zeit verwendest du etwa auf das Entwickeln und Testen der Spiele pro Woche oder Monat?
Früher Entwurf zu El Gaucho
Ich investiere schon sehr viel Zeit. Allerdings differenziere ich dabei zwischen passiver Zeit und aktiver Zeit. In der passiven Zeit denke ich viel nach, konstruiere, formuliere und fabuliere im Kopf – sehr oft beim Autofahren. Aktive Zeit heißt Prototypen erstellen, Regeln schreiben, testen, auswerten, anpassen, usw. Zusätzlich kommt natürlich noch das „laufende Geschäft“ – also z.B. Interviews beantworten ;-), Kontakte mit anderen Autoren und Verlagen pflegen sowie die Arbeit im Vorstand der SAZ (Spiele-Autoren-Zunft). Ich mag das gar nicht zusammenrechnen, aber pro Woche sind das ca. 10 bis 20 Stunden – zusätzlich zu einer 60-Stunden Arbeitswoche. Und doch ist das viel zu wenig Zeit um all die Ideen umzusetzen, die ich auf dem Zettel habe. Wer meinen Blog besucht wird feststellen, dass dort seit Februar 2016 nichts passiert ist. Da bin ich sehr traurig drüber, aber ich stecke im Moment jede freie Minute in die Spieleentwicklung.
Ich stelle mir das toll vor, wenn ein Spiel von sich selber im Regal eines Händlers steht oder man es im Online Handel sieht. Aber wie geht man damit um, wenn ein Spiel bei der Kritik mal nicht so gut ankommt? Einfach abhaken oder trifft dich das sehr?
Oh, das bin ich gewohnt 😉 Pagoda ist in Deutschland ziemlich durchgefallen, Scharfe Schoten ebenso und aktuell bekommt Skibe auch nicht die besten Kritiken. Aber das ist auch immer relativ.
Der deutsche Markt und speziell der Vielspielerbereich ist schon sehr eigen in seinen Vorlieben und zum Teil leider auch sehr eingefahren. Oftmals werden Spiele nur an den eigenen Kriterien und Interessen gemessen und nicht daran, was das Spiel eigentlich sein will. Das sei ja jedem zugestanden, aber wenn das Meinungsbildner wie Journalisten, Blogger, Podcaster etc. tun, finde ich das schon sehr schade.
Das ist jetzt kein Jammern oder Wehklagen meinerseits. Schaue ich zum Beispiel die Kritiken zu meine Spielen auf BoardGameGeek an, sind diese schon sehr polarisierend – von ganz schlecht bis super. Das finde ich gut, denn für mich heißt das: meine Spiele sind nicht langweilig und es gibt genug Menschen, die daran Gefallen haben – und das ist was für mich zählt und was mich motiviert. Und auch wenn ein Spiel in Deutschland nicht so gut läuft oder ankommt, sagt das noch nichts über den internationalen Markt aus. In anderen Ländern werden die gleichen Spiele oft anders gespielt – manchmal auch mit etwas mehr Spaß!
Zum Schluss bleibt nur noch die Frage, was noch so in Arves Köcher ist. Auf was dürfen wir uns neben der Erweiterung für El Gaucho freuen? Hast du noch was “Großes” in Vorbereitung?
Was heißt denn etwas „Großes“?! Ich versuche ja meistens Größe im „Kleinen“ zu schaffen. Aber tatsächlich arbeite ich an einem – für mich – größeren Spiel: „Capone City“. Nach ca. zwei Jahren Entwicklungszeit ist das Spiel für mich so ziemlich auf der Zielgeraden. Ich bin aktuell in den letzten Testphasen, bevor der Prototyp (erneut) an Verlage geht. Aber bis zu einer Veröffentlichung ist es sicherlich noch ein langer Weg.
Prototyp des El Gaucho Kartenspiels
Im Frühjahr 2017 wird bei Huch! & friends ein weiteres 2-Personen Spiel von mir erscheinen: „TA·KE“. Ein äußerst taktisches Spiel, eingebettet in einem japanischen Setting. Da freue ich mich wahnsinnig drauf, weil ich es für eines meiner bisher besten Spiele halte. Und die Zusammenarbeit mit der Redaktion von Huch! & friends macht enorm Spaß und ist immer eine Freude. Das wird ein tolles Ding.
Außerdem bin ich aktuell dabei „El Gaucho – Das Kartenspiel“ zu testen. Das läuft schon ziemlich rund und macht mächtig Spaß. Was aber damit passiert und ob das Spiel beim Argentum Verlag veröffentlicht wird kann ich noch nicht sagen. Das steht noch im argentinischem Sternenhimmel.
Und da sind dann noch einige weitere Prototypen an denen ich aktiv arbeite. Mir wird also so schnell nicht langweilig.
Lesezeit: 5MinutenDer griechische Verlag Artipia Games fiel auf der diesjährigen Spielemesse in Essen mit gleich zwei interessanten Publikationen auf. Neben dem bereits vorab mit positiven Rezensionen (u.a. von Cron von Hunter & Cron) bedachten Pursuit of Happiness, wurde auch die Kickstarter Version des Farm-Spiels Fields of Green ausgegeben – allerdings nur an die Unterstützer, die die “Essen-Pickup”-Option gewählt haben. Um diese sehr nah am Ende der Kickstarter-Aktion gelegene Terminplanung hinzubekommen, wurde das Spiel in einer lokalen Druckerei produziert und nach Essen gebracht. So konnte ich es bereits in Empfang nehmen und nun auch schon spielen. Sowohl Fields of Green als auch Pursuit of Happiness sind derzeit nur in englisch zu erhalten.
Wie es gespielt wird
Fields of Green basiert auf dem bereits länger bekannten und allseits gelobten Among the Stars. Aber wie wir wissen – spätestens jetzt wisst ihr es – sind Weltraum-Themen in der Spieleszene nicht bei allen wohl gelitten. Vor allem die weibliche Zielgruppe mag dann doch lieber realere Themen. Warum also nicht kurzerhand das Thema wechseln? Noch die entsprechend notwendigen Anpassungen an den Regeln vornehmen und fertig ist der Landwirtschaftsklon vom Weltraumspiel. Ganz so einfach wie es klingt war es wohl nicht 😉
Fields of Green ist zunächst mal ein Card Drafting Spiel, bei dem man einen Satz Karten erhält, eine Karte ausspielt und anschließend die restlichen Karten weitergibt. So weit, so klassisch. Allerdings gibt es bei Fields of Green vier unterschiedliche Kartentypen (Felder, Gebäude, Vieh, Anlagen) und jeder Spieler kann sich die sechs zu ziehenden Karten seines Satzes von den vier Stapeln beliebig zusammenstellen. Mindestens drei unterschiedliche Stapel müssen jedoch genutzt werden. Somit kann das Start-Set an Karten jedes Spielers sehr unterschiedlich ausfallen. Aber Fields of Green ist auch ein Tile-Laying-Spiel, denn beim Auslegen der einzelnen Karten kommt es auch noch darauf an, wie man diese auslegt, denn die einzelnen Karten haben teilweise Abhängigkeiten zu anderen Karten. Dabei spielt dann die Reichweite und damit die genaue Lage der Karten im eigenen Tableau eine wichtige Rolle
Am Anfang noch beschaulich…
Alle Spieler starten zunächst mit einem Wasserturm und einem Silo. Letzteres dient zum Lagern von Getreide, Früchten und Gemüse, ersteres sorgt für die Versorgung der Felder mit Wasser.
