Das kleine Königreich Emara sucht einen Thronfolger. Und wir dürfen beweisen, ob wir dessen würdig sind. Aber nur, wenn wir ausreichend Bürger auf unsere Seite bringen und diese auch beherbergen können, haben wir eine Chance auf den Thron. Mal sehen, ob uns das gelingt und was Crown of Emara von Benjamin Schwer sonst so zu bieten hat…
Wie Crown of Emara gespielt wird
Bei Crown of Emara von Autor Benjamin Schwer (u.a. Yeti, Buttons) finden wir ein ganz bekanntes Element aus anderen Spielen wieder: ein Aktionsrondell. Aber bei Crown of Emara gibt es gleich zwei Stück davon – eins für den ländlichen Bereich (da geht es eher um Rohstoffe) und eins für den städtischen Bereich (dort geht es darum, aus den Rohstoffen das Beste herauszuholen – Bürger, Häuser, Berater sowie sonstige Vorteile).
Die Bewegung auf den beiden Aktionsrondellen wird über Aktionskarten gesteuert. Diese platziert man an eine freie Anlegestelle seines Spielertableaus. Je nachdem, an welche Stelle man die Karte anlegt, läuft man mit einer seiner Figuren auf dem einen ODER anderen Rondell zwischen einem und drei Schritten im Uhrzeigersinn. Zusätzlich liefert die ausgespielte Karte eine zusätzliche Aktion (bspw. einen Rohstoff oder einen Extraschritt auf dem Rondell).
Pro Runde zieht man drei seiner neun Aktionskarten auf die Hand und spielt sie nach oben beschriebener Logik aus. Hat man dies drei Runden lang getan, ist der persönliche Aktionskartenstapel von 9 Karten leer. Dies wiederholt sich noch einmal, dann ist das Spiel aus. Also, nach insgesamt 6 Runden.
Punkte macht man ebenfalls in zwei Bereichen – bei den Bürgern (Bürgerpunkte) und den Gebäuden (Baupunkte). Man muss also zwei persönliche Punkteskalen im Blick behalten. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Am Ende zählt nämlich der niedrigere der beiden Marker. Ein gutes Gleichgewicht tut also Not. Und dass ist manchmal gar nicht so einfach.
Die angesprochenen ländlichen Regionen liefern eigentlich ausschließlich Rohstoffe. Durch zusätzlich engagierte Handlanger kann man den einen oder anderen Rohstoffertrag noch mal etwas steigern und schaltet sich so auch die Möglichkeit frei, Brote zu backen. Letztere kann man dann auch nutzen, um weitere Einwohner auf seine Seite zu bringen.
Der städtische Bereich setzt die gewonnenen Rohstoffe dann so um, dass wir an Bürger- oder Baupunkte kommen. Die Baustelle bspw. stellt die Möglichkeit bereit, Steine in Baupunkte zu verwandeln und gleichzeitig noch an ein paar Bürgerpunkte zu kommen (über Brote bspw.). Dabei gibt es für letztere noch ein Nachfragerad, dass diesen Effekt immer weiter abmildert, je öfter die Aktion genutzt wird. Ein schlauer Kniff, fördert es doch das Rennen um diese Felder zu Beginn des Spiels. Dieser Mechanismus findet sich auch auf anderen Feldern. So wird beispielsweise die Kirche immer gieriger, je öfter man Darbringungen in einem bestimmten Bereich vornimmt. Freicht erst noch ein Rohstoff als Spende, so sollen es bald schon zwei Fuhren Getreide sein und dann drei.
Und um dem Spiel noch etwas Würze zu geben, gibt es in jeder Runde noch ein Ereignis, das Teile der Regeln leicht abwandelt. Dabei gibt es gute wie schlechte Ereignisse, die allerdings auch für alle Spieler gleichermaßen gelten.
Weitere Punkte gibt es für die Krönung des eigenen Charakters bzw. Den Aufstieg bezahlen wir mit Siegelringen (Gunst des Königs) und erhalten wiederumBürgerpunkte im Gegenzug.
Hat man 6 Runden alles optimiert, werden am Ende noch ein paar Punkte verteilt für übrige Rohstoffe etc. Dann gewinnt der Spieler, dessen niderigster Punktemarker am weitesten vorne steht.
Was an Crown of Emara gefallen hat
Karte anlegen, laufen, Aktion machen…eigentlich ganz einfach, oder?
Crown of Emara verbindet auf gekonnte Weise viele bekannte Mechanismen, teilweise abgewandelt oder auf das Spiel optimiert. So schafft es ein angenehm komplexes Spielgefühl, ohne jedoch kompliziert zu sein. Da ich bis kurz vor der SPIEL‘18 wenig von dem Spiel gehörte hatte, war ich sehr positiv überrascht. Klar, ist es auch wieder nur ein „seelenloses“ Euro mit austauschbarer Story und Thema. Aber die Mechanismen sind wirklich sehr clever verzahnt und es gibt viele Möglichkeiten an Punkte zu gelangen.
Besonders gut gefällt mir, dass alle Spieler und Spielerinnen am Tisch über die selben Aktionskarten in einer Runde verfügen. Die Reihenfolge variiert zwar bei jedem Einzelnen, aber niemand kann sagen, er hätte dringend diese oder jene Aktion in einer Runde benötigt – er bekommt sie früher oder später alle! Das ermöglicht auch eine gewisse Vorausschau spätestens zu Beginn der zweiten bzw. vierten Runde weiß man ja sehr gut, was einen dann in den letzten drei Karten noch erwartet.
Toll ist auch, wie sehr man von den eigentlich sehr überschaubaren Entscheidungen bei Crown of Emara gefordert wird. Nur drei Karten muss man in drei Slots seines Spielertableaus einfügen, aber man kann sich dabei so viel verbauen.
Sehr clever ist auch die Kombination aus Bürgerpunkten und Baupunkten, die stets dafür sorgt, dass man nicht „die eine“ Strategie anwenden kann. Man muss stets drauf achten, alles in der Waage zu halten, dabei aber nicht zurückzufallen. Erstaunlich ist dabei, wie gut das Spiel ausbalanciert ist. Denn obwohl man ab und an das Gefühl hat, dass dieser oder jener Spieler davonziehen könnte, so sehr wundert man sich, dass man Ende doch recht dicht beieinander steht. Hier haben Autor, Verlag und Redaktion (diese wurde von H@ll Games übernommen) wirklich gute Arbeit geleistet.
Als Aktionsfiguren gibt es je eine männliche und eine weibliche Spielfigur
Grafisch findet man bei Crown of Emara eine interessante Besonderheit. Das Spiel selbst wurde von Dennis Lohhausen wie immer gekonnt und opulent in Szene gesetzt. Da die reichhaltige grafische Gestaltung aber vielleicht sehr ablenkend wirkt, wurde die Rückseite des Spielplans kurzerhand für eine optische Optimierung genutzt. Dort werden die illustrativen Teile schattiert und die grafisch wichtigen Spielelemente hervorgehoben. Eine tolle Idee! Davon wünsche ich mir mehr. So kann jeder frei entscheiden, ob er es schön oder praktisch möchte. Ähnlich wurde es auch bei Spirit Island gemacht. Auch da hat man die Wahl zwischen schön oder praktisch.
Produktionsseitig ist bei Crown of Emara alles im grünen Bereich. Klassische Euro-Produktion mit guten bis sehr guten Holzeteilen und qualitativ hochwertigen Pappstanzteilen. Das Spiel ist blitzsauber produziert und weiß damit auch haptisch zu gefallen. Einzig die Karten hätte ich mir etwas königlicher gewünscht, bspw. mit Leinen-Finish o.ä. – aber da bin ich auch immer pingelig.
Und am Ende des (Spiel)Tages muss man auch vor dem Autor Benjamin Schwer den Hut ziehen. Bisher ist er eher mit leichteren Titeln und Kinderspielen in Erscheinung getreten, scheint aber im Geheimen an diesem komplexeren Spiel gearbeitet zu haben. Die Arbeit an Crown of Emara hat sich gelohnt und er legt mit seinem ersten komplexen Spiel einen wirklich tollen Titel vor, der mir und den anderen Spielern aus meinem Umfeld ausgesprochen gut gefällt. Wir freuen uns auf mehr von ihm in diesem Bereich.
Was an Crown of Emara nicht gefallen hat
Ein Tipp: Spielt es nicht mit Menschen, die zu Entscheidungsparalyse neigen. Denn Crown of Emara erfordert kluge Entscheidungen auf vielen Ebene. Mit welcher Figur laufe ich wie viele Felder und wie setze ich meine Ressourcen für Zusatzaktionen ein?! All das führt bei dem ein oder anderen anscheinend zu einer Gehirnlähmung. Das kann das an sich sehr schnell laufende Spiel dann doch sehr in die Länge ziehen.
Eine Kleinigkeit, die ab und an Zünglein an der Waage und damit Stein des Anstoßes für eine kleine Unwucht sein könnte, sind die Ereigniskarten. Entweder kommen sie zur Unzeit (bspw. bekommt man gerade in der Runde, in der man kräftig bauen möchte weniger Baupunkte) oder zu einem eher glücklichen Zeitpunkt. Dies mag in einem sehr kalkulierbar erscheinenden Spiel etwas komisch wirken. Da sowohl die positiven als auch die negativen Ereignisse aber auch nicht so sehr reinhauen, ist es noch im Rahmen und lockert die ein oder andere Spielsituation auch etwas auf.
Es mag überraschen, aber mir fallen wirklich keine ernsthaft negativen Punkte am Spiel an sich ein, die mich massiv gestört hätten. Sogar eine Spielerhilfe war dabei. Allenfalls notorische Nörgler könnten nun die Nadel im Heuhaufen suchen und auch noch nach Buch-Token aus Holz verlangen. Aber das tut wirklich nicht Not.
Fazit zu Crown of Emara
Man darf ja auch als Blogger noch überrascht werden. Und so ist Crown of Emara für mich die positivste Überraschung im diesjährigen Euro-Spiele-Bereich. Ich habe wenig erwartet und bekam viel. Autor und Redaktion haben bei Crown of Emara ganze Arbeit geleistet und liefern beste Euro-Kost mit opulenter grafischer Gestaltung von Dennis Lohhausen kombiniert mit einem grafischen Kniff für mehr Übersicht. Der Verlag liefert eine nahezu perfekte Produktionsqualität dazu. Die Einfachheit der Aktionswahl über Karten und die beiden Landschaften zu Aktionswahl zusammen mit der geschickten Verbindung der beiden Punktenarten ist einfach nur gut. Jede Partie hat mir Spaß gemacht und ich werde das Spiel definitiv noch oft spielen wollen.
