Schön und gut – Tim Fowers‘ Spiele bei Skellig Games

Cover Rezension Fowers Skellig Games Hardback Fugitive Lesezeit: 4 Minuten

Die Spiele von Tim Fowers wissen schon optisch zu beeindrucken. Die Verpackung, das Material und die thematische Einbettung suchen ihresgleichen im Markt. Das kooperative Einbruchspiel Burgle Bros. besitze ich nun schon länger und auch dieses ist immer noch schön anzusehen (Unboxing Video). Nun hat der kleine hessische Verlag Skellig Games den Vertrieb für die Spiele von Tim Fowers übernommen (Interview mit Skellig Games Gründer Uwe Bursik). Zwei Vertreter konnte ich mir schon ansehen – Hardback und Fugitive. Beide Spiele werde ich mir in dieser Kurzkritik anschauen.


Hardback folgt auf Paperback

Paperback war bereits ein großer Erfolg unter den eingeschworenen Spielern. Und wie das so ist mit Erfolgsmodellen, werden diese gerne fortgesetzt. Und so folgt auf Paperback der „Nachfolger“ Hardback. Und auch hier gilt: Dominion trifft Scrabble. Geht nicht? Oh doch…

Hardback Solo
Der Stuhl gegenüber bleibt leer – Hardback geht auch solo…

Wer Dominion kennt, sollte mechanisch mit Hardback wenig Probleme haben. Beide Spiele teilen sich nämlich die mechanische Basis – das Deckbuilding. Deckbuilding bezeichnet Spiele, bei denen man eine eher schlechte Starthand an Karten durch gezielte Hinzunahme weiterer Karten verbessert und so in der Regel versucht, Kettenreaktionen der Karteneffekte auszulösen. Nichts anderes passiert bei Hardback.

Zunächst besitzt jeder Spieler die gleichen Startkarten mit großen Buchstaben darauf sowie einige zufällig unter den Spielern verteilte Buchstaben. Im Spielzug nimmt man 5 Karten vom eigenen gemischten Nachziehstapel auf die Hand und versucht in seinem Spielzug ein Wort zu bilden. Die Buchstaben auf den ausgespielten Karten dienen dabei als…nun ja…Buchstaben eben. Dreht man eine Karte mit der Rückseite nach oben, gilt sie als beliebiger Buchstabe. Warum also nicht alle Karten als Joker ausspielen? Ganz einfach, weil jede Karte auch noch Spezialfunktionen hat, außerdem braucht es natürlich Buchstaben, sonst ist es ja kein Wort. Zu Beginn ist es besonders wichtig Geld zu haben, denn nur so kann ich aus der zentralen Auslage – eine Art Buchstabenmarkt für angehende Autoren – von 7 Karten eine neue für mein Kartendeck kaufen. So verbessert sich meine persönliche Buchstabenauswahl sukzessive und damit auch die Möglichkeiten Worte zu bilden. Selbstverständlich liefern die Karten auch weitere Effekte, die mir helfen tollere Worte zu bilden und noch mehr Effekte zu nutzen. Aber am Ende kommt es dann nur auf eines an: Ruhm! Wer braucht schon Geld?! Die Siegbedingungen in diesem Autorenrennspiel (ja, da muss man genau lesen… 😉 ) sind nämlich recht klar geregelt: Wwer als erstes 60 Ruhmpunkte gesammelt hat, gewinnt das Spiel.

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Auf mehr Regeln möchte ich hier gar nicht eingehen, denn ich denke, man bekommt ein gutes Gefühl, wie das Spiel funktioniert. Und es funktioniert ausgesprochen gut. Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass diese Kombination so cool ist. Ich bin kein großer Wortspiel-Fan. Klar spiele ich mal Codenames oder Letter Jam. Aber es ist einfach nicht das, was ich vom Herzen her mag. Tim Fowers allerdings hat mit Hardback ein Spiel geschaffen, das eine solch interessante Kombination bietet, die mir ausgesprochen gut gefällt. Wirken die ganzen Genres, Punkte und Effekte zunächst verwirrend, ist man doch vergleichsweise schnell im Spiel drin und findet sich prima zurecht.
Das Material ist herausragend. Tolle Kartenqualität, ein wundervolles Schachteldesign und eine durchdachte Packweise (inklusive kleiner Trenner für die einzelnen Kartentypen).

Spielsituation Hardback
Nicht die besten Buchstaben für ein Wort…

Es gibt über das Grundspiel hinaus noch einige Zusatzmodule und auch ein Solo bzw. kooperativer Modus ist an Bord.
Hardback ist für mich eine echte Entdeckung. Ganz getreu dem Motto: Dominion trifft Scrabble.