Zu Beginn der “nur” vier Runden geht es noch recht beschaulich zu. Man baut ein Feld an oder eine kleinere Viehzucht auf und schon ist die erste Runde zu Ende. Sollte man mal Geld benötigen, kann man eine Karte abwerfen und erhält dafür 2 Geldstücke (bei Abgabe von zusätzlichen Getreidemarkern auch noch etwas mehr, bis zu maximal sechs Geldstücke). Am Ende der Runde gibt es eine Erntephase und man kann nacheinander entscheiden, wo man Wasser einsetzt und Nahrungsmittel erhält oder diese wieder verfüttert, um Geld zu erhalten. Hierbei muss man nicht nur aufpassen, dass man genug Wasser hat, sondern benötigt auch Lagerplatz für das gewonnene Getreide, denn ansonsten verfällt es.
Zu Beginn der neuen Runde werden erst mal der Wasser- und Kornspeicher etwas aufgefüllt und man erhält etwas Geld – wahrscheinlich irgendwelche Subventionen.
Insgesamt werden so vier Runde gespielt und je länger man spielt desto größer wird die eigene Farm und desto weniger Zeit und Muße hat man, um zu schauen, was der Nachbar so auf seiner Farm treibt.
Am Ende der vierten Runde wird noch mal geerntet und anschließend mittels des kleinen Punkteblocks (sehr löblich diese Dreingabe!) die Punkte gezählt. Diese erhält man für eine Vielzahl von unterschiedlichen Segmenten. Einerseits für Geld (3:1), Nahrung (2:1) und verbrauchtes (!!!) Wasser (je leerem Wasserturm 1 Punkt). Die einzelnen Felder, Viecher und Anlagen bringen Punkte gemäß Angabe auf der Karte. Interessant sind die Gebäude, die Punkte für bestimmte andere Felder, Viecher oder bestimmte Gemüse, Frucht oder Anagen bringen. Zudem gibt es noch Ausstattungskarten, die man während des Spiels einsammeln kann, die auch am Ende des Spiels Punkte einbringen.
Schön ist, dass die Zwei-Spieler-Variante den Spielablauf etwas abändert und aus einem Deck von insgesamt zwölf Karten sechs als allgemeine Auslage aufgedeckt werden. Der Startspieler wählt zuerst eine aus, dann der andere Spieler. Danach wird die Reihe der Karten wieder auf sechs aufgefüllt und weiter ausgewählt – solange, bis alle Karten weg sind. In der folgenden Runde wechselt der Startspieler und das Ganze startet von vorn. Eine schöne Variation des Drafting-Mechanismus, um ihn auch für zwei Spieler umsetzen zu können.
Was uns gefallen hat
Die Grafik des Spiels ist wunderschön und zieht die Spieler richtig in die Landwirtschaftswelt hinein. Thematisch passend sind meistens die Effekte der Karten designt. Ein Beispiel dazu: Die Hasen werden im Laufe des Spiels immer mehr, fressen entsprechend mehr, liefern auf der anderen Seite einen höheren Ertrag (ja, Landwirtschaft ist mittlerweile auch nur noch Business…). Solche Sachen gefallen mir in Spielen immer ausgesprochen gut. Dafür gibt es einen Sonderpunkt…
Insgesamt ist das Gameplay sehr rund und schnell erlernt und hat man erst mal die Karten und Typografie drauf, geht es auch mit dem Drafting schnell zur Sache. Kennen alle Mitspieler das Spiel, dann bekommt man eine Partie zu viert sicher auch schon mal einer Stunde über die Bühne. Die Spielzeit wächst mit mehr Spielern ohnehin nicht unbedingt wesentlich an, da man ja viele Spielschritte parallel durchführen kann und auch dann maximal sechs Karten je Spieler ins Spiel kommen.
Das Material ist über jeden Zweifel erhaben. Die Ressourcenmarker sind wirklich schön und hochwertig hergestellt. Die Karten sind Industriestandard und die Pappteile sind sehr gut gefertigt. Allerdings gilt hierbei zu beachten, dass meine Version die Essen-Pickup-Version st, die in einem anderen Herstellungslauf produziert wurde.
Gut gefiel uns auch die leichte Mechanikveränderung im Zwei-Personen-Spiel, die das Drafting auch bei zwei Personen interessant hielt.
Was uns nicht gefallen hat
Drücken wir es mal so aus: Des einen Freud ist des anderen Leid. Mir fehlte manchmal etwas Interaktion mit dem Mitspieler am Tisch. Das dürfte einigen Menschen allerdings gut gefallen, die es eben gerade nicht mögen, wenn ihnen jemand ihre Pläne durchkreuzt und die lieber ihr Tableau möglichst gut und in Ruhe optimieren wollen. Aber vielleicht bringt die kleine Erweiterung “Events” noch mal etwas Schärfe ins Spiel, die hatten wir nämlich noch nicht ausprobiert.
Weiterhin ist es gegen Ende äußerst schwierig alles im Blick zu behalten. Den Überblick zu haben, welche Karte dem Mitspieler gegebenenfalls viel bringt, um genau diese dann gegen Geld zu “verbrennen”, wird im fortschreitenden Spiel immer schwieriger. Das ist aber auch irgendwie thematisch, denn je größer der eigene Betrieb wird, desto weniger Zeit bleibt für die Nachbarschaftsspionage.
Auch benötigt man ein wenig Zeit, die einzelnen Karten in den ersten Runden kennenzulernen. Je öfter man spielt, desto leichter fällt das dann jedoch.
Fazit
Fields of Green ist eine interessante Kombination aus Card-Drafting und Tile-Laying, die mit dem wunderschön gestalteten Landwirtschaftsthema überzeugen kann und thematisch toll designte Spielmechanismen kombiniert. Für mich ein kleiner Geheimtipp und ähnlich toll wie Pursuit of Happiness, wenn auch etwas bodenständiger und taktischer. Letzteres ist aber bei den meisten Card Drafting Spielen der Fall. Wer Interesse hat, kann das Spiel auf der Seite von Artipia Games noch vorbestellen. Vielleicht erscheint es ja auch auf deutsch beim Schwerkraft Verlag, der auch Among the Stars veröffentlicht hat. Wer jedoch sicher sein will, dass er auch mit eventuellen Erweiterungen versorgt wird (dafür bietet das Spiel noch ausreichend Potenzial) und die englische Sprache nicht scheut, sollte ruhig zum englischen Original greifen.
Lesezeit: 5MinutenWie bereits im Interview mit ode. angekündigt, folgt nun noch die Rezension zu seinem neuen kleinen Spiel La Granja – No Siesta!.
Die zwei ersten Bilder zeigen den Prototypen in der Entwicklung und wurden von ode. zur Verfügung gestellt. Am Ende dann das fertige Spiel, aufgenommen von mir.
Mit La Granja konnte Andreas Odendahl (aka ode.) einen Achtungserfolg bei Vielspielern landen. Das Spiel mit dem Würfelmechanismus kam bei Vielspielern gut an und wurde 2015 in Portugal zum Spiel des Jahres gewählt. Der Würfelmechanismus war es dann wohl auch, der ode. dazu veranlasst hat, das Spiel vereinfachen zu wollen und den Mechanismus mit dem Würfel als zentrales Element zu erhalten. Ob dieses Unterfangen gelungen ist, galt es herauszufinden. Und wo kann man das am besten? Genau! Auf Mallorca.