Es gibt zwei Optionen, wenn man ein Spiel benennen will, aber keine richtige Idee hat: Städtenamen oder irgendein Ausruf/Spruch. Die Beispiele für beide Kategorien sind vielfältig und zahlreich (Ulm, Firenze, Brügge… oder Hol’s der Geier, 6 nimmt!, Krasse Kacke…). Carpe Diem von Stefan Feld fällt in die letztere Kategorie, auch wenn dem Spiel ein Städtename genauso gut gestanden hätte. Aber das gab‘s ja schon so oft. Also nun Carpe Diem – Nutze den Tag. Der Spruch findet sich auch auf so manchem Unterarm. Wollen mal sehen, für was wir den Tag so nutzen sollen und wofür wir die Ärmel hochkrempeln sollen…
Wie Carpe Diem gespielt wird
Der Aufbau für vier Spieler
Carpe Diem fällt in die Kategorie Puzzle-Spiele im weitesten Sinne. Das fängt schon beim Aufbau an. Wir puzzlen den Rahmen unseres Spielbereichs aus einigen zufällig gezogenen Rahmenteilen zusammen. Innerhalb dieses Rahmens lassen wir im Spielverlauf nach und nach unser Viertel entstehen. Das soll natürlich besonders prachtvoll (a.k.a. punkteträchtig werden) werden. An den Rändern des Viertels finden sich noch Bonusmarken, die wichtige Vorgaben für das zu puzzlende Viertel geben – zumindest, wenn man am Ende die Bonuspunkte absahnen will. Man sollte sie also im Blick haben.In der Tischmitte wird der eigentliche Spielplan ausgelegt. Auf diesem wählen wir mit unseren Figuren die einzupuzzlenden Teile aus. An insgesamt sieben Punkten liegen je vier Plättchen aus. Mit seiner Spielfigur kann man nun auf eines der zwei gegenüberliegenden Felder ziehen und sich von dort eines der ausliegenden Plättchen wählen. Das wird dann ganz nach eigenem Gusto auf dem eigenen Spielplan abgelegt. Dabei sind natürlich Bauregeln zu beachten, aber alles ganz einfach und logisch – gleiche an gleiche, wenn einen Kante offen ist, nicht über den Rand bauen etc. Die Gebäude oder Felder liefern bei Fertigstellung unterschiedliche Vorteile. Alles rund um die Landwirtschaft liefert Nahrungsmittel im weitesten Sinne. Gebäude liefern Geld, welches als Joker für die Waren fungiert (Händler), der Bäcker liefert Brot, das man bspw. in der Wertungsphase einsetzen kann oder bei der Bewegung auf dem Plan hilft. Verwalter helfen beim Vorrücken auf der sogenannten Banderolen-Leiste (wichtig für die Spielerreihenfolge) und der Handwerker verhilft zu einem zusätzlichen Plättchen. Schlussendlich liefert der Markt noch eine Münze und die Backstube ein Brot. Die Villen liefern auf Basis der Schornsteine, die sie haben Punkte in der Wertungsphase.
Die ersten Plättchen sind gelegt…
Wurden alle 28 Plättchen des zentralen Plans (im Zwei- bzw. Drei-Personen-Spiel wird das letzte bzw. die beiden letzten Plättchen eines Feldes vorab abgeräumt) auf den individuellen Plänen eingebaut, kommt es zu einer Zwischenwertung. Die Wertungskarten wurden bereits zu Beginn am Rande des Spielplans nach einer spielerzahlabhängigen Vorgabe ausgelegt. In Reihenfolge (vorgegeben durch die Platzierung auf der Banderolen-Leiste) platzieren die Spieler nun ihre Wertungsscheiben auf den Schnittpunkten von zwei Karten. Somit „blockiert“ der Spieler zwei Wertungen, die er in dieser Runde zum Punkten nutzt. Kann er eine Vorgabe einer Wertungskarte nicht erfüllen, verliert der Spieler 4 Siegpunkte.
So puzzelt man sich durch sein Viertel, bis (fast) alle Schnittpunkte der Wertungskarten belegt sind und keiner der Spieler mehr Wertungsscheiben hat – einer der Schnittpunkte bleibt jedoch stets frei. Am Ende gewinnt der Spieler, der aus seinem Viertel das prachtvollste gemacht hat und das größte Ansehen – ergo: Punkte – erlangt hat.
So einfach geht das, wenn man es wie die Römer macht, mit dem Bauen des eigenen Viertels.
Was an Carpe Diem gefallen hat
Der Kernmechanismus von Carpe Diem ist sehr einfach. Man bewegt seine Figur nach A oder B und wählt dort ein Plättchen. Liegt nur noch eines dort aus, muss man dieses wählen, liegt keines mehr, darf man – wiederum auf die zwei gegenüberliegenden Felder – weiterziehen. Auch das Einpuzzeln auf dem eigenen Spielplan ist recht einfach und logisch. Alles in allem also recht leicht und eingängig. Sicherlich muss man erst noch mal schauen, was die einzelnen Gebäude dann für Effekte haben oder ob dies oder jenes gerade sinnvoller ist. Aber im Kern ein sehr schön schlanker Mechanismus. Dennoch muss man bei aller Schlankheit stets aufpassen und zumindest einen oder zwei Züge vorausdenken. Denn ob man auf Platz A oder B gegenüber zieht, gibt ja auch vor, wohin ich anschließend weiterziehen darf. Zwar können mir die Mitspieler hier einen Strich durch die Rechnung machen, aber dennoch bei Carpe Diem wie im Kino gilt stets: Augen auf bei der Platzwahl!
Der zentrale Spielplan gegen ende einer Partie mit Wertungsscheiben (rechts)
Das Beste an Carpe Diem ist aus meiner Sicht der Wertungsmechanismus mit der variablen Kartenauslage. Sich mit seiner Wertungsscheibe stets für zwei nebeneinander liegende Wertungen entscheiden zu müssen, verursacht nicht nur Entscheidungsschmerzen, sondern eröffnet auch interessante taktische und interaktive Aspekte. So kann man den anderen Spielern bewusst Wertungen sperren oder sich selbst eine besonders punkteträchtige Wertung sichern, obwohl man die zweite Wertung, die man ja immer mit auslöst, nicht erfüllen kann.
Überhaupt ist die hohe Varianz des Spiels hervorzuheben. Das beginnt schon beim Puzzeln des Rahmens mit den Vorgaben auf dem Rand. Das kann jedesmal anders aussehen und das persönliche Spiel in eine bestimmte Richtung führen. Dazu werden die Puzzleteile variabel ausgelegt und auch die Wertungskarten. Keine Partie gleicht der anderen und der Wiederspielreiz ist durchaus hoch.
Und trotz aller Leichtigkeit sollte man Carpe Diem nicht auf die leichte Schulter nehmen. Man kann sich schon gehörig verbauen. Wenn man nicht auf Zack ist, bekommt man keine Punkte bei der Zwischenwertung. Ganz ohne Punkte rauszugehen wird eher nicht passieren, da die Auswahl am Anfang noch recht groß ist, aber gegen Ende wird es dann schon eng auf dem Plan. Wohl dem der früh und gut geplant hat.
Und zu guter Letzt noch ein Wort zur Interaktion bei Carpe Diem. Die ist nämlich mitunter relativ hoch. Gerade im 2-Personen-Spiel kann man durch das frühzeitige Abräumen interessanter Plättchen – zur Erinnerung: sobald zwei genommen sind, werden die anderen beiden abgelegt! – gehörig taktieren. Da kommt schon relativ viel Bewegung ins Spiel und das macht das Spiel zu zweit sehr eng. Mir gefällt sowas und es fördert die Spannung. Dennoch kann es eben auch frustig werden, wenn man öfter als einmal das heilbringende Plättchen vor der Nase weggeschnappt bekommt. Dann heißt es wieder: Carpe Diem – Nutze den Tag. Dann muss man schnell die Strategie anpassen und auf andere Bereiche setzen.
Was an Carpe Diem nicht gefallen hat
Reden wir mal nicht über das Thema. Ich weiß gar nicht, ob es jemals in der Geschichte der Menschheit wirklich diese ganzen Wettstreits von irgendwelchen griechischen, römischen, mittelalterlichen, ägyptischen oder neuzeitlichen Baumeistern und Städteplanern gegeben hat. Kurzum: Das Thema kommt nur mittelbar durch die Illustrationen auf dem Schachteldeckel rüber. Denn in welcher Welt läuft der römische Baumeister umher und wählt halbe Felder und Gebäude aus?! Thema verfehlt – was bei den Euros irgendwie ja „normal“ und akzeptiert ist. Auch beim Titel hätte ich mir etwas mehr Verve von Seiten des Verlags gewünscht. Denn Sprüche, die in den Katalogen der Tätowierstuben als Standard für Unterarm-Tatoos herhalten, dürften gemeinhin als etwas abgegriffen gelten. Gerne etwas trauen, liebe Redaktionen und Verlage. Wir Brettspieler verkraften sowas.
Kleine Notiz am Rande. Stefan Feld benennt seine Prototypen stets nach dem gleichen Schema – man könnte meinen er wäre Naturwissenschaftler. Sie heißen in der Regel immer „XY-Manager“. Er hat mir im persönlichen Gespräch am Rande der SPIEL‘18 dann erzählt, dass sein Carpe Diem Prototyp „Gebietemanager“ hieß. So viel zum Thema Thema… 😉
Was man auch wissen sollte: Carpe diemist eher taktisch als strategisch. Man muss immer schauen, was gerade im Angebot ist und mit was man am meisten anfangen kann. Zu unberechnbar ist die Auslage und der Gegner, so dass langfristige Strategien häufig nicht aufgehen. Auch die einmalige Wertung am Rundenende hat hohes Frustpotenzial, wenn man sich auf eine einzelne Wertung fokussiert hat. Hier gilt es so zu bauen, dass man immer noch einen Notnagel in petto hat. Nutze den Tag passt also bei aller Abgegriffenheit des Titels recht gut auf die Art und Weise wie das Spiel funktioniert.
Mein Block nimmt langsam Formen an…
Eine weitere Problematik, derer man sich bewusst sien muss, ist das gehörige Take-That-Element des Spiels. Man kann nämlich dem Gegner bewusst schaden, indem man das letzte passende Plättchen aus der Auslage entfernt und er so in der laufenden Runde ggf. Leer ausgeht. Das kann – je nach Spielertypus – schon mal gehörig auf die Nerven gehen und dafür sorgen, dass man etwas abgeschlagen endet. Frust ist dann vorprogrammiert. Sollte man also mit diesem Spiel versuchen Gelegenheitsspielern auf eine neue Ebene zu heben, sollte man noch mal prüfen, ob die Mitspieler das auch aushalten. Manchen können das nämlich nicht.