Nix wie weg – Fugitive

Deduktionsspiele für zwei Spieler. Erinnert mich an dieses Suchspiel mit dem umklappbaren Gesichtern aus den 90ern (wie hieß das noch mal?). Nun ja, da hat man auch schon spannenderes gehört. Aber auch hier schafft es Tim Fowers uns (und vor allem mich) zu überraschen. Und auch hier ist das Spielprinzip einfach, aber nicht leicht.

Nix wie weg - Fugitive

Bei Fugitive gibt es den namensgebenden Flüchtenden und eine Polizeichefin. Letztere will den Flüchtenden schnappen, wobei Ersterer sich von Versteck zu Versteck hangelt. Die Verstecke sind Zahlenkarten von 01 bis 42. Zu Beginn hat der Flüchtende eine Starthand aus den Karten 01, 02, 03 und 42 sowie fünf Karten von den bereits zu Spielbeginn bereitgelegten und gemischten drei Kartenstapeln. Die Polizistin hat zu Beginn keine Karten. In seinem Spielzug legt der Flüchtende nun von seiner Hand eine beliebige Karte in die Versteckreihe aus. Die Karte wird verdeckt hingelgt und darf maximal 1, 2 oder 3 Nummern höher sein als die zuvor liegende Karte. Um seinen Vorsprung zu vergrößern, darf der Flüchtende noch sprinten und so durch zusätzlich mit dem Versteck abgelegte Sprintkarten schneller voranzukommen, also höhere Nummern zu legen. Anschließend zieht er eine Karte von einem der drei Nachziehstapel nach. Diese sind übrigens nach Nummernbereichen vorsortiert und dann jeweils gemischt.

Die Polizistin darf in ihrem Spielzug gar nicht viel tun, außer eine Karte von einem beliebigen Stapel zu ziehen und ein oder mehrere Verstecke zu nennen. Letzteres geht natürlich nur durch geschicktes Kombinieren der gespielten Karten und Sprintkarten, der gewählten Nachziehstapel beim Nachziehen und der eigenen Handkarten. So geht es weiter, bis die Polizistin entweder alle Verstecke aufgedeckt hat oder der Flüchtende die 42 spielt. Dann darf die Polizistin noch mal eine Hetzjagd veranstalten, um möglichst viele Verstecke aufzudecken. Sollte es ihr gelingen alle bis zur 42 gelegten Verstecke zu finden, gewinnt sie das Spiel, andernfalls der Gauner.

Spielsituation Fugitive
Welches Versteck eignet sich als nächstes – Als Flüchtender legt man immer vor…

Auch bei Fugitive gilt, alles einfach, aber nicht trivial. Denn gerade als Polizisitin muss man schon gut kombinieren, wenn man den Flüchtenden fassen will. Der ist nämlich erst mal immer im Vorteil. Bei Fugitive ist das wie bei so vielen Spielen dieser Art: Die erste Partie wirkt noch ein wenig unbeholfen, gerade als Polizistin. Aber je öfter man, vor allem mit gleicher Besetzung, spielt, desto interessanter wird das Spiel und es entfaltet sich ein schönes Psychoduell mit Bluffen und Tricksen.

Auch materialmäßig ist hier alles rausgeholt worden was geht. Die Magnetverschlussschachtel im Aktenkofferdesign und die tollen Illustrationen im 50er/60er-Jahre Stil unterstützen das Thema. Das Spiel hätte man sicherlich auch mit einfach nummerierten Karten spielen können. Aber das Thema passt so gut zum Spiel, dass man es sich gar nicht anders vorstellen kann. Die kleine Anleitung im Din A6 Format war mir etwas zu fummelig und die Schrift nicht sonderlich gut lesbar. das ist zu verschmerzen, denn sie ist kurz aber ausreichend genau in der Spielbeschreibung. Auch bei Fugitive gibt es noch zusätzliche Möglichkeiten das Spiel auszubauen, aber ehrlich gesagt habe ich da nie den Drang nach verspürt. Und wenn man es mitnehmen möchte, kann man auch einfach auf die Kartenablage verzichten und dann ein handliches Set an Karten, das man in die Hosentasche stecken kann.

Fazit zu Hardback und Fugitive

Mit den beiden und weiteren Spielen holt sich Skellig Games exotische aber tolle Spiele ins Programm, die von den meisten Kritikern meines Wissens gelobt wurden. Beide Spiele bringen tolle Optik und hochwertiges Material mit.
Mir persönlich hat es vor allem Hardback angetan, das mit einer mechanischen Eleganz zwei Genre verheiratet, von denen ich niemals gedacht hätte, dass sie ein Paar werden könnten. Wirklich ein tolles Spiel.

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Februar 4th, 2020 by