Wie es gespielt wird
Bei No Siesta dreht sich alles um die Würfel. Pro Spieler werden zwei Würfel in den Pool gelegt und dann noch einer dazu oder mathematisch ausgedrückt: Anzahl Würfel = Anzahl Spieler x 2 + 1. Diese Würfel werden dann vom Startspieler gewürfelt und jeder Spieler wählt sich reihum einen Würfel aus. Das Ergebnis trägt jeder Spieler auf seiner Ertragsleiste mittels Holzscheiben ab, von denen er am Anfang vier besitzt. Die verbleibenden Würfel werden erneut gewürfelt, jeder Spieler wählt wieder einen Würfel aus und trägt ihn auf der Ertragsleiste ab. Dann wird der letzte Würfel gewürfelt, dieser gilt dann für alle Spieler zugleich. Mit den so auf der Ertragsleiste abgetragenen Gütern kann man dann unterschiedliche Bereiche seines Hofes vervollständigen. Dazu hat jeder Spieler vor sich ein Blatt mit einem aufgedruckten Hof liegen. Auf diesem kreuzt er die entsprechenden Güter dann mittels eines kleinen beiliegenden Bleistiftes (ich muss immer an ein gewisses schwedisches Möbelhaus denken) an.
Zunächst aber noch ein Blick auf die möglichen Güter, die man mittels der ausgewählten Würfel bekommen kann.
Oliven, Getreide, Weintrauben: Dies sind die sogenannten Erntegüter, die man insbesondere für die Martkarren und den Fernhandel verwenden möchte. Zusätzlich kann man Erntegüter in einer Lagehalle sammeln oder zum Anwerben von Helfern verwenden.
Münzen: Diese benötigt man vor allem für die Dachschindeln des Schuppens
Schwein und Esel: Diese benötigt man ähnlich der Erntegüter für die Marktkarren, den Fernhandel, das Anwerben der Helfern und kann auch diese in einem Stall ansammeln.
Siesta-Hüte: Diese braucht man ebenfalls für Marktkarren und Helfer, aber auch für die im Spiel nicht ganz unwichtige Siestaskala. Was diese soll und warum sie wichtig ist, werden wir später noch sehen.
Ist die oben beschriebene Würfelphase abgeschlossen, werden die auf der Ertragsleiste liegenden Plättchen für das Komplettieren der unterschiedlichen Bereiche des eigenen Hofes verbraucht. Nutzt man bspw. eine Münze für eine Schindel des Schuppens (diese müssen von links (zwei Münzen je Schindel) nach rechts (vier Münzen je Schindel) abgearbeitet werden) so nimmt man die Scheibe von der Ertragsleiste und kreuzt das erste Münzfeld der ersten Schindel an. So ähnlich geht das auch mit den anderen Bereichen vor sich. Bei den Marktkarren müssen die Waren ebenfalls von links nach rechts “aufgeladen” werden, wohingegen man beim Anheuern der Arbeiter, der Lagerhalle und dem Stall keinerlei Beschränkungen unterliegt. Besonders ist noch der Fernhandel, bei dem man drei mal die gleiche Ware in einem Zug abliefern muss – also bspw. drei Mal Weintrauben. Die unterschiedlichen Bereiche liefern bei Komplettierung nicht nur Siegpunkte, sondern erlauben es auch, Modifikationen vorzunehmen bzw. mehr Siegpunkte zu bekommen.
Schindeln auf dem Schuppen liefern interessante Einmalvorteile wie bspw. Erntegüter oder Tiere, die man dann zu einem beliebigen Zeitpunkt in einem seiner Züge einlösen kann. So lässt sich bspw. ein Fernhandel relativ leicht erledigen, denn es gibt bspw. auch Schindeln, die zwei Erntegüter liefern. Da man die Schindeln verdeckt zieht, kommt es hier ein wenig auf Glück an. Schlussendlich liefern die teureren Schindeln dann noch mehr Siegpunkte als die günstigeren.
Arbeiter liefern ähnlich wie die Schindeln ebenfalls Vorteile, allerdings sind diese dauerhafter Natur und nur einmal in jeder Runde einsetzbar. Zusätzlich liefern die teureren Arbeiter dann ebenfalls Siegpunkte.
Marktkarren, die komplettiert sind und ausreichend Esel vorgespannt haben, liefern sog. Handelswaren, die sich als Joker einsetzen lassen und die Besonderheit besitzen, dass man genau eine Handelsware in die nächste Runde mitnehmen kann. Weiterhin darf ein Spieler nach der Komplettierung eines Marktkarrens eine seiner vier Ertragsscheiben “opfern” und am Markt von Esporles als Bonusmarker hinterlassen. Diese fehlt einem dann zunächst im eigenen Vorrat der Ertragsscheiben, liefert aber am Ende wertvolle Zusatzpunkte, bspw. einen Punkt je Dachschindel, je angeheuertem Arbeiter, je ausgeführtem Fernhandel usw. Außerdem ist die Anzahl der Scheiben je Punktekategorie begrenzt (auf eine weniger als Mitspieler dabei sind), so dürfen in einer 3-Spieler-Partie nur zwei Mitspieler ein und dieselbe Kategorie besetzen.
Jeder ausgeführte Fernhandel liefert eine Handelsware und am Ende zwei Punkte, nicht mehr und nicht weniger.
Füllt man Lagerhalle oder Stall mit Erntegütern und Tieren, so bekommt man am Ende je Satz Erntegüter und je Satz Tiere einen Punkt.
Interessant wird es bei den Hüten. Nicht “verbrauchte” Hüte führen zu einem Vorrücken auf der Siestaskala, die zwölf Felder umfasst. Je Schritt auf der Leiste gibt es am Ende einen Punkt und an bestimmten Punkten auf der Leiste erhält man zusätzliche Ertragsscheiben aus einem allgemeinen Vorrat. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn man bereits Ertragsscheiben auf dem Markt von Esporles eingesetzt hat. Weiterhin löst das Erreichen des letzten Feldes der Siestaskala durch einen der Spieler das Ende des Spiels aus.
Was uns gefallen hat
Die Mechanik des Spiels mit den Würfeln ist für Spieler, die die moderneren Würfelspiele kennen, eingängig, andere brauchen einen kurzen Augenblick das Geschehen auf dem Spieltisch komplett zu erfassen. Spätestens nach zwei, drei Runden ist aber allen klar wie der Hase der Esel läuft.
Das Wettrennen um das Erfüllen der einzelnen Bereiche und das Taktieren um die Zusatzpunkte in Esporles machen das Spiel insbesondere nach ein paar Partien extrem spannend. Zusätzlich kann man die Mitspieler unter Druck setzen, indem man seine Scheibe auf der Siestaskala nach oben treibt und so auf viele Punkte in diesem Bereich spielt und gleichzeitig das Ende des Spiels auszulösen droht. Diese Mechanik, die zunächst etwas versteckt daherkommt, ist tatsächlich sehr spannend und bei uns auch erst nach ein paar Partien richtig zur Geltung gekommen. Schön ist auch, dass der Glücksanteil mit fortschreitendem Spiel immer weiter sinkt, weil Arbeiter und Schindeln sowie Handelswaren ein Optimieren der Würfelergebnisse erlauben.
Gut gefällt auch die Solovariante, die natürlich wie die meisten anderen Solovarianten auch “nur” eine Highscore-Jagd ist – aber die macht höllisch Spaß!
Die Ausstattung ist dem Preis mehr als angemessen und man bekommt ein vollwertiges kleines und sehr transportables Spiel.
