Es gibt immer wieder tolle kleine Perlen, die nur durch Kickstarter das Licht der Welt entdecken. Palm Island ist solch ein Spiel. Das Ziel war es, ein kompaktes Spiel zu designen, dass zur Not auch nahezu ohne Platz gespielt werden kann. Herausgekommen ist ein ultra-kompaktes Mini-Aufbauspiel, das komplett in der Hand und ohne Tisch gespielt werden kann. Und über die Genialität des Namens brauchen wir erst gar nciht zu diskutieren…
Wie Palm Island gespielt wird
Zunächst mal muss man das Grundsystem von Palm Island betrachten. Jede der 17 Karten von Palm Island hat vier mögliche Ausrichtungen aufgeteilt in die beiden Hälften der Vorder- bzw. Rückseite. Die jeweils nach oben zeigende Hälfte einer Seite ist der aktive Teil. Die Karten werden NICHT ausgespielt, sondern rotieren im Stapel hintereinander. Die beiden obersten Karten des Stapels können jeweils genutzt werden. Nutzt man die Aktion einer Karte (siehe unten), dann wandert die Karte ans ende des Decks. Kann oder will man keine der beiden möglichen Aktionen nutzen, verschiebt man die erste Karte nach hinten (niemals die zweite!).
Drei mögliche Aktionen gibt es: 1. Rotieren: Die aktivierte Karte wird um 180 Grad gedreht, so dass die vormals untere Hälfte nun nach oben zeigt. Dadurch verändert sich in der Regel die Aktion oder die Karte wird wertvoller (mehr Punkte). Die Karte wandert dann ans Ende des Stapels. 2. Umdrehen: Die aktivierte Karte wird auf die andere Seite gedreht, so dass der obere Teil der (ehemaligen) Rückseite nun nach vorne zeigt. Anschließend wird die Karte auch ans Ende des Stapels sortiert. 3. Lagern: Diese Aktion liefert die Rohstoffe, die man zum Aktivieren der anderen Aktion zum Teil braucht. Die so aktivierten Karten werden um 90 Grad im Uhrzeigersinn gedreht, so dass sie seitlich rausstehen. Man darf aber nicht mehr als vier solcher Rohstoffkarten in seiner Hand sammeln.
Erreicht die Rundenkarte, diese wird zu Spielbeginn als letzte Karte hinter den gemischten Stapel gelegt, die erste Stelle im Kartendeck, endet die aktuelle Runde. Die Karte wird rotiert oder gedreht und wandert ans Ende des Decks.
So sammelt, aktiviert und entwickelt man insgesamt 8 Runden lang und versucht seine kleine Insel möglichst effizient zu gestalten. Da die Karten zu Beginn durchgemischt werden, ist das Spiel auch sehr variabel und verspricht langfristig viele unterschiedliche Konstellationen.
Am Ende werden die Siegpunkte gezählt, die man so zusammenoptimiert hat und vergleicht sie mit der in der Anleitung abgedruckten Tabelle. Alles über 20 Punkte ist respektabel. Ab 30 Punkten darf man sich mal auf die Schulter klopfen.
Damit es langfristig Spaß macht, gibt es eine Art Loot Box, aus der man sich immer einen bestimmten Gegenstand nehmen kann, wenn man bestimmte Ziele erreicht hat (bspw. eine bestimmte Punktzahl).
Mit im Paket ist auch eine 2-Spieler-Version, die kooperativ gespielt werden kann. Dazu gibt es einen kompletten weiteren Kartensatz sowie Katastrophenkarten und eine Gemeinschaftskarte. Das Coole ist, dass durch diese zusätzliche Variante ein weiterer Kartensatz im Spiel enthalten ist, so dass man theoretisch auch zwei Solospiele in einer Packung erhält.
Die kompetetive Variante aus der Kickstarter Kampagne hat es leider nicht in die deutsche Version geschafft, wäre aber als Promo o.ä. sehr leicht nachzurüsten.
Was mir an Palm Island gefällt
Ehrlich gesagt…alles. Das Spiel könnte für die Solo-Spiele-Entwicklung eine Art Durchbruch werden. Es hat alles was ein gutes Spiel ausmacht, kommt in kompakter Box und ist leicht zu erlernen. Dazu muss man vor dem Kosmos Verlag wirklich den Hut ziehen. Dass ein etablierter Verlag ein solch besonderes Spiel rausbringt ist nicht selbstverständlich. Schön, dass sie sich getraut haben und schlussendlich passt das Spiel dann doch auch gut zum Verlag.