Carpe Diem hat aber noch ein ganz anderes Problem und das ist ein eher redaktionelles. So werden im Spiel hell- und dunkelgrüne Puzzleteile unterschieden. Das Problem: Der Unterschied zwischen hell- und dunkelgrünem Plättchen ist kaum erkennbar. Das ist einfach nervig und ich verstehe nicht, warum das keiner gemerkt hat. Man hätte die beiden unterschiedlichen Farben auch noch mal mit einem Symbol auf der Rückseite versehen können, da man sie ohnehin vor dem Spiel sortiert. Da hätte ich von einer Redaktion erwartet, dass man das merkt. Zumal Farbenblinde mit diesem geringen Unterschied komplett hilflos sein dürften.
Aber da ist noch mehr: Die gesamte Farbgestaltung ist eines nicht: farbig. Das ganze Material kommt recht düster und verwaschen daher. Die Unterschiede zwischen den Gebäudefarben sind mitunter nur schwer zu erkennen. Alles nicht tragisch, aber ich wundere mich, wie eine so erfahrene Redaktion ein Spiel mit so vielen gestalterischen Mängeln durchwinken kann. Ein paar kleine Kniffe und wenige farbliche Anpassungen hätten das ganze Spiel direkt um einiges verbessern können.
Dazu kommen bei Carpe Diem noch kleinere Probleme wie mit den fummeligen Schriftrollen-Plättchen, die kleiner sind als der Fingernagel meines kleinen Fingers (Anm. d. Red.: Ich habe eher große Finger). Aus meiner Sicht hätte man die gar nicht gebraucht, denn außer einen daran zu erinnern, dass man auf der Schriftrollenleiste einen Schritt vorwärts geht, haben sie eigentlich keine Funktion. Wir haben sie ab dem zweiten Spiel einfach weggelassen. Wer es vergisst ist selbst schuld. Wi sind ja schließlich keine Aufbau-Manager und versuchen das ohnehin immer so schlank wie möglich zu halten.
Und zu guter Letzt noch die Logik der Wertungskarten. Ich hatte ja gesagt, dass Carpe Diem endet, wenn man alle Wertungsscheiben platziert hat, was impliziert, dass die zugehörigen Karten spielerzahlabhängig sind. Dazu hat sich die Redaktion bei alea anscheinend überlegt, ein kleines Meta-Spiel in Form eines Rätsels in den Wertungskarten zu verstecken. Auf der Rückseite der Karten finden sich Symbole, die irgendwie darauf hinweisen sollen, bei welcher Spielerzahl welche Karten zu verwenden sein sollen. Das ist nirgends so richtig erklärt und leider auch nicht selbsterklärend. Die erste Partie war zu viert, da war es egal, aber in den Folgepartien wollte ich es dann schon gern verstehen. Zumal die Auslage auf dem Wertungstableau auch noch mal unterschiedlich ist. Mittlerweile ist der Code geknackt! Ich will nichts spoilern, deswegen, überlegt bitte selbst. 🙂 Aber warum das so kompliziert sein muss, habe ich auch wieder nicht verstanden.
Fazit zu Carpe Diem
Biederes Schachteldesign
Carpe Diem ist eingängig, schnell zu lernen und aus taktischer Sicht durchaus anspruchsvoll. Es fällt damit ganz eindeutig in die Kategorie Kennerspiel wie sie in den letzten Jahren definiert wurde. Es ist eines der Spiele, die Familienspielern zeigen können, dass „schwierigere“ Spiele nicht kompliziert sein müssen. Dabei muss man aber stets bedenken, dass man hier und da mal gehörig zurückstecken können muss, wenn mal wieder das letzte passende Teil aus der Auslage entfernt wird. Und sieht man über die gestalterischen Probleme mal hinweg, die ggf. in einer zweiten Auflage gelöst werden können, dann ist Carpe Diem ein gutes Puzzle- und Plättchenlegespiel, das mir zumindest viel Spaß gemacht hat. Schade, dass die gestalterischen und redaktionellen Mängel den Einstieg so schwer machen, denn Carpe Diem hätte durchaus das Potenzial zum guten bis sehr guten Spiel. Und vielleicht kann man das nächste Mal je ein etwas interessanteres Thema finden…
Vielen Dank an Ravensburger für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
Man hat es schon öfter gehört: Plagiate sind ein komfortabler Weg sich schnell und einfach auf Basis der Arbeit anderer ein Thema anzueignen. In der Politik sind bereits Minister über Plagiatsaffären gestolpert. Nun also auch in der Brettspielszene? Dass man sich von Mechanismen und Ideen anderer Autoren inspirieren lässt ist bei Spielen genauso gängige Praxis wie bei anderen Kulturgütern wie Büchern, Musik, Malerei etc. auch. Aber ein echtes Plagiat, das ist mir bisher bei Brettspielen in dieser Form noch nicht untergekommen.
Fälschungen von Brettspielen sind bereits schon mal aufgetaucht. Spiele, die einfach bestehende Spiele kopiert haben – also quasi Raubkopien. Ich meine, dass bspw. Pandemic Legacy als Raubkopie verkauft wurde und auch andere gefälschte Spiele tauchen immer mal wieder auf. Ein Podcast von Nerd meets You hatte das bereits mal thematisiert. Aber Plagiate, also Spiele, die vorgeben ein eigenständiges Spiel zu sein, im Kern aber nur ein anderes dreist kopieren, das ist mir bisher noch nicht untergekommen. Zumindest nicht in diesem Ausmaß. Das Spiel Crypto Cartel kopiert in weiten Teilen nahezu alle Elemente des Spiels Bohnanza. Die Art und Weise, wie Karten ausgespielt werden (Reihenfolge der Handkarten darf nicht verändert werden), der Tausch mit den Mitspielern und auch die “Ernteregeln” sind quasi identisch mit den Bohnanza-Regeln.
Ich finde das Vorgehen schon sehr dreist. Die Ähnlichkeit zu Bohnanza ist nicht zu leugnen und der “Autor” tut dies auch nicht. Im Gegenteil, er sagt in den Kommentaren, dass Bohnanza auf jeden Fall eine “Inspiration” gewesen sei, er aber noch ein paar Elemente hinzugefügt hätte.
Der Amigo Verlag hat sich soeben in einer ausführlichen Presseerklärung dazu geäußert, die ich einfach gerne wiedergeben möchte, da ich das darin geschriebene nur zu 100% unterstützen kann.
Mittlerweile sieht man auch, dass einige scheinbar bereits ihre Finanzierung des Projektes zurückgezogen haben. Einen guten (grafischen) Überblick über die laufende Finanzierung liefert u.a. Kicktraq.
Dietzenbach, 05. November 2018.
Seit einigen Tagen ist auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter eine Kampagne für das Kartenspiel Crypto Cartel zu finden. Auch wenn der Autor und Kampagnen-Verantwortliche mittlerweile eingeräumt hat, dass er sich von Bohnanza hat „inspirieren“ lassen, zeigt das dort beschriebene Spiel nicht nur eine Verwandtschaft oder Inspiration, sondern 1:1 den Spielmechanismus von Bohnanza.
Wann kann man bei einem Spiel von einer reinen Inspiration und wann von einem Plagiat sprechen? Einen bestehenden Mechanismus aufgreifen, neu interpretieren, abwandeln und weiterentwickeln, das findet man in der Spielebranche immer wieder. Und sofern sich ausreichende Unterschiede zwischen Original und Adaption finden lassen, ist dies kein Grund für einen Autor oder Verlag aktiv zu werden. Wenn jedoch wie im Fall von Crypto Cartel der komplette Spielablauf, inklusive Regeln für Handkarten, Kartenablage und Punkteberechnung (um nur einige zu nennen) ohne signifikante Änderungen übernommen werden, müssen wir als Verlag, der Bohnanza 1997 herausgebracht hat und seitdem vertreibt, unsere Stimme erheben:
Für das Gedankengut von Autoren wie Uwe Rosenberg, der wie viele andere seiner Zunft seit über 20 Jahren Spiele entwickelt.
Für alle kreativen Köpfe, die davon und dafür leben, mit außergewöhnlichen Ideen neue Spielewelten zu erschaffen und die auch bereits existierende Spielmechanismen in ein komplett neues Spiel verwandeln können.
All das ist bei Crypto Cartel nicht zu finden. Es ist keine Abwandlung, kein Neuerschaffen, sondern die komplette Übernahme eines bereits etablierten und erfolgreichen Spiels, das lediglich durch Aktionskarten erweitert wurde. Das ist für uns keine Inspiration, sondern ein Plagiat.
Daher appelliert AMIGO an alle Kampagnen-Unterstützer und Spielefans da draußen, sich einmal selbst zu fragen, ob sie solche dreisten Aneignungen von Ideen anderer wirklich unterstützen oder auch nur dulden wollen. Wir sind der Meinung, dass am Ende Spieleautoren wie Uwe Rosenberg, die jahrelang an ihren Spielen arbeiten und von ihren Ideen leben, den Schaden davon tragen.
Abgesehen davon finden wir es einem Autor und seinem Werk gegenüber im höchsten Grade respektlos, sich ohne vorherige Kontaktaufnahme und Einverständnis, sogar ohne einen öffentlichen Hinweis auf den Ursprungsautor, seiner Ideen zu bedienen.
The Lost Expedition ist ein tolles kooperatives Kartenspiel von Peer Sylvester. Ich habe mich schon mit dem Nachfolger, der in der Welt von Judge Dredd spielen wird, beschäftigt. Die Erweiterung für das tolle kooperative Kartenspiel The Lost Expedition ist kurz vor der Spiel‘18 verfügbar gewesen, also direkt gekauft und reingeschaut.
Was drin ist
Was erwartet man bei einer Erweiterung für ein Kartenspiel? Klar, Karten eben. Das Ganze verpackt in eine wunderschöne kleine Schachtel, die die Karten in einem senffarbenen Pappeinsatz fixiert. Nun denkt ihr, ich spinne, dass ich das hier so aufwändig beschreibe. Tue ich vielleicht, aber es hat mir einfach so gut gefallen diese Schachtel zu öffnen.
Die enthaltenen Karten sind unterschiedliche Module für das Basisspiel, mit denen sich das Spiel maßgeblich anpassen und verändern lässt.