Was uns nicht gefallen hat
Ungeübten Spielern – und an diese richtet sich das Spiel ja in erster Linie auch – könnte es etwas schwer fallen die Regeln auf Anhieb zu erfassen, denn für ein Würfelspiel ist hier schon eine Menge los. Hier hat die Edition Spielwiese bei Cottage Garden einen neuen Standard gesetzt mit einem tollen kleinen Erklärvideo. Das würde bei No Siesta sicherlich auch helfen, dass sich ungeübte Spieler schneller zurecht finden. Auch wenn die Seiten des Abreißblocks mit den aufgedruckten Höfen beidseitig bedruckt sind, mache ich mir schon Gedanken über Nachschub. Diesen wird man hoffentlich beim Verlag bekommen – aber noch sind genügend Höfe zu bestellen…
Bemängelt werden könnte auch, dass die Würfel nicht bedruckt sind, sondern noch selbst beklebt werden müssen. Uns hat es nicht gestört, zumal die Anzahl der Würfel mit insgesamt neun Würfeln noch überschaubar ist.
Fazit
Wir hatten eine Menge Spaß mit dem La Granja Würfelspiel. Es empfiehlt sich für Vielspieler als transportable Alternative zum großen La Granja oder einfach als schöner Opener oder als Abschluss eines Spieleabends. Insbesondere eignet sich das Spiel auch für Gelegenheitsspieler, da es vom Spielgeschehen sehr übersichtlich ist und einfach ziemlich flott vorwärts geht. Außerdem mag ich Spiele, die man an einem Abend dreimal hintereinander spielen kann.
Für uns hat sich die Anschaffung schon gelohnt. Und das Spiel thematisch passend auf Mallorca zu spielen hat uns besonders gut gefallen.
Andreas Odendahl ist Vielspielern seit La Granja ein Begriff. Unter seinem Synonym ode. findet man nun mittlerweile drei veröffentlichte Spiele, denn neben der Würfelvariante zu La Granja hat er mit Michael Keller zusammen auch an Solarius Mission mitgearbeitet. Für den Würfelmagier SpieleBlog gibt er ein paar interessante Einblicke in den Alltag eines Spielautors und einen kleinen Ausblick auf kommende Projekte.
Die Bilder zeigen unterschiedliche Stadien der Prototypen von No Siesta! und wurden uns von ode. zur Verfügung gestellt.
Eine Rezension zum Würfelspiel folgt dann auch in Kürze hier im Blog.
Viel Spaß beim Lesen.
Spieleautoren erscheinen vielen Außenstehenden – ähnlich wie Buchautoren – als kreative Köpfe mit einem kleinen Spleen. Wie bist du eigentlich zum Spieleautor geworden und wie muss man sich das Leben eines Spieleautors so vorstellen?
Angefangen mich mit eigenen Spielideen zu beschäftigen habe ich in der Phase, in der ich anfing Solitär- Varianten von Spielen zu spielen. Mein Job bringt es mit sich, dass ich lange Schichten am Stück arbeite. Das bedeutet, dass ich auch vergleichsweise lange Freizeit am Stück habe. Und meist zu einer Tageszeit, zu der andere Menschen arbeiten. Also brauchte es für meinen Spielspaß Solo-Spiele. Das hat mit meinem damaligen Lieblingsspiel Agricola angefangen. Die Spiele von Uwe Rosenberg haben ja alle eine Solovariante. Vor der Veröffentlichung von Vor den Toren von Loyang habe ich dann Uwe persönlich kennengelernt und mich mit ihm angefreundet. Die Solovariante von Loyang habe ich dann schon für H@ll Games getestet. So in etwa in dem Zeitraum habe ich angefangen die ersten eigenen Ideen zu entwickeln und zu basteln.
Mein Leben muss man sich wahrscheinlich nicht so viel anders vorstellen als das von vielen anderen Spieleverrückten. Mit der Ausnahme, dass ich meine Freizeit am Stück nutzen konnte, um mich hinzusetzen und wirklich auch mal diese ganzen Ideen zu basteln. Im Bezug auf Spielverhalten ist es wohl so, dass der Arbeit an den eigenen Spielen einiges untergeordnet werden muss. Sehr selten spiele ich mit anderen Menschen noch „fertige“ Spiele. Das tue ich fast ausschließlich mit meiner Frau. Zum Glück habe ich einige Runden von befreundeten Spielern, zu denen ich immer wieder mit meinen Prototypen gehen kann. Hin und wieder treffe ich mich auch mit befreundeten Autoren.
Ansonsten muss ich mittlerweile feststellen, dass die Arbeit an eigenen Spielen meine Sichtweise auf Spiele grundsätzlich verändert hat. Ich bin sehr viel kritischer geworden. Das intensive Auseinandersetzen mit dem eigenen Spielegeschmack, dem die eigenen Spiele ja entsprechen sollen, hat auch zur Folge, dass man sehr genau weiß, was man nicht so gern mag. Und Spiele, die diesen Vorstellungen widersprechen, müssen leider oft meine Kritik ertragen. Durch Gespräche mit anderen Autoren weiß ich aber, dass ich da nicht alleine bin.
Leider schaffen es bekanntlich nur sehr wenige Spieleautoren, ausschließlich von ihren veröffentlichten Spielen zu leben. Wie verdienst du sonst deine Brötchen?
Ich bin persönlicher Assistent eines querschnittsgelähmten Rollstuhlfahrers. Der Verein bei dem ich angestellt bin, hat sich auf die Fahnen geschrieben, dabei zu helfen, dass behinderte und alte Menschen selbstbestimmt leben können. Das bedeutet, dass ich diesem Rollstuhlfahrer in allen Lebenslagen und bei allen Tätigkeiten assistiere. Ich bin quasi Ersatz für Hand und Fuß.
Ich finde vor allem den Prozess der Entwicklung bei einem Spiel interessant. Wie entwickelt sich ein Spiel an dem du arbeitest? Startest du mit Thema oder Mechanismus?
Grundsätzlich bin ich eher auf der Mechanik-Seite zu Hause. Aber ich finde es wichtig, dass in der Entwicklung des Spiels Mechanik und Thema Hand in Hand gehen. Wenn das Thema früh fest steht, kann man im Entwicklungsprozess und bei Änderungen auf dieses Thema Bezug nehmen. In meiner Hoffnung merkt man das dann am fertigen Spiel, wenn man diese Änderungen dann im Themensinne macht. Bei einigen Ideen ist es aber auch andersherum. Ich kenne schon das Thema dieser Spiele, bin mir aber noch nicht sicher, welche Mechaniken ich dafür verwenden will. Wenn ich etwas passendes gefunden habe, geht es dann auch meist schnell voran, weil sich vieles dann von selbst ergibt.
