Ja, der Titel ist nur für Hessen wirklich verständlich, fasst aber mundartlich gut zusammen, wie wichtig und erschütternd der Watergate Skandal war. Das Anhängsel „…gate“ hat es zu einer umgangssprachlichen Erweiterung für alle möglichen schwierigen Lebenssituationen von Personen oder Firmen entwickelt. Von Apples Antennagate über das Ibiza-Gate in der österreichischen Politik bis hin zum Rucksack-Gate des Eintrachtspielers Hinteregger finden sich in der Berichterstattung weltweit mittlerweile unzählige Beispiele für “Gates” (und damit ist nicht der Bill gemeint, wobei so ein Gates-Gate auch seinen Charme hätte).
Mit Watergate legt Frosted Games nun ein weiteres kartenbasiertes Wargame vor (eine Zusammenfassung zu den anderen findet ihr hier). Thematisch arbeitet das Zwei-Personen-Spiel sich am berühmten Watergate Skandal ab und versucht das ganze Geschehen über eine Art Puzzle-Mechanismus zu transportieren. Autor Matthias Cramer, eher bekannt für Familien- und Kennerspiele, ist selbst großer Wargame-Fan und legt nun das erste eigene Spiel dieser Kategorie vor.
Wie Watergate gespielt wird
Natürlich spielt jeder eine Seite des Konflikts. Auf der einen Seite Nixon, der mit der gesamten Stärke des politischen Apparats versucht Zeugen zu beeinflussen und Spuren zu verwischen. Auf der anderen Seite die beiden Reporter der Washington Post, die Beweismittel zu Ketten zusammenführen, um so eine Spur von Nixon zu den Zeugen (oder umgekehrt) zu legen.
Jeder Spieler hat seinen eigenen Kartenstapel mit dem bereits aus anderen kartenbasierten Spielen bekannten Aufbau. Entweder spielt man seine Handkarte für ein Ereignis aus oder nutzt Aktionspunkte um Marker auf der zentralen Leiste zu bewegen. Ausgehend von der Neutralposition in der Mitte versuchen die beiden Spieler Initiative und Momentum sowie die Beweise in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Zunächst wird bestimmt, wer die Initiative besitzt. Dieser Spieler erhält 5 Karten seines Stapels, der andere 4. Und nun beginnt das Tauziehen. Nixon zieht drei Beweismarker aus dem Beutel, schaut sie sich an und legt sie verdeckt in die Mitte der Leiste. Nun werden nacheinander solange Karten ausgespielt, bis keiner der Spieler mehr Karten besitzt. Am Ende der Runde schaut man dann, an welchen Positionen die Marker und die Beweise liegen. Der entsprechende Spieler erhält dann die Initiative, nimmt sich den roten Momentummarker oder platziert Beweise farblich passend auf dem Spielplan. Dabei dienen die von Nixon ausgebrachten Beweisplättchen dazu Felder zu blockieren. Die Reporter versuchen eine Spur zu einem Zeugen zu vervollständigen. Allerdings muss man die Zeugen auch auf seine Seite ziehen. Tut das Nixon, steht der Zeuge den Reportern nicht mehr zur Verfügung. Tun das die Reporter, hat es Nixon schwer diesen Zeugen noch auf seine zu ziehen. Ein Besonderheit für die Reporter ist noch das Auffinden der Beweise. Spielt man nämlich eine Karte aus und möchte einen noch verdeckt liegenden Beweismmarker in der Mitte bewegen, muss man auch hoffen, dass die entsprechende Farbe ausliegt. Tut sie es nicht, hat man Aktion und Zeit vergeudet.
Das Spiel kann auf verschiedene Weisen enden. Entweder hat Nixon 5 Momentummarker gesammelt und gewinnt die Wahl oder die Reporter legen eine Spur zu zwei der Zeugen.
Was an Watergate gefällt
Der historische Hintergrund ist in Watergate erstklassig aufgearbeitet worden. Alle vorkommenden Personen und Ereignisse werden im Anhang der Regel detailliert erläutert und auch historisch eingeordnet. Das ist wirklich herausragend.
Das Spiel selbst ist relativ einfach zu erlernen und gerade wer schon mal 13 Tage, Hochverrat o.ä. Spiele gespielt hat, wird sich schnell zurechtfinden. Aber dennoch birgt das Spiel eine gewisse Komplexität, da einerseits immer andere Karten ausgegeben werden und man sich sehr gut überlegen muss, ob man bspw. sehr früh im Spiel Zeugen für sich gewinnen möchte, da diese Karten dann in der Regel aus dem Spiel entfernt werden.
Gut gefällt auch, dass die Mechanik, das Legen von Beweisspuren hin zu den Zeugen oder eben deren Vereitlung, das Thema gut repräsentiert. Dabei merkt man deutlich, wie mächtig ein Staatsapparat in solche Geschehnisse eingreifen kann.
Was an Watergate nicht gefällt
Von den kartenbasierten Wargames ist Watergate wohl das am wenigsten komplexe. Verglichen mit Hochverrat oder 13 Tage ist man in Windeseile einsatzbereit und hat das Spiel rund um den Watergate Skandal begriffen. Zwar bietet das Einsteigern einen leichten Einstieg, die eigentliche Zielgruppe dürfte aber mehr Komplexität erwarten.
Mein größter Kritikpunkt ist jedoch der relativ hohe Glücksfaktor beim Karten ziehen. Hier liegt manchmal einfach der Hase im Pfeffer. Liegen die entsprechenden Zeugenkarten für Nixon günstig und für die Reporter ungünstig, so haben die Reporter in der Regel kaum eine Chance. Gerade in den ersten Partien verkennt man so, wie wichtig es ggf sein kann, die entsprechenden Zeugen schnell auf seine Seite zu ziehen. Dazu gibt es einige Kombinationen, die es Nixon sehr leicht machen die Runde schnell zu seinen Gunsten zu beenden und so das Spiel gegebenenfalls zu entscheiden.
Fazit zu Watergate
Alleine für die Aufarbeitung des Themas hätte dieses Spiel einen Preis verdient. Gerade in der deutschen Spielerschaft werden sich so wohl viele erstmals intensiver mit dem Thema beschäftigen. Auch wenn es mechanisch auf der einfacheren Seite spielt, bietet es genug Abwechslung, um gleich mehrere Parteien hintereinander zu spielen. Und nicht selten heißt es nach kurzer Zeit: „Seitenwechsel!“.