Was sich ändert
Eigentlich gar nicht viel. Die Module werden analog zu den bereits vorhandenen Karten in das Basis-Kartendeck gemischt. Jedes Modul ist aber wirklich unterschiedlich und bringt andere Aspekte ins Spiel.
Neue Freunde
Die neuen Freunde sind Zusatzcharaktere, die die Abenteurergruppe verstärken. Sie funktionieren wie die Forscher selbst, haben Lebenspunkte und können auch sterben. Allerdings muss weiterhin mindestens einer der Forscher das Ziel erreichen. Ein Begleiter alleine reicht nicht. Sie sind vor allem notwendig, wenn man mit der Erweiterung spielt, um die Schwierigkeit etwas zu reduzieren. Ein Einsatz im reinen Basisspiel ist auch möglich, macht es aber meines Erachtens zu einfach.
Eine Quelle
Das namensgebende Modul The Fountain basiert auf einer Legende um Conquistadoren, die sich auf die Suche nach einer Quelle ewiger Jugend gemacht haben. Leider haben sie da wohl nicht verstanden, dass es eher um ewiges Leben ging. 🙂 Und so schleichen die Jungs immer noch durch den Urwald und versuchen ihre Quelle zu schützen. Das Spiel wird durch dieses Modul angeblich deutlich schwerer und es wird empfohlen, einen der neuen Freunde mitzunehmen.
Werbiester
Das zweite Zusatzmodul mit dem Titel The Mark (übersetzt etwa mit Das Kennzeichen) bringt einen ganz neuen Aspekt in das Spiel. Wird einer der Abenteurer gekennzeichnet, dann ist das quasi der Beginn einer Verwandlung. Er wird zu einer Art Werbiest und droht sich jederzeit zu verwandeln. Dazu wird unter seine Charakter die Werebeast Karte geschoben. Bei einer zweiten Karte mit der Eigenschaft Mark verwandelt er sich dann. Ist das schlimm? Na ja, so halb. Denn wir können nun auf die Spezialfähigkeit des Biests zurückgreifen. Anstatt Munition auszugeben, lassen wir einfach unser Werbiest angreifen und geben einen Lebenspunkt ab. Praktisch, aber auch schnell erschöpft. Also gut einteilen unseren Teen Wolf… 🙂
Ein Berg
Das dritte Story-Modul trägt den Titel The Mountain und verändert den Weg hin zum Ziel, indem man über einen Berg laufen muss. Dazu werden die ursprünglichen Wegkarten des Basisspiels durch die aus der Erweiterung ersetzt. Man startet im Basis-Camp und muss nun über verdeckt ausgelegte sogenannte „Slope“-Karten (übersetzt in etwa „Steigungskarten“) mit der Spielfigur laufen. Betritt man eine der Karten, wird sie aufgedeckt und liefert eine zusätzliche Hürde. Denn bevor man nun die eigentlichen Karten erledigt, muss man die auf der jeweiligen Slope-Karte genannte Bedingung abhandeln. Neu dazu kommt die Aktionsmöglichkeit Scout mit der man sich die obersten drei Karten des Nachziehstapels ansehen kann und entscheidet, ob man diese in beliebiger Riehenfolge zurücklegt oder alle drei aus dem Spiel entfernt.
Ich mag modulhafte Erweiterungen, erhöhen sie doch die Varianz und ermöglichen eine schrittweise Hinzunahme neuer Regeln. Und ich habe The Lost Expedition nun schon so oft gespielt, dass ich mich auf die erste Partie mit Erweiterung wirklich sehr freue.
Einen Einblick in das Spiel erhaltet ihr in meinem Video der Reihe „Der Solist“ auf YouTube.
Der geistige Vorgänger von Hero Realms war das kompakte Star Realms
Star Realms war ein kleiner Welterfolg, im wahrsten Sinne des Wortes. Vielen Spielern gefiel die Idee des kompakten 2-Personen-Deckbuilders und die Umsetzung als App ist auch recht gelungen. Nur thematisch wollte das Science Fiction Spiel nicht so recht zünden, zumal es keine Charaktere gab, sondern vorrangig Raumschiffe. Mit Hero Realms gibt es nun einen Nachfolger im Fantasy-Kleid, der nun all die begeistern möchte, die mit Science Fiction nicht warm werden wollten. Stürzen wir uns also in die Schlacht…
Wie Hero Realms gespielt wird
Eine klassische Deckbuilding Mechanik steckt in Hero Relams genauso wie in Star Realms bereits. Man startet beim sog. Deckbuilding mit einem relativ schlechten Satz an Karten und verbessert diesen durch die Hinzunahme von weiteren Karten, die man aus einer Auslage kauft.
Der Spielablauf im Einzelnen besteht also nun darin, dass man fünf Karten auf die Hand nimmt und diese in seinem Zug ausspielt. Diese Karten bringen Gold – zum Kartenkaufen – oder Angriffspunkte – zum Gegnervernichten. Ziel ist es nämlich dem Gegner seine 50 Lebenspunkte abzunehmen und siegreich aus was auch immer hervorzugehen.
Besonders sind noch mal die Gilden hervorzuheben. Diese ermöglichen kraftvolle Sondereffekte. Spiele ich nämlich mehrere Helden einer Gilde, dann haben die folgenden gespielten Karten immer noch einen Zusatzeffekt wie zusätzliches Gold oder zusätzliche Angriffspunkte.
In der Grundversion ist Hero Realms recht symmetrisch und wird durch die separat erhältlichen Charakter-Packs noch mal deutlich aufgehübscht. Jeder dieser Charaktere hat besondere Eigenschaften und besondere Karten, die die Ausgangssituation asymmetrisch ausgestaltet.
Was uns an Hero Realms gefallen hat.
Mechanisch ist Hero Realms blitzsauber. Hier gibt es wenig Geschwurbel und und kaum Unklarheiten.
Im Gegensatz zum Vorgänger gibt es bei Hero Realmsdeutlich mehr Verbundenheit mit Charakteren und Story. Auch wenn dies hier teilweise natürlich recht beliebig ist. Allerdings eröffnen die zusätzlichen Charakter-Packs ganz neue Möglichkeiten. Die zusätzliche Asymmetrie durch unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten tut dem Spiel gut und macht es gerade langfristig noch mal spannender. Insgesamt sechs Charaktere liefern hier eine Menge Varianz, die zum Experimentieren einlädt.
Gut gefällt mir auch die klare und eindeutige Symbolik des Spiels. Ist sie einmal – und das geht recht schnell – gelernt, muss man nie, wirklich nie mehr etwas nachschlagen. Das schaffen nicht alle Spiele so gut
Was uns an Hero Realms nicht gefallen hat
Die Erweiterung „Der Untergang Thandars“ fügt einen Kampagnenmodus hinzu
Die Story am Beginn der Anleitung ist ehrlich gesagt für das Spiel völlig belanglos. Das Spiel greift diese allenfalls in den Flavour-Texten unten auf den Karten ein wenig auf, aber im Kern geht es auch hier wie schon bei Star Realms nur darum dem Gegner 50 Punkte abzunehmen. Aber es ist ja nicht aller Tage Abend, denn auf der Spiel’18 erscheint neben den Boss-Packs auch eine Kampagnenerweiterung mit dem Titel Der Untergang Thandars.
Dazu kommt der physische Kritikpunkt, dass die Schachtel für das Grundspiel eigentlich etwas zu groß ist. Dazu ist sie nicht besonders schlau vorbereitet. Das Inlay ist Quatsch und kann weg bzw. hätte besser geplant werden müssen.
Und die Anleitung! Warum zur Hölle ein Faltblatt? Das verwirrt mich immer maximal. Hier ist der angehende Spieler des Spiels komplett verloren. Wo soll man anfangen zu lesen? Wo geht es weiter? Welche Seite zuerst? Ich finde das einfach unpraktisch. Konnte ich es bei Star Realms aufgrund der Packungsgröße noch verstehen, ist es hier m.E. unnötig. Ein kleines Heftchen mit klarer Struktur hätte dem Spiel gut getan.
Im Kern ist Hero Realmsein Spiel für zwei Personen. Die Varianten für mehr Spieler sind nett/okay, aber man merkt, dass das Spiel für zwei Spieler designt wurde. Aus meiner Sicht hätte man besser daran getan, es auch als solches zu verkaufen. Alle, die das Spiel unbedingt zu viert spielen wollen, werden meiner Meinung nach nicht glücklich werden damit.
Fazit zu Hero Realms
Hero Realms macht vieles, ja, ich möchte fast sagen alles, richtig. Es hat einen schnellen Spielfluss, ist schnell erklärt, hat keine bzw. kaum Downtime und hat ein kompaktes Packmaß. Die Charakterpacks bringen Varianz und Asymmetrie in das Spiel. Die kleinen Mängel wie Schachtel und Anleitungsformat lassen wir einfach mal unter den Tisch fallen und erfreuen uns an einem tollen Micro-Deckbuilder mit Fantasy-Thema. Ich werde es immer wieder gerne spielen.
Etwas Bildmaterial von den Kollegen von Hunter und Cron für alle, die sich auch noch mal optisch ein besseres Bild machen wollen…
Vielen Dank an ADC Blackfire für die Bereitstellung des Rezensionsnexemplars.
Escape Räume, Escape Spiele, eigene Escape Räume in Schulprojekten oder zu Hause. Kaum eine Spielekategorie hat in den letzten Jahren so stark an Fans gewonnen, wie die Escape Spiele. Befeuert wurde das Ganze natürlich durch die grandiose EXIT-Reihe bei Kosmos des Autorenpaares Inka und Markus Brandt. In der Folge gab es eine Vielzahl weiterer Veröffentlichungen und auch das Segment der Krimispiele wurde neu belebt. Entscheidend für den großen Erfolg ist auch, dass Escape Spiele nicht nur von uns Geeks gespielt werden, sondern auch als „Zeitvertreib“ von Nichtspielern eine breite Akzeptanz erfahren. Gerade zu Anlässen wie Silvester oder Geburtstagen spielen sich viele gerne durch ein Escape Spiel.
Nun geht Board&Dice mit The Awakening aus meiner Sicht den nächsten logischen Schritt und verheiratet ein Escape Game mit einem anderen Trend in der Brettspielindustrie – dem Storytelling. Ich hatte bereits bei Ankündigung von den Plänen berichtet, konnte nun aber auch einen ersten Eindruck gewinnen, da Board&Dice mir den finalen Prototyp zugesendet hat.