Bei mir ist es oft so, dass ich mich gern von anderen Spielen inspirieren lasse. Dadurch, dass ich andere Spiele spiele und mich von deren Mechaniken faszinieren lasse, kommen mir in bestimmten Situationen Ideen, dies oder jenes irgendwann mal in einem eigenen Spiel aufzugreifen und auf meine Art zu verändern. Ein schönes Beispiel sind die multifunktionalen Karten aus La Granja. Als ich Ruhm für Rom spielte, war ich total fasziniert von der Idee eine einzige Karte so vielseitig zu verwenden. Ruhm für Rom gefiel mir als Spiel aber so gar nicht in dieser ersten Partie. Nur die Kartenidee hatte mich fasziniert. Der Grundgedanke war, diese Karten mal in einem Spiel zu verwenden, welches meinem Spielegeschmack näher kommt. Jahre später habe ich Ruhm für Rom ein paar Mal öfters gespielt und auch gemerkt, dass mir das Spiel doch sehr gut gefällt. Nur nach der ersten Partie nicht. Es hat er später gefunkt. Aber ich bin immer noch kein Fan davon, die Karten, wenn sie einmal am Tableau liegen, wieder umzustecken. Von unten nach rechts oder links wie man es bei Ruhm für Rom macht. Das gibt es in La Granja daher nicht. Aber auch das ist eine Lektion, die ich erst beim Entwickeln von La Granja gelernt habe. Das genau dies mir nicht gefällt. Das Umstecken gab es nämlich zu einem frühen Zeitpunkt des Spiels auch dort. Irgendwann war mir dann klar, dass ich das eben nicht so haben will. Und auf diese Weise verändern sich die Elemente, von denen man sich inspirieren lässt, dann im Laufe einer Entwicklung.
Würfel als Element im Spiel scheinen dich besonders zu reizen und sie finden sich in allen deiner Spiele als zentrales Element. Was ist an Würfeln für dich so interessant?
Zuallererst ist es wohl das Spielkind in mir, das Würfel so speziell mag. Es macht mir einfach Freude, Würfel zu werfen. Ein sehr haptisches Erlebnis. Sie liegen mal gut, mal schlecht in der Hand, klackern laut über den Tisch. Zu Beginn meiner eingehenderen Beschäftigung mit komplexeren Spielen war ich eigentlich Würfelgegner. Zufall war verpöhnt. Diese Einstellung zu Würfeln hat kürzlich Edward Uhler vom Heavy Cardboard-Podcast zum Besten gegeben: „Wir alle erfreuen uns hin und wieder an Würfeln. Speziell Würfel, die man nicht würfelt.“ Doch das hat sich bei mir geändert. Mittlerweile faszinieren mich Zufallselemente in Spielen. Zufall kann in stärkerer oder schwächerer Ausprägung vorkommen. Es kommt eben immer darauf an, wie er verwendet wird. Zufall sorgt meist für Emotionen. Mich interessieren aber auch „andere“ Anwendungen von Würfeln als die klassischen. Würfel sind vielfältig einsetzbar. Können auch mal etwas anderes zeigen als nur Augen oder Zahlenwerte. Man kann sie mit mehreren Hilfsmitteln manipulieren. Kann den Spielern Werkzeuge an die Hand zu geben den Zufall entweder zu akzeptieren oder ihn zu formen. Interessant an den Würfeln ist für mich außerdem, dass sie eben Zufälle in Spiele bringen. Zufälle sind in meinen Augen das Salz in der Spielesuppe. Denn etwas aus einer zufällig gezogenen Kartenhand oder eben aus einem Würfelwurf das Beste zu machen, ist eine schöne Aufgabe für Spieler. Zudem sorgen Zufälle für unterschiedliche Spielverläufe. Aber: Zufälle müssen auch an den Charakter eines Spiels angepasst werden. Es gibt auch zu viel Zufall.
Nach dem Schreiben und Entwickeln folgen ja dann irgendwann die Tests. Wie viel testest du vorher schon selber und wie viel ergibt sich erst in den Testrunden?
Der Testaufwand ist unterschiedlich – je nach Spiel. No Siesta habe ich weit weniger getestet als La Granja. Es war aber auch viel weniger Aufwand nötig, weil das Spiel eben nicht so komplex ist. Bei La Granja habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich größere Änderungen auch vielschichtiger Auswirken. Man dreht eine kleine Schraube und kann kaum ahnen, was sich alles im Gesamtkonstrukt ändert. Daher habe ich immer sehr, sehr kleine Änderungen gemacht. Oder größere Änderungen von Testspiel zu Testspiel in kleineren Dosen umgesetzt.
Selber teste ich meist so lange, bis ich den Eindruck habe, dass ich ein Konstrukt habe, dass ich anderen Menschen zumuten kann. Ich hab den Anspruch, dass ich mich so gut wie es geht auf Tests vorbereite. Die Tester wenden viel Zeit und Arbeit auf, um mir den Gefallen zu tun und meine Spiele zu testen. Da versuche ich zumindest ihnen keinen fehlerhaften Krempel vorzusetzen. Dabei rede ich noch nicht über Spielbalance. Aber ein funktionierendes Konstrukt ist eben die Voraussetzung für einen frustfreien Testabend. Wenn mir die Tester aufzeigen können, dass mein Spiel nicht funktioniert, dann habe ich zu früh angefangen mich in die Testrunden zu wagen.
Die ersten Testrunden sind wichtig. Ich merke dann, was noch nicht so gut und was schon recht gut funktioniert. Oft ist dann auch schon abzusehen, wo der Spielreiz einzuordnen ist. Wenn man so allein zu Hause sitzt und vor sich her brütet, dann ist man in der eigenen „Denke“ gefangen. Stellt man sein Spiel anderen Menschen vor, wundert man sich oft, auf was für Ideen die kommen? Sachen, die man nie bedacht hat. Ist schon erstaunlich. Das beweist mir auch immer wieder, dass ich meine eigene Meinung nicht zu hoch hängen sollte. Wenn man in die weite Welt hinaus geht und meint, man habe da ein ganz tolles Spiel im Säckel, dann kommen die Tester und machen Sachen, die man nie geplant hat. Finden Regellücken, Endlosschleifen… Das erdet. Und hilft natürlich über die Maße!
Deine Spiele entwickelst du mit Michael Keller gemeinsam. Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen dir und Michael Keller ab?
Mike wohnt ja in der Schweiz, ich selber im hohen Norden von Nordrhein-Westfalen. Sich mal eben zum Testen zu treffen geht nicht. Daher kommunizieren wir über alle Arten von modernen Wegen: Chat, E-Mail, Videokonferenz, Telefon. Das ist nicht immer ganz einfach, eben weil man sich nicht kurz treffen kann, um Differenzen zu klären. Dabei meine ich, dass man sich mit dem Spiel hinsetzen kann und die zu diskutierenden Punkte besprechen. Es gibt nur wenige Situationen im Jahr, wo wir uns auch mal wirklich treffen und auch mal Zeit haben gemeinsam am Tisch zu sitzen.
Ansonsten haben wir gute eine Arbeitsteilung gefunden. Mike ist ein sehr kreativer Typ und hat viele Ideen. Meine Aufgabe ist eher, diese Ideen dann in ein funktionierendes Spiel einzubauen. Das geht dann in etwa so, dass Mike mir seine Idee erzählt, ich dann darüber nachdenke und die Idee dann vielleicht auch noch abwandele, um sie, zum Spiel passend, einzubauen – oder auch mal zu verwerfen, was für Mike dann auch mal hart sein kann. Aber habe ich die Ideen dann eingebaut, entstehen oft neue Ideen daraus und so steigern wir uns hin und her.
Du bist bei Uwe Rosenbergs Ein Fest für Odin besonders bedacht worden, da du den Prämien-Mechanismus beigesteuert hast. Wie kann man sich den Austausch unter den Autoren so vorstellen? Gibt es eine Konkurrenzsituation oder läuft das alles freundschaftlich ab?