Das a&o bei Palm Island ist, dass man sich im Vorfeld – also vor dem ersten Zug – den Kartenstapel einmal ansehen darf. Das sollte man auch tun, denn mit ein wenig Erfahrung kann man dann schon erkennen, ob und wie stark man die Produktion anheizen muss am Anfang. Denn die wirklich wichtigen Gebäude (Tempel können bis zu 10 Punkte einbringen), brauchen spezifische Rohstoffe. Dazu muss man mitunter dafür sorgen, dass man die entsprechenden Rohstoffkarten in der Reihenfolge vor die Tempelkarten bringt, also auch mal bewusst die erste Karte ablegen oder die zweite vor der ersten Karte ausspielen um die Reihenfolge der Karten im Deck zu beeinflussen. Denn eines muss man auch immer bedenken: Gelagerte Rohstoffe, die einmal die komplette Tour machen, also wieder von hinten nach ganz vorne wandern, verfallen (wegen Lagerschadens) und werden einfach aufrecht gedreht und wieder nach hinten gesteckt. Und das ist die groß0e Überraschung für viele: Man kann es nämlich einfach mal so runterzocken, sondern muss das Spiel „lesen“. Klar, kann man einfach drauf losspielen, dann wird man aber mutmaßlich die 30 Punktemarke nur mit Glück knacken. Denn auch wenn Palm Island recht harmlos daherkommt, steckt doch mehr drin, als man anfangs glaubt. Das merkt man aber nicht sofort nach der ersten Partie.
Ist das nicht langweilig? Das fragen viele, die nicht so oft solo spielen. Ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Palm Island ist für mich wie eine Art Entschleunigung im hektischen Daddel-Alltag, den wir in Bus und Bahn mittlerweile unser eigen nennen. Denn Palm Island ist auf jeden Fall nahverkehrstauglich. Man braucht nichtmal einen Sitzplatz um es zu spielen. Das Deck aus 17 Karten lässt sich sogar im Geldbeutel transportieren und macht es so zu einem der mobilsten analogen Spiele in meiner Sammlung.
Was mir an Palm Island nicht gefällt
Auch wenn ich das Spiel grundsätzlich mag, ein paar Kritikpunkte gibt es dennoch – wenn auch sehr kleine.
Durch das Mischen des Decks kann es natürlich zu Situationen kommen, die ein halbwegs gutes Ergebnis nahezu unmöglich machen. Gerade Konstellationen, bei denen alle Rohstoffkarten hinter den zu bauenden Gebäuden liegen machen es einem echt schwer auf eine halbwegs gute Punktzahl zu kommen. Denn durch das Limit nur vier Rohstoffkarten lagern zu können, wird es ggf. schwierig alles passend zu verbrauchen bzw. zu speichern. Das ist aber auch der einzige mechanische Nachteil, den ich ausmachen konnte. Alles andere kann der Spieler gut beeinflussen und durch die Vorab-Durchsicht einschätzen.
Ganz nett wäre noch eine irgendwie geartete „Vorschau“ auf die Rückseite der Karten, damit man vorab weiß, was einen auf der Rückseite nach dem Flippen der Karte erwartet. So führt das immer zu einem etwas umständlichen Drehen und Zurückdrehen der Karte. Klar ist da wenig Platz, aber ich bin mir sicher, dass man da Möglichkeiten gefunden hätte.
Wenn man die Kickstarter Version sein eigen nennt, merkt man recht schnell, dass die dort verwendeten Plastikkarten ihre Vorteile haben. Sie lassen sich deutlich angenehmer „bearbeiten“. Ich kann aber auch verstehen, warum man eher klassische Karten wählt, zumal dem ein oder anderen die Plastikkarten wiederum zu rutschig sind.
Auch dass der kompetetive Modus fehlt, ist mir nicht ganz schlüssig, hätte es doch das Spiel nicht wesentlich teurer gemacht in der Herstellung aber noch mal eine ganz andere Zielgruppe erreicht. Aber vielleicht wollte man es auch als das was es ist veröffentlichen: ein Solo-Spiel.
Und dann zu guter Letzt noch ein Errata: Auf einer karte hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen. Der Werkzeugmacher zeigt einen Holzstamm, allerdings nicht das dazugehörige Aktionssymbol. Dank Christian Hildenbrandt wissen wir nun, dass dieser Holzscheit nie dorthin gehört hätte und demnach wegzudenken ist. Danke für die kurzfristige Klärung mit dem Kosmos Verlag!
Fazit zu Palm Island
Für mich als bekennenden Solo-Spieler ist Palm Island ein wahres Kleinod. Ein Spiel, mit dem man jedem nahebringen kann, warum es manchmal toll ist solo zu spielen. Spiele wie Palm Island können Gateway-Spiele sein, die das Solospielen einer neuen Zielgruppe näherbringen. Dazu funktioniert es auch noch gut und ist so kompakt und preiswert, dass man sich dem Reiz kaum entziehen kann. Palm Island – für mich glaube ich das Kartenspiel-Highlight der SPIEL 19. Und es bleibt für mich trotz kooperativer Variante ein Solospiel…