In The Awakening lenken wir gemeinsam die Geschicke eines Vaters, der mittels eines spirituellen Rituals versucht, seine Tochter aus dem Koma zu erwecken. Dabei dringt er – ich denke soviel darf ich verraten – in eine Art Zwischenwelt ein, bestehend aus Versatzstücken seiner und ihrer Erinnerungen. Das Spannende ist nun weniger, dass man im Verlauf des Spiels Rätsel lösen muss – das ist wohl von vornherein klar gewesen, sondern, wie man zu diesen gelangt.
Wie The Awakening gespielt wird
Anders als bei den existierenden Escape Spielen, bei denen man mehr oder weniger linear alle Rätsel in einer bestimmten Reihenfolge lösen muss, steht man bei The Awakening immer wieder vor Entscheidungen. Und diese Entscheidungen beeinflussen, ob welche Teile des Storybaums man sieht oder nicht bzw. wie es in der Story weitergeht. Dazu kommt, das man sich, ganz im Stile von T.I.M.E. Stories, an den einzelnen Orten auf eigene Faust umsehen muss.
Den Kern für das Vorankommen liefert das Spielbrett, eingeteilt in zwölf Segmente (A-D und 1-3), auf das dann die sogenannten Ortskarten (Location cards) gelegt werden. Dazu gibt es je Szenario eine vorgegebene Zahl an Aktionsmarkern als eine Art Zeiteinheiten (im ersten Szenario bspw. 6 an der Zahl) und eine Mapping Tabelle, die die einzelnen Bereiche des Spielbretts den Abschnitten im Storybuch zuordnet. Die Aktionsmarker werden eingesetzt, um die einzelnen Bereiche des jeweiligen Ortes zu untersuchen. Einen solchen Aktionsmarker platziert man auf dem untersuchten Bereich (bspw. Auf B2) und schaut auf der Mapping Karte, welcher Abschnitt aus dem Storybuch diesem zugeordnet ist und liest. Damit kann man als Gruppe entscheiden, was man sich anschaut und wofür man seine vorhandene Zeit (dargestellt durch die Aktionsmarker) einsetzt.
Der Aufbau zu Beginn des Spiels.
Sind die Aktionsmarker aufgebraucht, muss man eine der Untergangskarten (Doom cards) umdrehen, diese vorlesen und die Anweisungen befolgen. Die einzelnen Untersuchungen fördern dann – was sonst – Rätsel zu Tage, die man lösen muss, um in der Geschichte weiterzukommen.
Die Rätselkarten sind mit Symbolen versehen – kommt mir bekannt vor ;-). Die Symbole wiederum finden sich auch in der zugehörigen App, über die man die Lösungen einträgt. Somit bildet diese web-basierte App ein wichtiges Herzstück. Man erfährt hier, wie viele Karten man für das Rätsel benötigt, um es lösen zu können und kann sich Tipps oder sogar die Lösung anzeigen lassen, wenn alle Tipps nicht helfen. Wichtig ist, dass man ohne diese elektronische Hilfe das Spiel NICHT spielen kann, da ansonsten keine Lösungsmöglichkeiten beiliegen. Wer also diese Art der Unterstützung nicht mag, der sollte besser an der Seitenlinie bleiben.
Wie uns The Awakening gefallen hat
Man konnte es oben schon etwas durchhören, The Awakening hat uns durchaus gut gefallen. Es ist vor allem die Verbindung aus nicht linearem Storytelling und den guten Rätseln, die uns gefallen hat. Über die Qualität und Schwierigkeit der Rätsel möchte ich nicht abschließend urteilen, das überlasse ich dem Krimimaster Stephan, aber im Rahmen meiner bisherigen EXIT und Escape Erfahrungen waren die Rätsel absolut in Ordnung. Das eine oder andere war dabei, das uns etwas einfach vorkam, aber an anderen haben wir schon etwas länger getüftelt.
Das Story Buch führt uns Schritt für Schritt durch das Abenteuer…
Toll finde ich die Idee mit den Aktionsmarkern und dem „Open World“-artigen Konzept. Was wann und wie zuerst angesehen und untersucht wird, obliegt in den meisten Fällen uns. Auch können wir entscheiden, ob wir in dem eigentlich abgeschlossenen Raum noch länger verweilen oder ob man weiterziehen möchte.
Die Story steht bei The Awakening im Mittelpunkt, war für meinen Geschmack aber zunächst etwas abgegriffen. Mädchen im Koma, Vater führt geheimes Ritual durch und ab in die Traumwelt. Das ist mir bisher etwas wenig. Zudem erscheint das zunächst ernst erscheinende Thema des Mädchens im Koma zunächst nur im Hintergrund zu lauern. Aber wer weiß, was da noch kommt. Außerdem ist es ohnehin eine reife Leistung für den kleinen Verlag ein solch komplexes Machwerk zu stemmen. Dazu braucht es schon viel Konzentration und Hingabe. Die wurden aber auf jeden Fall investiert.
Hervorzuheben sind noch mal die Bilder auf den Karten, die die Stimmung meiner Meinung nach sehr gut einfangen und wären die Karten und Schriften etwas größer, dann könnte man sogar bei gedämpftem Licht spielen. Das ist jedoch kontraproduktiv, da die ohnehin düster gestalteten Bilder dann vielleicht nur schwer erkennbar wären.
Und noch etwas macht The Awakening besonders im Vergleich zu anderen Escape Spielen – kein Zeitdruck! Es gibt keine Uhr, die mitläuft, keinen Timer, keine Punkte oder Minuspunkte. Man spielt sich einfach in der gebotenen Geschwindigkeit durch das Szenario. Und wenn man mal kurz das Popcorn aus der Mikrowelle holen muss oder zum Pizza essen unterbricht, dann ist das auch kein Problem. Das hat einen weiteren Vorteil: Man kann den Spielstand speichern. Dazu gibt es am Ende der Regel eine Tabelle, in die man einträgt, welche Karten man hatte und welche Stellen man bereits untersucht hat und kann so das Spiel auch jederzeit vertagen. Bei einer Spieldauer von angegebenen 180 – 360 Minuten auch durchaus ein notwendiges Feature.
Nun bleibt nur noch die Sprachbarriere. Derzeit ist das Spiel nur auf englisch zu bekommen. Wer dessen nicht besonders gut mächtig ist, muss sich aber nicht grämen, sondern darf sich auf 2019 freuen. Der Kosmos Verlag wird dieses Spiel in Deutschland verlegen und steht schon in den Startlöchern. Und wenn sich ein so Escape-Game-erfahrener Verlag wie Kosmos für ein solches Spiel entscheidet, dann ist das schon auch ein Zeichen für Qualität.
Fazit zu The Awakening
Für mich ist die Kombination aus Story und Rätseln die nächste logische Weiterentwicklung der Escape Spiele. Bisher waren die Stories eher eine Art Rahmen für die Rätsel. Durch die Nicht-Linearität wird sie zum Treiber. Und so finden wir mit The Awakeningeine Art analoges Point&Click-Adventure vor, das uns Spaß gemacht hat und bei dem wir uns schon auf die Fortsetzung freuen. Und apropos Fortsetzung: Das System ist – wie auch schon EXIT – unendlich erweiterbar, sogar Lizenzprodukte wären denkbar und gemäß Aussage von Board&Dice wird direkt nach der Messe in Essen mit der Entwicklung des nächsten Teils begonnen.
Board&Dice findet ihr auf der Spiel in Essen in Halle 2 Stand B-106
Vielen Dank an Board&Dice für die Bereitstellung dieses Preview-Exemplars.
Es gibt sie immer, die Spiele, die man gespielt hat, die man mag oder auch nicht, aber über die man noch nicht ausreichend gesprochen hat. In diesem Artikel ziehe ich genau diese ganzen Spiele noch mal aus dem Hut und gebe einen kurzen Überblick über alles, was bisher noch nicht konkret besprochen wurde, aber bereits gespielt wurde. Einige der Spiele habe ich auch schon mit Julia in unserem gemeinsamen Format Frisch vom Tisch besprochen, erfahren aber dennoch noch mal eine kurze und knackige Würdigung in diesem Artikel.
Agra
(Quined Games, 2017)
Was wir bei Agra tun
Agra erscheint zunächst wie ein komplexes Euro-Workerplacement-Spiel, in dem man seine Arbeiter möglichst optimal einsetzen muss, um Rohstoffe zu gewinnen, diese zu veredeln und anschließend – ggf. unter Zuhilfenahme von Vorteilen von Persönlichkeiten – Aufträge zu erfüllen. Das Ganze garniert mit opulenter Ausstattung und toller Grafik wirkt beeindruckend. Die Schachtel ist kiloschwer. Da freut sich der Brettspielgeek – zunächst zumindest.
Wie Agra gefällt
Agra weiß zunächst zu beeindrucken. Tolle und opulente Illustrationen von Michael Menzel entführen die Spieler beim Aufbau des Spiels schon nach Indien und lassen orientalische Welten vor dem Auge des Betrachter entstehen. Dazu eine 3D Treppe auf der die Aufträge abgetragen werden und ganz viel Holz. Alles in allem ein optisches Prachtstück. Man kann nur hoffen, dass einer der Mitspieler über ausreichend Zeit verfügt, sich im Vorfeld durch die krude aufgebaute Anleitung zu arbeiten. Die gibt wirklich Rätsel auf und bedarf einigen Studiums. Hat man das dann verstanden, merkt man während des eigentlich flott spielbaren Spiels, dass es sich im Kern eigentlich nur um ein Warentauschspiel handelt. Aus A wird B und aus B dann C und dann gibt man es ab und erhält Punkte. Dazu kommen aber einige Entscheidungen, die aus gestalterischen Aspekten Sinn machen, aber das Spiel unübersichtlich werden lassen. Dazu zählen die unnötig großen Felder am oberen Spielfeldrand und auch die Pfeile von einer Warengruppe zur nächsten, die man nur schlecht erkennen kann. Alles in allem mehr als verwirrend. Dazu kommen dann noch zahlreiche kleine Elemente, die das Spiel unnötig kompliziert machen. Und so haben wir mit Agra nicht das erhoffte komplexe Euro-Workplacement-Spiel, sondern vielmehr ein kompliziertes Warentauschspiel. Hier hätte ein wenig Reduktion sicherlich Wunder gewirkt. Bereits nach einer Partie habe ich keine Lust mehr auf weitere. Schade um die schöne Optik.