Aus meiner persönlichen Erfahrung ist es ein sehr freundschaftlicher Austausch und auch eine offene Zusammenarbeit. Man hilft sich. Man lernt von den anderen Autoren und wird dadurch immer besser. Ich habe ja schon gesagt, dass ich mich auch gern inspirieren lasse von dem, was andere Autoren so für Ideen haben, die mich begeistern. Wichtig ist dabei, dass man nicht klaut, sondern etwas Eigenes daraus macht und, dass man es nicht unerwähnt lässt. Das habe ich von Uwe gelernt, den ich, neben Ralph Bruhn von H@ll Games, für eine Zeit lang durchaus als eine Art Lehrmeister betrachten würde. Er hat mich mit offenen Armen an seiner Weisheit teilhaben lassen und mir viele Lektionen in Sachen Spieldesign gegeben. Wenn ich nun einen kleinen Teil zu einem seiner Spiele beitragen konnte, dann freut mich das sehr. Es ist Uwes Art dies in seinen Spielregeln auch zu erwähnen. Und das ist etwas, was ich sehr gut finde und daher auch übernommen habe.
Du hast mit La Granja ein viel gelobtes Spiel abgeliefert. Nun sind Solarius Mission und ¡No Siesta! (die Würfel-Variante von La Granja) erschienen. Was dürfen wir in Zukunft erwarten? Vielleicht „No Robots“ als Würfelvariante von Solarius Mission?
Auf der Spielemesse in Essen habe ich den Vertrag für mein nächstes Spiel unterschrieben. Daher wird es erst mal weiter gehen. Allerdings hat das noch Zeit. Das Spiel kommt, je nach Entwicklungsdauer, entweder 2017 oder 2018. Eine Würfel-Variante zu Solarius Mission werde ich sicherlich nicht machen. Solarius Mission ist Mikes Spiel, bei dem ich ihm geholfen habe die Entwicklung fortzuführen und abzuschließen. Daher wäre es Mikes Aufgabe hier ein Würfelspiel zu machen. Aber ich feile weiterhin an meinen Projekten und derzeit bin ich zuversichtlich, dass davon noch einige veröffentlicht werden. Aber vorhersagen kann man das nie.
Danke für die Bereitschaft mir die Fragen zu beantworten.
Danke auch an dich für die Anfrage! Hat Spaß gemacht! Viel Erfolg mit deinem Blog!
Lesezeit: 3MinutenSpielen mit Kindern führt häufig zu einem Problem – insbesondere in Haushalten mit überdurchschnittlich vielen Spielen. Ab einem gewissen Alter wollen die Kinder einfach keine Kinderspiele mehr spielen. Ich taxiere dieses Alter mal auf circa 5 bis 8 Jahre – in Abhängigkeit von der Spiele-Sozialisation der kleinen Racker. Sie interessieren sich ab diesem Alter für die Spiele, die Mama und Papa spielen. Schließlich haben die ja auch die cooleren Bilder auf dem Karton – ein nicht zu unterschätzendes Kriterium für die Spieleauswahl bei den kleinen Heranwachsenden. Es stellt sich also nun die Frage, wie man diese Begierde stillen kann und welche Spiele sich dazu vielleicht sogar besonders eignen.
Zunächst mal ein paar grundsätzliche Gedanken zur Wahl des geeigneten Spiels: Klar dürfte sein, dass sehr komplexe Spiele (bspw. Russian Railroads) mit schier unendlich wirkenden Aktionsmöglichkeiten ausscheiden – auch wenn es von Agricola nun eine Familienvariante gibt, es eignet sich eher nicht so gut. Vielmehr sollte man Spiele mit einer ganz klaren Zielsetzung auswählen, die auch nicht zu weit abschweifen lässt. Sprich: Das Ziel des Spiels sollte direkt erfassbar und erreichbar sein. Aber welche Spiele eignen sich nun vor diesem Hintergrund am besten? Meiner Meinung nach gibt es hier drei Alternativen, die ich kurz beschreiben möchte.
Alternative 1: Das Spiel erfüllt diese Anforderung direkt. Ein Beispiel für diese Art Spiel ist “Cacao”. Der Auftrag und das Ziel sind klar: Sammle so viel Gold wie möglich durch geschicktes Anlegen von Dschungel-Plättchen. Hilfreich ist hierbei, dass man nur drei Plättchen zur Wahl hat und auch die Komplexität der Plättchen nicht sonderlich hoch ist. In der ersten Partie brauchen die Nachwuchsspieler noch etwas Unterstützung. Die zweite Partie läuft dann schon weitgehend alleine und man muss nur ab und an mal auf die sich bietenden Alternativen hinweisen. In der dritten Partie klappt das dann schon ganz alleine und man kann beginnen den Kindern die tieferen Mechanismen des Spiels beizubringen (“Leg das doch hier hin, damit deine Gegner den Ort nicht mehr nutzen können…”). Spätestens ab der vierten Partie (manchmal aber auch schon eher…) verliert man auch mal gegen sein Kind – natürlich ohne Absicht!
“Zug um Zug” von Alan R. Moon fällt zwar auch in diese Kategorie, aber die vielen schwer zu lesenden Städtenamen erschweren hier den Einstieg etwas und Kinder müssen auf jeden Fall einigermaßen lesen können, um es wirklich spielen zu können.
Alternative 2: Man nimmt ein komplexeres Spiel und reduziert es auf die ganz einfachen Basiselemente. Anschließend fügt man Stück für Stück wieder hinzu bis man irgendwann wieder das ganze Material des Spiels im Einsatz hat. Hierzu eignet sich auch nicht jedes Spiel, da man idealerweise überschüssiges Material aus dem Spiel entfernt, um die Kinder nicht abzulenken. Ich habe mir mal Kingdom Builder herausgesucht und entsprechend vereinfacht. Zunächst spielt man ohne die Bonusplättchen (Oase etc.) und nur mit einer einzigen Kingdom Builder-Karte. Letztere sollte dann auch noch eine der einfacheren Sorte sein, also beispielsweise der Fischer, bei dem Siedlungen am Wasser Gold bringen. Das ist einfach zu erfassen und leicht umzusetzen. Die Bauregeln für die Siedlungen (Geländekarte ziehen und drei Häuser wenn möglich angrenzend bauen) bleiben so wie sie sind – sind ja einfach genug. In den folgenden Spielen kann man dann sukzessive weitere Elemente hinzunehmen – eine zweite Kingdom Builder-Karte, erste Ortsplättchen, die dritte Kingdom Builder-Karte und so weiter. Bei allen Elementen, die man hinzunimmt, sollte man darauf achten, dass man zunächst die einfacheren der zur Verfügung stehenden Elemente wählt. Bei den Ortsplättchen haben sich die Oase, das Orakel, die Farm und der Turm bewährt. Bei den Kingdom Builder-Karten eignen sich der Fischer, die Bergleute und der Einsiedler besonders gut. Nach und nach erschließen sich die Kinder so die Welt eines komplexeren Brettspiels.
Alternative 3: Kooperative Spiele eignen sich sehr gut, um sie mit Kindern und Heranwachsenden zu spielen. Dabei hat sich vor allem Flash Point als nahezu ideal herausgestellt, verfügt es doch schon “ab Werk” über eine einfachere und eine komplexere Version. Thematisch finden vor allem Jungs Gefallen an dem Spiel und stürzen sich begeistert in die Löscharbeiten. Hierbei kann man die Kinder anleiten ohne sie zu bevormunden – schließlich wollen wir ja gemeinsam gewinnen. Und zusätzlich lernen die jungen Spieler auch mal auf den Rat eines anderen zu hören und im Team zu arbeiten.