Bunny Kingdom
(Iello, 2017)
Was wir bei Bunny Kingdom tun
Na ja, was Häschen eben so tun. Wir vermehren uns. Das Ganze geschieht über einen klassischen Drafting-Mechanismus, der von niemand geringerem als Richard Garfield (Magic – The gathering, King of Tokyo) ersonnen wurde. Wir wählen also Karten, bauen kleine Hasengebäude und platzieren unsere Hasen-Freunde auf dem Spielplan. Mit Gebietskarten platziere ich Hasen auf dem Plan, mit einer Bauwerkkarte, man kann es erahnen, Bauwerke und die verdeckt gespielten Schriftrollen bringen am Spielende Punkte ein. Bei den Bauwerken gibt es noch mal Sonderkarten, die auch besondere Anforderungen haben (z.B. benötigt die Pilzfarm ein Waldfeld). In der Erntephase wird die Stärke der einzelnen Lehnsgüter berechnet. Ein Lehnsgut ist ein zusammhägendes Gebiet, in dem meine Hasen platziert sind. Es liefert aber nur Erträge, wenn ich mindestens eine Stadt darin platziert habe. Dann rechnet man für jedes Lehnsgut: Stärke (als Summe der Stärke der Gebäude) x Wohlstand (als Anzahl unterschiedlicher Rohstoffe). Nach vier Runde des Draftens und Erntens endet das Spiel und es kommt noch mal zur Wertung der Schriftrollen.
Wie Bunny Kingdom gefällt
Iello macht auch seinem Namen wieder alle Ehre: kreatives Thema, tolle Illustrationen und opulente Ausstattung. Aber auch hier zeigt sich, dass das nicht alles ist, denn uns hat das Spiel so gar nicht abgeholt. Viel zu zufällig erscheinen die Möglichkeiten zur Platzierung der eigenen Hasen und die Möglichkeiten Gebäude zu bauen. Läuft es unglücklich und man erhält von den kartenweitergebenden Spieler kein Gebäude, so guckt man erst mal in die Röhre. Da haben die anderen Spieler vielleicht schon einige Hasen am Start und gründen ertragreiche Lehnsgüter. dazu die teilweise nur schwer planbaren Spielende-Karten. Alles in allem hält der Name Richard Garfield hier – ich möchte fast sagen „erneut“ – nicht mit seinem bisherigen Opus Schritt. Und wie schon andere Drafting-Spiele zuvor von ihm, bspw. das im Vergleich sogar bessere Schatzjäger (Queen Games), war ich auch hier ein wenig enttäuscht. Auch das Material ist zwar schön anzusehen, es wird aber irgendwann auch wirklich unübersichtlich auf dem Plan mit den ganzen Hasen und Gebäuden.
Berge des Wahnsinns
(Iello, 2017)
Was wir bei Berge des Wahnsinns tun
Bei Berge des Wahnsinns steigen wir ganz im Sinne H.P.Lovecrafts auf einen hohen Berg, um dann von dort mit dem Flugzeug zu fliehen. Warum das ausgerechnet von dort oben passieren muss wird nicht klar. Das Ganze geschieht kooperativ und wir müssen gut mit unseren Karten und Kräften haushalten. Dazu kommt, dass wir immer wahnsinniger werden, je weiter wir den Berg hinaufsteigen und diesen vor den anderen Spielern geheim gehaltenem Wahnsinn in der 30-sekündigen Kommunikationsphase auch entsprechend umsetzen müssen (bspw. sich immer melden müssen, bevor man spricht). etwas mehr Informationen zum Ablauf hier in meinem Unboxing zum Spiel.
Wie Berge des Wahnsinns gefällt
Was zunächst nach einer weiteren düsteren Lovercraft-Umsetzung im Brettspiel aussieht, entpuppt sich als kompliziert gestaltetes Partyspiel mit mäßigem Spaßfaktor. Viel zu wenig Raum nimmt der Party-Teil ein, um als solcher durchzugehen und viel zu düster ist die Welt, in der wir uns bewegen im Gegensatz zu dem Spaß, den das Spiel vermitteln soll. Das passt nicht zusammen und daher wirken die beiden Phasen komplett losgelöst voneinander. Das eine scheint nichts mit dem anderen zu tun zu haben und tangiert das restliche Spiel auch nicht. Da kann auch die Ausstattung mit schöner Sanduhr, bemaltem Flugzeug-Modell und dicken Pappkarten leider nichts retten.
Chimera Station
(Game Brewer, 2017)
Was wir bei Chimera Station tun
Die Chimäre ist eine Kreatur, die aus zwei anderen hervorgegangen ist. Und das fasst schon ganz gut zusammen, was wir tun. Mechanisch machen wir mehr oder weniger klassisches Worker-Placement, bei dem sich die Arbeiter aber individuell erweitern lassen. Es gibt unterschiedliche Erweiterungen, die wir an unsere Arbeiter anflaschen können. Ein grünes Teil mit Blättern hilft uns, uns effizienter zu versorgen (weniger Futter in der Ernährungsphase) und ein Tentakel-Element ermöglicht immer etwas mehr einzusammeln. Wer nun denkt, dass die Arbeiter-Eigenschaften auf einem Tableau abgetragen werden, der irrt gewaltig. Hier wird es nämlich cool. Die Arbeiter werden aus einzelnen Bauteilen zusammengesetzt und so individuell erweitert. Durch den Ausbau der Raumstation gibt es im Spielverlauf immer mehr Aktionsmöglichkeiten und das Spiel wird stets komplexer.
Wie Chimera Station gefällt
Klassisches Workerplacement trifft innovativen Lego-Mechanismus. So könnte man Chimera Station wohl am besten beschreiben. Auch, wenn die Illustrationen nicht jedermanns Geschmack sind, so passen sie irgendwie zum kindlichen und verspielten Ansatz von Chimera Station. Richtig schön fand ich sie aber auch nicht. Gut gelungen fand ich jedoch das Spiel, das mir wirklich Spaß gemacht hat. Hat man einmal den Ablauf, die Regeln und die recht klaren Grafiken verinnerlicht läuft das Spiel rund und jeder bastelt sich seinen Traum-Alien zusammen. Allerdings schienen uns einige der zu erwerbenden Sonderkarten deutlich stärker zu sein als andere und so kann es schon mal zu Schieflagen kommen, die das Spiel sehr einseitig verlaufen lassen. Insgesamt aber ein wirklich guter Titel, den sich Vielspieler alleine aufgrund des innovativen Arbeiter-Bau-Prinzips mal anschauen sollten.
Deckscape Das Schicksal von London
(Abacus Spiele, 2018)
Was wir bei Deckscape London tun
London wird bedroht und wir sollen die Bomben entschärfen. Wie schon im ersten Teil dieser kartenbasierten Escape-Spiel-Reihe spielen wir auch hier wieder vier Kartendecks mit Rätseln runter und retten (hoffentlich) die britische Hauptstadt. Die Lösungen der Rätsel stehen dabei einfach auf der Kartenrückseite und hat man falsch geraten, gibt es Minuspunkte, die man sich notiert. Hat man nicht allzuviele angesammelt, gewinnt man als Team und rettet London.
Wie Deckscape London gefällt
Wie schon der Vorgänger ist das Spiel recht linear aufgebaut. Die Rätsel schwanken zwischen viel zu leicht und bockelschwer. Vor allem die leichten haben uns interessanterweise immer wieder vor Probleme gestellt, eben weil wir dachten, dass es soooo leicht ja nicht sein könne. Grundsätzlich waren die Rätsel gut, im Gros aber ein wenig zu gewöhnlich. Hier fehlt mir der eine Überraschungseffekt, den ich bei allen Exit-Spielen bisher hatte. Dennoch hat es uns Spaß gemacht. Dieser Fall gefiel uns auch etwas besser, als der sehr gewöhnliche erste Teil mit dem Professor und dem Test. Aber es gibt ja noch einen Teil in Venedig und ein vierter Teil erscheint zur SPIEL’18. Wird also auch bei dieser Serie nicht langweilig.
Emojito
(HUCH!, 2018)
Was wir bei Emojito tun
Kurz gesagt schneiden wir Fratzen, die uns durch karten vorgegeben werden. Das Ganze kann man kooperativ und kompetitiv spielen. das zum Kinderspiel des Jahres 2018 nomminierte Spiel klingt auch nach Spaß für Erwachsene. Denn wer wollte nicht schon immer vor seinen Kollegen ein Heulgesicht ziehen?! Der aktive Spieler zieht eine Karte, das darauf abgebildete Gesicht muss er nachahmen. Dann zieht er weitere Karten und legt diese dann für alle sichtbar aus. Nun muss er das Gesicht nachahmen und die anderen müssen raten. Liegen sie richtig kriegen alle Punkte. Klingt lustig, aber ist es das auch?!
Wie Emojito gefällt
Emojito ist nicht umsonst ein Kinderspiel. Denn mit denen funktioniert es bestens und ist auch sehr lustig. In reinen Erwachsenenrunden funktioniert es leider nicht immer. Dass sich die Erwachsenen auf die Art und Weise des Spiels einlassen müssen ist eh klar, aber auch dann hält sich der Spaß in Grenzen. In der kooperativen Variante sind wir direkt mit er schweren Variante gestartet, denn die einfachen sind wirklich ein Kinderspiel für Erwachsene. Grundsätzlich kann ich das Spiel für Familien mit Kindern empfehlen.
Fairy Tile
(Iello, 2018)
Was wir bei Fairy Tile tun
Fairy Tile erscheint wie ein Carcassonne mit Story. Zu Beginn liegen ein paar Teile des Königreichs bereits. Diese erweitern wir carcassonnesque durch weitere Teile und versuchen so unsere Geschichtenseiten, die wir auf der Hand halten. Die drei Figuren, die wir dafür über den Spielplan ziehen, haben dabei unterschiedliche Anforderungen an die Wege, die sie gehen wollen. Die Prinzessin zieht immer nur genau ein Feld weit, kann aber auch von Schloss zu Schloss springen. Der Drache fliegt in gerader Linie bis zum nächsten Spielfeldrand und der Ritter bewegt sich immer zwei Felder weit, darf am Ende aber seinen Startort nicht berühren. Hat man entweder ein Teil angelegt oder einen der drei Protagonisten bewegt, prüft man, ob man nur die Aufgabe auf der Hand erfüllt hat.
Wie Fairy Tile gefällt
Fairy Tile hat mich zunächst voll angefixt mit seiner Optik und der Spielidee. Ich fand die Vorstellung nach und nach eine Geschichte zu erzählen und Seiten dazu beizutragen sehr reizvoll. Schlussendlich gab es dann immer wieder Situationen, in denen zwei Spieler Aufgaben erfüllen wollen, die genau diametral zueinander stehen. Das führt dann zu einer Art Patt, wenn nicht einer der beiden versucht die Aufgabe anders zu lösen. Zudem war es wirklich mehr ein Erledigen von Aufgaben und wir kamen irgendwie nicht so richtig in die Story rein. Schade, denn das Material und die Gestaltung machen wirklich Lust auf mehr.
Noria
(Edition Spielwiese / Pegasus, 2017)
Was wir bei Noria tun
Der Verlag schreibt zu Noria: Steuere dein blühendes Handelsimperium in Richtung Reichtum. Entdecke fliegende Inseln, kaufe Schiffe und errichte Fabriken. Investiere in preisträchtige Projekte und sichere ihren Erfolg, indem du geheimes Wissen an Politiker weitergibst.
Das klingt nach spannenden Entscheidungen und viel Thema. Schon die Grafiken von Michael Menzel lassen viel Phantasievolles erwarten. Der Aktionswahl-Mechanismus ist es auch. Er funktioniert wirklich einwandfrei und ist innovativ. Auf einer Art Drehrad in drei Ebenen platziert mit die Aktionen vor sich. Durch Drehung der einzelnen Ebenen wird beeinflusst, was für Aktionen genutzt werden können.
Wie Noria gefällt
Das ist so innovativ, dass man erst mal einen Augenblick braucht, um sich dran zu gewöhnen. Schade, dass der restliche Teil dann so stark abfällt. Denn ansonsten ist es trotz der phantasievollen Gestaltung und Welt doch eher ernüchternde Arbeit und etwas seelenlos. Nie hatte ich das Gefühl ein Handelsimperium zu lenken oder Projekte zu realisieren. Auch die Rohstoff-Veredelung war mir irgendwie nicht eingängig genug. Solche Mechanismen sind entweder Mittel zum Zweck, dann sollten sie einfach sein oder zentraler Spielbestandteil, dann sollte das Spiel entsprechend reduziert daherkommen. So war das Ganze ein komplexes Gebilde mit toller, aber seelenlosem Mechanismus. Schade, denn der Auswahlmechanismus ist wirklich gut. Das alleine hat aber für mich nicht gereicht am Ende.
Outlive
(Pegasus, 2018)
Was wir bei Outlive tun
Dystopische Welten holen mich oftmals als Thema direkt ab. Keine Ahnung warum, aber ich finde die Szenarien häufig faszinierend. So auch bei Outlive. Und im Kern ist Outlive auch ganz einfach. Wir laufen mit unseren Erkundern in der Stadt umher und versuchen „Rohstoffe“ zu finden, mit denen wir unser Überleben sichern und die stärkste Gruppe werden. Die „Rohstoffe“ sind dabei Nahrung (Fleisch, Konserven, Wasser), aber auch Dinge wie Elektronik und Holz. Mit diesen Dingen bauen wir unsere Unterkunft weiter aus und versuchen möglichst viele andere Überlebende anzulocken. Die stärkste Fraktion wird dann am Ende in das rettende Land mitgenommen und darf künftig ein besseres Leben führen.
Wie Outlive gefällt
Wie gesagt, Setting, Artwork und Gestaltung des Spiels waren schnell überzeugend. Auch der einfache Sammelmechanismus in der Stadt war durchaus okay, wenn es mir auch ein wenig „zu simpel“ vorkam für die Art von Spiel, die ich erwartet habe. Schade, denn wäre auch der Rest Spiels diesem eher einfacheren Pfad gefolgt, hätte es vielleicht gut gepasst alles. Aber insgesamt sieben Rohstoffe als Währung, zig unterschiedlichst ausgestaltete Räume, die man in seinem Unterschlupf bauen kann, all das war mir dann am Ende zu viel Micromanagement. dazu kommt, dass man zwischen den Runden auch immer wieder einen immensen Set-Up-Aufwand betrieben muss. Das haben andere Spiele auch, aber hier hat es irgendwie immer wieder in den Spielfluss sehr stark eingegriffen. Das Material ist gut und alles sah gut aus, aber was ich erstaunlich fand war, dass man zig unterschiedliche Kartonstärken verwendet hat. Am Ende reicht es für mich leider nicht, um regelmäßig auf den Tisch zu kommen. Schade.
Krieg der Knöpfe
(ADC Blackfire, 2018)
Was wir bei Krieg der Knöpfe tun
Das Kinder- bzw. Jugendbuch und der dazugehörige Film haben in Frankreich Kultstatus. Auch hierzulande kennen viele den Film und lieben ihn. Bei Krieg der Knöpfe kämpfen wir gegen andere Banden und versuchen uns als erster daran einen geheimen Unterschlupf fertigzustellen. Dazu setzen wir unsere Schergen – in Form großer Holzwürfel – an den unterschiedlichen Orten des Örtchens ein. Diese lösen dann unterschiedliche Aktionen aus und liefern Rohstoffe, Holz für den Hüttenbau, oder andere Vorteile wie Würfelmanipulation. So arbeitet man an seiner Hütte und wer diese zuerst beendet gewinnt.
Wie Krieg der Knöpfe gefällt
Als ich von Krieg der Knöpfe hörte und das Cover sah, war ich hin und weg. Gestaltung und Spielmechanik . Ich liebe Dice Placement Mechanismen – hatten meine Aufmerksamkeit erweckt. Das Artwork des Spiels ist gelinde gesagt fantastisch, auch wenn das Spielbrett etwas zu groß erscheint und etwas viel Leeraum bietet. Das ist aber alleine dem Fakt geschuldet, dass man zu viert eben deutlich mehr Würfel unterbringe muss. Das Spielprinzip ist so einfach und klar, dass es wenig Fragen gibt und der Verdrängungsmechanismus im Wald und an manch anderem Ort war auch interessant. Aber leider konnte das Spiel am Ende nicht wirklich zünden. In der ersten Zweier-Partie war ich streckenweise versucht nicht weiterzuspielen und auch zu dritt und zu viert konnte es mich nicht wesentlich mehr überzeugen, wenn es auch zu viert deutlich am besten gefallen hat – aber eben immer noch nicht gut. Auch hier bleibt mir nur ein “Schade”, denn ich hatte mich wirklich auf solch ein schönes Spiel mit literarischer Vorlage gefreut.
Woodlands
(Ravensburger, 2018)
Was wir bei Woodlands tun
Kurz gesagt, wir puzzeln uns durch unterschiedliche Märchen. Man muss sich das vorstellen wie Level in einem Computer- oder Smartphonespiel. In der Mitte liegen die Vorgaben aus, gedruckt auf eine Folie. Das erste Level spielt in der Welt von Rotkäppchen und dementsprechend muss man Dinge einsammeln und sollte auf den Wegen bleiben. Jedes Level hat eine eigene Zielsetzung und bestimmte Anforderungen. Auf los geht’s los und wir puzzeln mit den Weg und Waldteilen einen möglichst punkteträchtigen Weg. Nachdem der erste fertig ist, dreht er die Sanduhr um und die restlichen Spieler haben nur noch diese Zeit, um zu Ende zu puzzeln. Danach wird die Folie aus der Mitte auf das eigene Spielfeld aufgelegt, um zu sehen, wie viele der Aufgaben man erledigen konnte.
Wie Woodlands gefallen hat
Woodlands macht Spaß. Das fasst es glaube ich ganz gut zusammen. Es fühlt sich wirklich an wie eine analoge Version eines Smartphone-Puzzlespiels.Es ist sicherlich auch nicht umsonst auf der Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres gelandet, denn das um die Wette puzzeln macht wirklich Spaß. Die Späteren Level mit anderen Märchengestalten werden auch noch mal deutlich knackiger und liefern viel Spielspaß mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Ein wenig schade ist natürlich, dass der Spaß endlich ist. Denn hat man sich einmal durchgepuzzelt, dann kennt man die Level und wird es in der Regel nicht noch mal spielen. Aber keine Angst, Nachschub ist in Sicht. Für mich eine kleine Überraschung und eine Empfehlung für Freunde des gepflegten Puzzlespiels.
Damit ist der Jahrgang 2017/2018 für mich komplett abgeschlossen und ich freue mich auf spannende neue Spiele und hoffentlich auch viele innovative Ideen…
Stefan Feld dürfte den meisten Vielspielern ein Begriff sein. Fast jeder, der sich etwas eingehender mit Spielen beschäftigt, wird früher oder später mit Stefan Felds Opus in Verbindung gekommen sein. Und die meisten Spieler werden sein Burgen von Burgund kennen. Aber auch Spiele wie Notre Dame, Trajan, Amerigo oder Das Orakel von Delphi und weitere trgaen den Namen Stefan Feld und sind vielen Spielern ein Begriff – und das nicht nur in Deutschland. Kurzum, Stefan Feld ist einer der bekanntesten Autoren Deutschlands in Vielspielerkreisen.
Ich hatte die Gelegenheit Stefan Feld ein paar Fragen zu stellen. Zu seiner Autorentätigkeit, den Herausforderungen, wenn man nur Teilzeit-Spieleautor ist und natürlich zu seinen kommenden Spielen. Und was Stefan von Partyspielen hält, werdet ihr auch erfahren…
Stefan, auch wenn dich die meisten meiner Leser kennen werden, stell dich doch kurz vor und sag‘ uns, wann und wie du zum Brettspieler geworden bist und was privat so deine Lieblingsspiele sind.
Ich wurde spieltechnisch von meinen älteren Geschwistern sozialisiert. Ich war der Jüngste bei uns und es war das Tollste, dass ich bei den „Großen“ mitspielen durfte.
Auch wenn diese selten auf den Tisch kommen, sind es einige Klassiker, die ich besonders schätze: Tadsch Mahal, Fürsten von Florenz, Raja, El Grande, Torres.
Du hast mit Burgen von Burgund einen modernen Klassiker in deinem Opus, der mittlerweile auch in den USA richtig gut in der Brettspielszene angenommen worden ist. Merkt man eigentlich im Entwicklungsprozess, dass man da „was Großes“ vor sich hat?
Komischerweise nicht. Beispielsweise hatte ich bei Macao das Gefühl, das ist was ganz Besonderes, was einschlagen wird wie ein Blitz. Das war leider nicht so. 😉 Burgund lief bei den Tests ganz gefällig, aber, dass es so ein Erfolg werden würde, das haben wir alle nicht gedacht.
Die Burgen von Burgund ist Stefan Felds bekanntestes Spiel
Wie „fertig“ war denn BuBu (Anm.: liebevolle Abkürzung von Burgen von Burgund, die auf Udo Bartsch zurückgeht) als es an den Verlag gegangen ist? Und vor allem: wie viel eigene Tests hast du schon da reingesteckt, bevor der Verlag das übernimmt?