Innerhalb dieser drei Alternativen finden sich sicherlich zahlreiche andere Spiele, die sich dazu eignen, dass die Kids endlich auch mal die Spiele von Mama und Papa mit den coolen Zeichnungen auf dem Karton spielen können. Faktisch bedeutet dies allerdings, dass man künftig keine “Babyspiele” mehr anbringen darf, die sind voll uncool! Umso besser, dass Haba sich entschieden hat, ihre Familienspiele in einem anderen Design zu veröffentlichen. Der gelbe Karton mit dem roten Schriftzug ist doch schon zu sehr mit Kinderspielen verknüpft. Marketing funktioniert halt doch… 😉
Lesezeit: 4MinutenScythe löste auf Kickstarter einen für ein Brettspiel bisher ungeahnten Hype aus und sammelte am Ende auf der Plattform weit über eine Million Dollar ein. Schuld daran war unter anderem das Artwork des Spiels von Jakub Rozalski und die von ihm geschaffene Welt in den 1920er Jahren mit Steampunk-Elementen. Wir haben das Spiel nun endlich auf den Tisch bekommen und möchten die ersten Eindrücke festhalten.
Wie es gespielt wird
Scythe wirkt zunächst sehr groß und kompliziert. Das hängt unter anderem an dem riesigen Spielplan (der sich in seiner extragroßen Varianten noch mal um über 30% vergrößert!) und der Tatsache, dass jeder Spieler einen Spielerplan und zusätzlich einen Fraktionsplan hat. Ersterer dient dazu Aktionen auszuführen und Weiterentwicklungen festzuhalten, letzterer beheimatet die Kampfroboter der Fraktion (in schönen Miniaturfiguren) sowie die Geldvorräte. Die Auswahl der Aktionen erfolgt mit einem klassischen Pöppel den man von einem Aktionsfeld zum nächsten bewegt und auf jedem bis zu zwei Aktionen auslösen kann. Dabei wird zunächst die obere Aktion ausgeführt und anschließend die untere Aktion. Die Aktionen müssen in dieser Reihenfolge ausgeführt werden, allerdings kann man auch nur die erste, nur die zweite, beide nacheinander oder auch keine der beiden Aktionen machen. Dabei gibt es die unterschiedlichsten Aktionen wie bspw. Einheiten zu bewegen, Gebäude zu bauen, Fähigkeiten zu verbessern, militärische Stärke zu steigern, Rohstoffe zu produzieren, Rohstoffe zu handeln, Mechs (a.k.a. Kampfroboter) bauen, Popularität in der Bevölkerung zu erlangen etc. Es gibt also viel zu tun in der Welt Scythe.
Jeder Spieler startet mit zwei Arbeitern und seiner Charakterfigur, die fraktionsabhängig unterschiedlich ist und jeweils durch eine toll gestaltete Miniaturfigur dargestellt wird. Zu Beginn sind die Handlungsmöglichkeiten recht eingeschränkt, da man zunächst mal Rohstoffe produzieren muss und eine erste Basis für seine Expansion schaffen muss. An dieser Stelle gleich ein kleiner Tipp: “Produziert” neue Arbeiter! Der Produktionsmechanismus ist dabei recht simpel gehalten, denn man produziert in zwei (bzw. drei) Regionen, in denen man Arbeiter hat, die entsprechenden Rohstoffe der Region. Die Regionen produzieren somit Holz, Erz, Nahrung oder eben neue Arbeiter. Das besondere bei Scythe im Gegensatz zu vielen anderen Spielen ist, dass die produzierten Rohstoffe zunächst auf dem entsprechenden Feld auf dem Spielplan platziert werden und nicht in einem virtuellen Lager. Das erscheint irgendwie logisch und eröffnet natürlich die Möglichkeit die Rohstoffe zu erobern, indem man ein Gebiet mit vielen Rohstoffen angreift.
Ziel bei Scythe ist es, am Ende möglichst viel Geld anzuhäufen. Wird das Spielende ausgelöst, indem einer der Spieler seinen letzten Stern für eines der zu erreichenden Ziele platziert, hat, wird abgerechnet. Dabei zählen verschiedene Elemente des Spiels in Abhängigkeit der am Spielende erreichten Popularität der eigenen Fraktion. Auch hier sicherlich nichts komplett neues, aber eben neu arrangiert.
Was uns gefallen hat
Insgesamt handelt es sich um eine interessante Verknüpfung unterschiedlicher Mechanismen und einiger sehr interessanter Interpretationen bekannter Mechanismen. Es ist ein bißchen wie bei einem neuen Restaurant. Man kennt alle Zutaten der angebotenen Menüs, aber die Kombination der Zutaten und deren Zubereitung eröffnet doch wieder interessante Erlebnisse. So oder ähnlich ging es uns auch bei Scythe.
Besonders gut fanden wir, dass das Spiel sich sehr flüssig spielt. Da man seinen Aktionsauswahl-Pöppel immer auf ein anderes Feld bewegen muss, kann man im Grunde nur aus drei möglichen Feldern wählen. Klingt erst mal einfach, beinhaltet aber doch eine gewisse Komplexität. Wie so häufig geht es auch in Scythe um eine Optimierung des Mangels, denn man hat gefühlt immer zu wenig Rohstoffe oder Geld, um die gewünschten Aktionen durchzuführen. Zudem ist die Kombination aus oberer und unterer Aktion so gewählt, dass man eigentlich immer eher nur eines davon braucht und deshalb geschickt planen muss (ist bei mir übrigens in die Hose gegangen).
Was natürlich auch gefällt die Gestaltung der Welt. Hier muss ich wirklich sagen, dass ich selten etwas so kunstvolles im Brettspielbereich gesehen habe. Die Begegnungskarten sind derartig schön gestaltet, dass man sie sich wirklich lange und gerne betrachtet. Auch das Material macht einen überaus wertigen Eindruck. Hat man die Luxusedition mit bemalten 3D-Ressourcenmarkern und Metallmünzen gewinnt das Ganze noch mal an Gewicht. HIer muss ich wirklich sagen: Chapeau an Jamey Stegmaier und Jakub Roszalski für diese Leistung.
Über eine Solovariante mit einem Automa-Deck verfügt Scythe übrigens auch noch. Diese habe ich noch nicht getestet, eröffnet aber die Möglichkeit, die eigene Strategie zu verfeinern und neue Punkthöchststände zu erreichen.
Was uns nicht gefallen hat
Man könnte Scythe vorwerfen, es mache nichts neu, sondern verknüpfe nur Bestehendes und arrangiere Bewährtes. Aber sind wir mal ehrlich, genau darum geht es doch häufig. Gerade in der Kunst oder in der Musik ist dies der Motor, der ständige Veränderung und Vielfalt vorantreibt. Deshalb ist dieser Vorwurf meines Erachtens nicht gerechtfertigt. Bleibt die Preisfrage… In der Tat: 80 Euro sind eine neue Marke bei einem Spiel. Beachtet man aber die Detailarbeit, die sowohl Jamey, als auch Jakub in dieses Spiel gesteckt haben, ist es irgendwie gerechtfertigt. Sicherlich ist noch ein kleiner Hype-Aufschlag von vielleicht fünf oder zehn Euro dabei, aber auch den hat sich der clevere Marketing-Stratege Jamey Stegmaier vielleicht verdient für seine Mühen und ausgesprochen engagierte Unterstützung seiner Kunden. Am Ende muss jeder selber entscheiden, was es ihm wert. Abgezockt wird man hier meines Erachtens nicht, den andere Verlage rufen mittlerweile nahezu vergleichbare Preise auf, liefern aber deutlich schlechteres bzw. günstiger zu produzierendes Material mit.