BuBu hat viele Entwicklungsschritte hinter sich. Insofern war es gar nicht fertig. Ich habe erste Versionen Stefan Brück von alea gezeigt und er hat nicht einmal mit der Wimper gezuckt 😉 Irgendwann kam dann aber der Durchbruch und die erste Version, die alea dann wirklich interessierte, war deutlich komplexer als das heutige Spiel.
Und wie viel Verlagen muss man so eine Idee schicken, bevor sich mal einer dafür entscheidet? Mittlerweile für dich wahrscheinlich einfacher, aber in der Vergangenheit sicherlich doch auch nicht immer…
Bei mir hat es 7 Jahre gedauert, in denen ich von Verlag zu Verlag, von Redakteur zu Redakteur getingelt bin und meine verschiedene Prototypen vorgestellt habe. Mit den ersten Veröffentlichungen bei Queengames (Revolte in Rom) und alea (Um Ru(h)m und Ehre) wurde es danach deutlich einfacher. Und heutzutage bin ich in der glücklichen Lage, dass die Verlage bei mir anfragen, ob ich nicht was für sie hätte.
Du stehst ja immer in dem Verdacht Punktesalat zu produzieren. Ganz entkräften kann man das wohl auch nicht. Wann dürfen wir das erste Stefan Feld Partyspiel erwarten? Oder anders: Was hält dich davon ab mal ein solches zu entwickeln?
Obwohl das die wenigsten Leute vermuten, liebe ich Partyspiele. Selbst eines zu entwickeln, habe ich allerdings noch nie in Angriff genommen. Ich weiß eigentlich auch nicht „Warum?“. Mal sehen, was die Zukunft bringt, etwas Konkretes gibt es jedenfalls nicht.
Hätte aus Sicht von Stefan Feld mehr Aufmerksamkeit verdient – La Isla
Spieleautor bist du nur im Nebenberuf. Im Hauptberuf bist du Direktor eines Gymnasiums. Als Mann einer Lehrerin weiß ich, dass da auch ein Haufen Arbeit neben dem eigentlichen Unterrichten an dir hängenbleibt. Wie und wann kommst du denn da noch zum Spiele entwickeln oder zum Spielen?
Tatsächlich beschränkt sich das Spieleerfinden auf die Ferienzeiten, zumindest die, die nicht ebenfalls mit Schule belegt sind. Aber nach ein paar Jahren Eingewöhnung, habe ich mich nun an diesen „Rhythmus“ gewöhnt.
Zum Spielen komme ich, wenn es die Schultermine zulassen, einmal pro Woche bei den Offenburger Spiele Freunden, einem Brettspielverein, bei dem ich seit über 20 Jahren Mitglied bin. Wobei man sagen muss, dass dort auch viel getestet wird. Zum Spielen von „neuen“ Sachen komme ich leider viel zu wenig.
Du bist ja nun schon eine ganze Zeit Spieleautor. Wie hat sich das Ganze denn seit dem Aufkommen von Crowdfunding verändert aus deiner Sicht? Ist das eine Entwicklung, die du gut findest oder siehst du es eher kritisch?
Da bin neutral eingestellt. Ich glaube zwar, dass eine redaktionelle Arbeit sehr, sehr wichtig für ein Spiel ist, was bei Kickstarter ja häufig wegfällt. Auf der anderen Seite ergeben sich aber tolle Projekte, die sonst vielleicht nie auf den Markt gekommen wären. Insgesamt glaube ich, dass sich Kickstarter immer mehr als Werbeplattform und guter Vertriebsweg etabliert, was dem eigentlichen Sinne des Kickstarterns ja etwas entgegen läuft.
In den letzten Jahren haben sich auch ganz andere Wege der Berichterstattung ergeben. Bis vor kurzem noch sehr klassisch geprägt (i.d.R. gedruckte Magazine oder größere Webseiten), haben sich in den letzten Jahren zunehmend Medien wie Blogs, Podcasts oder auch die Video-Formate etabliert. Wie wichtig und relevant sind denn diese für dich als Autor und, sofern du das einschätzen kannst, für die Verlage?
Wenn ich es schaffe, lese ich die Berichte zu meinen Spielen bzw. schaue die Videos dazu an. Was ich bemerke ist, dass es leider immer mehr Leute gibt, die das nicht so gut können bzw. denen auch das nötige Fachwissen fehlt, um eine fundierte Kritik zu schreiben. Das bedeutet, dass ich mir die Quellen heraussuche, die mir gefallen, die einen tollen Schreibstil, eine tolles Video- oder Blogformat haben, um mich zu informieren. Und dabei spielt es dann auch keine Rolle, ob meine Spiele zerrissen werden, was jetzt keine Aufforderung sein soll 😉
Für die Verlage kann ich natürlich schwer sprechen, aber ich glaube, dass eine frühe Meinungsbildung immer entscheidender für den Verkauf sein kann. Deshalb schätze ich die Bedeutung relativ hoch ein.
Carpe Diem ist eine der drei Herbstneuheiten bei denen Stefan Feld als Autor genannt ist.
Im Zusammenhang mit dem Vortrag von dir über Entwicklung von Brettspielen kam auch noch eine Frage auf, wie Autoren bei den Verkäufen der Lizenzausgaben im Ausland berücksichtigt werden. Läuft das da genauso wie bei einem inländischen Verkauf oder ist das eine gesonderte Schiene?
Das wird im Einzelnen mit den Verlagen verhandelt. Manche Verlage machen einen Unterschied zwischen In- und Ausland, andere nicht.
Und dann wollen wir natürlich alle wissen, was dieses Jahr von dir in Essen auf der Spiel ‘18 erscheinen wird. Gib uns doch mal einen kurzen Überblick…
Carpe Diem – alea
Forum Trajanum – Huch
Merlin – Die Artus-Erweiterung – Queengames
(Anm.: Das war kürzer als gedacht :-D)
Steht für 2019 auch schon etwas fest, das du uns schmackhaft machen möchtest?
Erscheint 2019 bei Frosted Games – Revolution of 1828
Ziemlich sicher ist das Erscheinen von „Revolution of 1828“ ein Zweipersonenspiel bei Frosted Games.
Dann gibt es im Sommer vielleicht eine kleine Überraschung bei alea.
Mit Queen Games gibt es spannende Projekte, bei denen eine Veröffentlichung schwer prognostizierbar ist und mit H@llGames könnte für Essen ´19 etwas auf dem Programm stehen.
Apropos Messe: Welche Sachen schaust du dir selbst denn auf der Spiel in Essen an und wie informierst du dich vorab darüber?
Ich habe mich dieses Jahr noch keine Minute mit Neuheiten auseinander gesetzt und lasse mich dieses Jahr treiben.
Und die letzte Frage, die ich Autoren gerne stelle: Welches deiner Spiele hat aus deiner Sicht etwas wenig Beachtung gefunden und welches Spiel eines anderen Autors findest du besonders gelungen und warum?
Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass La Isla mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Ich würde zwar noch einige kleine Dinge verändern, aber im Großen und Ganzen, war das einer der Protos, welchen wir (freiwillig 🙂 ) rauf und runter gespielt haben. Vielleicht würde es ja in einer anderen Aufmachung funktionieren.
Von Inka und Markus Brand begeistert mich Word Slam und die EXIT-Reihe. Überhaupt ist es unglaublich, was die beiden auf die Beine stellen und dabei sind sie noch so tolle Menschen.
Und erwähnen möchte ich noch den Würfelmechanismus aus Der Pate von Michael Rieneck. Das Spiel konnte mich in seiner Gesamtheit zwar nicht überzeugen, aber der Würfelpart ist aus Spielmechanikersicht absolut genial. Ich hoffe er findet noch einmal irgendwo Einzug.
First Class ist eines der Spiele, das mir besonders gut gefällt. Das hat vor allem mit dem schlanken und guten Gameplay und der hohen Varianz im Spielverlauf zu tun. Auch wenn das Mördermodul bei vielen nicht so gut wegkam, ist das Spiel insgesamt herausragend.
Nun hat Hans im Glück bereits von Anfang an ausreichend Platz im First Class-Schachteleinsatz gelassen, um mehr Module zu liefern und hat sogar in der Vergangenheit ein Print and Play Modul veröffentlicht.
Ein Zauberer steigt zu – Das neue Modul G für First Class
Mit dem neuen Modul G, das es in Essen auf der Spiel‘18 zu kaufen geben wird, kommt nun ein siebtes Modul dazu und hier wird es magisch. Auf dem letzten Halt in Transsilvanien steigt ein Zauberer in den Zug, der sich Gutfried nennt. Was er im Schilde führt ist – eben ganz Magier-like – etwas geheim und mysteriös. Und so wissen wir vor dem Aufnehmen der Karten nicht, was uns erwartet. Das klingt für mich so, als würden die Magier-Karten verdeckt gelegt oder wären nur Platzhalter und man zieht sie aus einem verdeckten Kartenstapel. Das würde zumindest gut zu einem Magier passen („Ziehen Sie irgendeine Karte aus dem Stapel“).
Viel mehr wissen wir noch nicht dazu. Nur noch so viel: „Die Tricks des Magiers werden dich vorwärts bringen, deine Mitspieler werden aber vielleicht etwas verwirrt zurück bleiben.“ Klingt nach einem stärkeren interaktiven Modul mit Ärgerfaktor. Ob man das im Spiel haben möchte, muss man dann selbst entscheiden oder je nach Mitspielern variieren.
Das neue Modul für First Class erhaltet ihr am Stand von Hans im Glück in Essen auf der Spiel‘18 (Halle 3 Stand B-113) oder anschließend im cundco-Shop.
Nippon: Keiretsu ist eine Erweiterung für das Spiel Nippon (What’s Your Game, 2015) und erscheint zur Spiel’18.
In Nippon: Keiretsu, werden 12 neue Fabriken zum Grundspiel hinzugefügt. Sie bieten mehr Möglichkeiten zu investieren und die Spieler können neue Strategien entwickeln, um die japanischen Inseln während der industriellen Revolution auf ihrem Weg zu beeinflussen.
Nippon ist ein Area Majority Game, in dem Spieler sog. Zaibatsu kontrollieren und versuchen, ein Netz der Macht zu entwickeln, indem sie in neue Industrien investieren, ihr technisches Wissen verbessern, Waren in fremde Länder verschicken oder sie nutzen, um lokale Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Einfluss und ihre Macht zu steigern. Das Expertenspiel erschien zur Spiel‘15 bei What‘s Your Game.
Die Mini-Erweiterung erhaltet ihr direkt am Stand von What’s Your Game in Halle 3 Stand M-100.
Mehr Infos zur Erweiterung findet ihr bei Boardgamegeek. Wer das Grundspiel nicht kennt, kann sich dazu auch auf Boardgamegeek informieren.