Fazit
Scythe ist ein solides Workerplacement und Siedler-esques 3X Spiel (das vierte “X” (exterminate) kommt nicht wirklich zum Tragen) mit interessanten Mechanismen, einer fantastischen Welt mit herausragendem Art-Work und tollem Material. Aber jeder muss sich selbst fragen, inwiefern er bereit ist hierfür 80,- auszugeben. Ich mag die Optik und das Spielgefühl so sehr, dass es mir die Unterstützung der Kickstarter-Kampagne auch im Nachhinein wert war. Wir werden es sicherlich noch öfter spielen, auch wenn es mit nur vier Fraktionen, die sich nur durch ein paar Kleinigkeiten unterscheiden, nicht mit einer solchen Variabilität ausgestattet ist, wie bspw. Terra Mystica. Aber Nachscub ist ja in Form einer Erweiterung bereits in Sicht…
Lesezeit: 3MinutenMit “Brief&Siegel” wurde gerade die zweite Erweiterung für das Kennerspiel des Jahres 2014 “Istanbul” vorgestellt. Was sie hinzufügt und wie sich das Spiel verändert versuche ich hier kurz zusammenzufassen. Istanbul und seine Erweiterungen sind bei Pegasus Spiele erschienen und Autor ist Rüdiger Dorn.
Wie es gespielt wird
In Istanbul sind wir Kaufleute, die sich über den Basar von Istanbul bewegen und an den verschiedenen Orten Aktionen ausführen, die uns unserem Ziel näherbringen sollen – Rubine sammeln. Jeder Spieler hat einen Handkarren, mit dem er die Waren des Marktes transportiert. Diesen kann man in der Wagnerei ausbauen, um mehr Waren zu transportieren. Hat man das drei Mal getan, dann hat er seine maximale Größe erreicht und man erhält einen Bonus-Rubin. Um schlussendlich an weitere Rubine zu kommen, kann man im Palast des Sultans Waren abliefern oder Geld, welches man auf einem der beiden Märkte verdient hat, zum Edelsteinhändler bringen. Zusätzlich kann man Bonuskarten bekommen und ausspielen, die einem kleine Vorteile verschaffen oder in den Moscheen Sonderplättchen erlangen, die gewisse Regeln des Spiels außer Kraft setzen oder einen fünften Gehilfen für den Kaufmann liefern.
Innovativ ist bei Istanbul der Mechanismus der Aktionswahl, denn man bewegt sich auf ein Ortsfeld und lässt dort einen seiner Gehilfen zurück. Von dort geht es weiter zum nächsten Ort. Um die Gehilfen wieder einzusammeln gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder muss man zurück zum Brunnen, dann kommen alle dorthin zurück und scharen sich wieder um den Kaufmann oder man sammelt sie wieder ein, indem man die Orte auf denen sich die Gehilfen befinden erneut besucht. Im Endeffekt geht also darum, sich möglichst effizient zu bewegen
Der große Basar von Istanbul
Die erste Erweiterung “Mokka&Bakschisch” bringt als neue Ressource Kaffee ins Spiel. Durch den Kaffee kann man bspw. im Kaffeehaus oder in der Taverne Rubine erhalten. Zusätzlich kann man in der Taverne den Mitspielern das Leben schwer machen, indem man eine Sperre zwischen zwei Orte legt, die man nur noch selbst passieren kann. Kaffee erhält man natürlich in der Kaffeerösterei. Insgesamt gibt es hier neue Möglichkeiten an Rubine zu kommen. Durch die Gildenhalle kann man die sehr mächtigen Gildenkarten erhalten, die mächtige Vorteile bringen und deren Ausspielen deshalb auch als kompletter Spielzug zählt.
Die zweite Erweiterung “Brief&Siegel” fügt nun wieder neue Möglichkeiten hinzu und ermöglicht mit der Variante “Der große Basar” ein Spiel auf 25 verschiedenen Orten. Die neuen Orte addieren wieder eine neue Möglichkeit an Rubine zu kommen. Durch Abgabe von Siegeln erhält man beim Geheimbund Rubine (quasi Informationen gegen Geld). Mit den Katakomben gibt es eine Möglichkeit sich etwas schneller über das dann große Spielfeld zu bewegen. Interessanteste Neuerung ist der Kompagnon, der sich unabhängig vom Kaufmann bewegt und ebenfalls Ortsaktionen auslösen kann – allerdings ist er langsamer als der Kaufmann mit seinem Gefolge. Der Kiosk bietet dazu die Möglichkeit schnell an kleine Boni zu gelangen und das Aktionshaus liefert zwei Bonuskarten an den Höchstbietenden.
Was uns gefallen hat
Istanbul mit beiden Erweiterungen ist nun ein wirklich großes Spiel mit ausreichend Komplexität und vielen Möglichkeiten. Schön ist dabei, dass die Spielzeit nicht ins Unendliche wächst, da man nun einfach mehr und vielfältige Möglichkeiten hat, an Rubine zu gelangen. Die DNA des Spiels – das Wettrennen auf dem Basar – verändert sich durch die Erweiterungen nicht. Der Kompagnon ermöglicht trotz sehr großem Spielfeld weiterhin kurze Wege. Das Material ist qualitativ hochwertig und die Regeln klar und mit wenig Interpretationsspielraum. Kann man Istanbul im Basisspiel noch mit Gelegenheitsspielern gut spielen, so ist es mit den beiden Erweiterungen zu einem echten Vielspielerspiel geworden, an das man Gelegenheitsspieler behutsam heranführen muss. Aus unserer Sicht ist das Spiel nun komplett und bietet auch im Fünf-Spieler-Spiel ausreichend Platz und Variation, damit unterschiedliche Strategien und Taktiken genutzt werden können. Wirklich toll und variantenreich!
Was uns nicht gefällt
Es ist wenig zu vermelden an dieser Stelle, denn Istanbul mit Erweiterungen ist weiterhin das Spiel, das es bereits im Grundspiel war. Allerdings zeigt sich im Fünf-Spieler-Spiel nun eine kleine Schwäche: Die Wartezeit zwischen den einzelnen Spielzügen wird teilweise etwas zu lang. Vor allem gegen Ende, wenn man einen klaren Plan hat, kann dies nervig sein und die Spieldauer etwas verlängern. Trotzdem ist die Spielzeit auch zu fünft noch tragbar und bewegte sich bei uns bei etwa zwei Stunden inklusive häufiger kleinerer Regelüberprüfungen. Nach Kenntnis aller Funktionen und Regeln der neuen Erweiterung könnte es ggf. etwas schneller gehen. Generell negativ ist, dass man in der Regel schon ein paar Züge vor Ende weiß, wer gewinnen wird und man nur noch wenig Möglichkeiten hat, dies zu verhindern. Hier wünsche ich mir noch ein kleines überraschendes Element, welches vor den Mitspielern verdeckt ist. Vielleicht ja doch noch was für eine Erweiterung. 😉
Fazit
Istanbul gewinnt durch die beiden Erweiterungen erheblich an Möglichkeiten und es eröffnen sich ganz neue Strategien. Die Spielzeit wächst nur unwesentlich und nur mit fünf Mitspielern erhöht sich die Wartezeit zwischen den Zügen etwas zu sehr. Wir hatten sehr viel Spaß und gegen Ende war die Anspannung der Mitspieler deutlich spürbar. Istanbul bleibt ein großes Wettrennen auf dem Basar und das ist auch gut so!